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Straußeneier, Straußenbraten und -suppe gehören zu den ge—
schätztesten Gegenständen der Tafel bei den Antipoden. Was aber die
Federn betrifft, so sind diese zu einem Haupthandelsartikel jener
Länder geworden und trotz des gesteigerten Angebots immer mehr im
Preise gestiegen, da die Mode sich ihrer gnädig annimmt. Sehr hoch
im Preise stehen die weißen Federn aus den Flügeln, die Schwungfedern,
während die grauen aus dem Schwanz und die schwarzen sehr viel billiger
sind, bis herab zu 2 Pfund Sterling das Pfund Federn. Aber ebenso—
wenig wie bei Blumen und Juwelen, mit denen diese Naturprodukte
rangieren, dürfte eine Entwertung bei ihnen jemals eintreten. Die Zucht
dieses schätzbaren Tiers, dessen Haut übrigens auch die schönsten Hand-
schuhe gibt, und dessen hohle Beinknochen zu Pfeifenrohren verarbeitet
werden, ist also lohnend. Der Strauß wird so zahm, daß er mit den
Schafen auf die Weide läuft. Er scheint sich seiner Verwandtschaft mit
diesem gleichgesinnten Vierfüßler bewußt zu sein, denn er ist gewisser-
maßen das Schaf oder doch das Lama der Vogelwelt.
In der Zucht dieses Vogels dürften also die Buren unsere Lehr-
meister werden.
Die Gegend am Kunene-Fluß an der Nordgrenze eignet sich mehr
für die Anlage von Plantagen als von Farmen.
Zurzeit herrscht hier eine unheimliche Teuerung. Kapstadt muß
uns, statt wir es, versorgen. Nachdem nun aber der Krieg am 31. März
1907 als endgültig geschlossen erklärt worden ist, und die Schutztruppe,
als Gendarmerie forterhalten, dem Lande die erforderliche Sicherheit
gewährleistet, wird ein Teil unsrer Auswanderung zweifellos seinen Weg
nach dem gemäßigten Süden dieses aussichtsvollsten Siedlungsgebietes
unter der deutschen Kaiserkrone nehmen und sich mit dem fördersamen
und verwandten batavischen Elemente verschmelzen lassen.
Aber noch viel Kapital wird nötig sein, um das Land völlig zu
erschließen, das vom Mutterlande der Tochterkolonie als Darlehen zu-
gewandt wird. Nächst dem Bahnbau kommt die systematische Wasser-
erschließung in Betracht. Durch Anlage großer Stauwerke und artesischer
Brunnen hofft man immer weitere Gebiete dieser gewaltigen mit unserm
Blut eroberten Kolonie für eine Kultur zu gewinnen, die dem deutschen
Ansiedler zusagt und der deutschen Nation, wie man zu sagen pflegt, ihren
Platz an der Sonne und eine Wohnung im neuen Hause sichert. Keine andere
Kolonie in unserem Besitz bietet dazu eine gleich günstige Gelegenheit.