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Ab= und Anmärsche, Seitenbewegungen und Gefechts-
entwickelungen die Kilometerzahl fast auf das Doppelte.
Der Kampfwert der sächsischen wie aller deutschen
Waffen war auf den fast täglichen Gefechtsfeldern seit
Dinant glänzend erwiesen worden. Die Infanterie und
Kavallerie hatten sich als unbedingt an persönlichem Schneid
und Gediegenheit der kriegerischen Ausbildung den Fran-
zosen überlegen gezeigt, ebenso die Feldartillerie bezüglich
der taktischen Massenverwendung in der Schlacht und der
Ausbildung des Menschen= und Pferdematerials.
Anders stand es bezüglich des Geschützmaterials. Bei
Dinant hatte der Gegner auf Durchführung eines Massen-
artilleriekampfes von vornherein verzichtet. Eine Wertprobe
zwischen dem französischen und dem deutschen Feldgeschütz
war unterblieben. Erst bei den täglichen Nachhutkämpfen
von der Maas bis zur Marne trat die viel größere Lei-
stungsfähigkeit des französischen Materials — Geschütz und
Geschoß — voll in die Erscheinung. Die französische Feld-
artillerie mit 12000m Hoöchsischußweite führte den Kampf
grundsälzlich auf Entfernungen, auf denen das deutsche
Geschütz mit seiner Höchstschußweite von 7500 m und dem
Schrapnellfeuer bis auf Jooom noch nicht wirken konnte.
Erreichte die deutsche Artillerie diese ihr möglichen Kampf-
abstände, dann brach die französische Feldartillerie sehr ge-
schickt den Kampf ab, um ihn alsbald unter den ihr vorteil-
hafteren Bedingungen weiler rückwärts wieder aufzunehmen.
Das wurde deutscherseits sofort erkannt und durch um so
entschiedeneren Angriffsdrang der Infanterie überwunden.
Aber unverhältnismäßig hohe Verluste, die sonst bei der
überlegenen Ausbildung in der Geländeausnutzung zweifel-
los vermieden worden wären, mußten in Kauf genommen
werden. Daß darunter nicht der Schwung der Infanterie
litt, gereicht ihr zu ganz besonderer Ehre.
Für den beschleunigten Vormarsch hatte das Ausladen
und Heranziehen aller Verpflegungskolonnen nicht abgewar-
tet werden können. In der Folgezeit trat in dem armen,
von der deutschen Heereskavallerie bereits voll ausgenutzten
Maas= und Ardennengebiet schon sehr bald Mangel an
Hafer ein. Der schnelle Vormarsch auf den mit Truppen-
massen weithin bedeckten Straßen ließ Brot= und Fleisch-
nachfuhr nicht zu. Die Truppen hielten sich an das zahl-
reiche Weidevieh. Im übrigen behalf sich der anspruchs-
lose sächsische Soldat in nie getrübtem Frohsinn mit dem,
was sich vorfand. Aber die Pferde litten bereits Ende Au-
gust an beängstigendem Kräfteverfall. Es bedurfte der
rücksichtslosesten Energie von Führung und Truppe, um
das Höchstmaß der Leistungen, das die Kriegslage ver-
langte, zu erzwingen. Und doch stand noch Schwereres
den 3 sächsischen Armeekorps unmittelbar bevor.
Das ließ allerdings der 10 Uhr abends eintreffende,
7,45 Uhr abends ausgefertigte Drahtbefehl der Obersten
Heeresleitung noch nicht ermessen. Darnach sollten die erste
und zweite Armee zwischen Oise und Seine vor der Ost-
front von Paris bleiben, der linke Flügel der zweiten Armee
über Vertus-Fere Champenoise auf Möry, die dritte Armee
auf Troyes-Vendeuvres vorgehen, der vierten Armee die
Straße über Vitry-le-Frangois ösilich der Marne gehören.
Dieser Befehl bildete den Vorläufer zu den am §. Sep-
tember erlassenen Anweisungen für die erste bis siebente
Armee, die später im Wortlaut folgen. —
Der Rückblick über den Verlauf der Heeresbewegungen
von der Ai#ne bis zur Marne führt zu der Uberzeugung,
daß die dritte Armece, trotz auftretender Hemmnisse mannig-
facher Art, ihre Bewegungen in der gebotenen Nichtung
und mit Einsatz aller verfügbaren Kraft, um Rahmen des
Ganzen zweckdienlich und siegreich durchgeführt hat. Wie-
viel durchgreifender aber wäre ihr Erfolg geworden, wenn
das XI. Armeekorpo und die 24. Reservedivision und
wenn möglich — auch noch eine Kavalleriedivision der
dritten Armee zur Verfügung gestanden hätten! Eine solche
vor der Front der Armee tätige Heereskavallerie würde dem
Oberkommando nicht nur einen weitgehenden Einblick in die
feindliche Lage erbracht, sondern auch die Möglichkeit ge-
schaffen haben, durch überholendes Vorgehen feindliche Ab-
teilungen ab und zu aufzuhalten. Sicherlich hätte dann
auch das Mehr von 3 Infanteriedivisionen die Stoßbkraft
der dritten Armee derart erhöht, daß sie die französischen
Nachhuten selbst nur im frontalen Nachdrängen schneller
hätte niederwerfen und dadurch den Abzug der feindlichen
Hauptkräfte entscheidender verhindern können.
Der 5. September
Das Oberkommando der dritten Armee ging am §. Sep-
tember nach Chälons. Es schloß aus den auf Bahnhof
Chälons vorgefundenen Papieren, daß der Feind seine
Hauptkräfte rechtzeitig mit der Bahn auf Paris abbefördert
hatte, und nahm deshalb das vor der dritten Armee liegende
Gelände in Richtung auf Troyes im wesentlichen frei vom
Feinde an. In dieser Auffassung wurde das Oberkommando
auch nicht wankend, als am §. September abends die Flieger-
meldung einging, daß am Spätnachmittag südlich der Straße
Fere-Champenoise — Sommesous — Vitry-le-Franco-# an
zahlreichen Orten feindliche Abteilungen aller Waffen be-
obachtet worden seien. Man hielt sie für Nachhuten.
Nechts von der dritten Armee war die zweite Armee
am §. September gut vorwärts gekommen. Bei der ersten
Armee bestand an diesem Tage bereits Gefechtsberührung
mit 3 englischen Divisionen bei Coulommiers und mit dem
Wesiflügel der Franzosen bei Montmirail. Sie schienen
nur frontal zurückgedrückt, keineswegs aus dem Felde ge-
schlagen zu sein. Ihr Rückzug ging scheinbar auf Nogent
an der Seine.
Die erste Armee schlug der Obersten Heeresleitung die
Verfolgung des Gegners bis zur Seine und damit die
Einschließung von Paris vor.
Links von der dritten Armee hatte die vierte Armee
am 5. September unter Nachhutgefechten des VIII. Armee-
korps und VIII. Reservekorps gegen Kolonialtruppen die
Linie Vitry-le-Frangois—St. Mard erreicht.
Noch weiter links war die deutsche fünfte Armee nach
Erstürmung der Maashöhen bei Stenay und Dun in dem
engen Raume zwischen Verdun und den Argonnen nach
Süden eingedreht. Unter täglichem Kampfe auf den we-
nigen Nordsüdstraßen vordringend, beständig von Verdun
her einem Flankenstoß starker Massen ausgesetzt, erreichte
die fünfte Armee die Gegend von Triaucourt. Dork stieß
sie auf 2 feindliche Armeekorps und erbat von der vierten
Armee Unterstützung über Givry. Von der Obersten Heeres-
leitung war am §. September bereits 2,20 Uhr früh an-
geordnet worden: „Die vierte und fünfte Armee haben
durch schleuniges Vorgehen in südöstlicher Richtung der
sechsten und siebenten Armee UÜbergang über die obere Mosel
zu öffnen.“
So stellte sich in großen Zügen die Lage des deutschen
Einfallheeres unmittelbar vor der gewaltigen Entscheidungs-
schlacht südlich der Marne dar.
Mit der Auffassung bei dem Oberkommando der dritten
Armee deckte sich die Anweisung der Obersten Heeres-
leitung an die erste bis siebente Armee vom §. September
1914, welche bei der dritten Armee erst nach Abfassung
des Vormarschbefehlo für den 6. September einging. Dieser
Vormarschbefehl setzte ganz im Sinne der Obersten Heeres-
leitung den Vormarsch nach Süden fest.
Die denkwürdige Weisung der Obersten Heeresleitung
vom §. September besagte:
„Der Gegner hat sich dem umfassend angesetzten Angriff
der ersten und zweiten Armee entzogen und mit Teilen