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östlicher Richtung davon, alles vor sich überrennend. Weiber, Kinder,
die Männer zu Pferde, zum Teil auf Wagen, Groß- und Kleinvieh,
drängten unaufhaltsam vorwärts, in wildester Flucht und sich steigernder
Hast. Die Straße, die das Volk zog, war vorerst nur allzu schrecklich
gekennzeichnet. Überall lagen Verschmachtete, verlassene Kinder, ver-
lorenes Eigentum, verendetes Vieh, meilenweit. Denn die Furcht vor
der unerbittlichen Vergeltung, die hier geübt wurde, hatte sich des bis
dahin so hochmütigen Hirtenvolkes bemächtigt. Und Generalleutnant
v. Trotha wollte sich nicht vorwerfen lassen, nur halbe Arbeit getan zu
haben. Ohnehin gingen von Waterberg aus vereinzelte Trupps flüchtiger
Feinde, ein Zug Witbois z. B., bis zu Hendrik im fernen Namaland
und verkündeten, daß die Macht der Deutschen durch Samuel Maharero
gebrochen wäre.
Wochenlang nahm die Verfolgung alle Kräfte der Unsern völlig in
Anspruch, die, wie der dankbare Feldherr bestätigte, auch hungernd und
durstend nie versagten. Zahlreiche Scharmützel fanden statt. Am 9. Sep-
tember stieß Major v. Estorff bei Owinaua-Naua auf die im Abzuge
begriffene Werft des Anstifters all dieses Unheils, Mahareros selbst,
und obwohl der dichte Dornbusch den Angriff erschwerte, blieben doch
50 Feinde tot am Platze.
Die einzige Zuflucht des nach allen Richtungen, besonders nach Süden
hin den Durchbruch versuchenden Feindes blieb zuletzt nur noch das Sand-
feld, die Omaheke, d. h. die „Quälende“". Aber selbst hierhin folgten ihm
unerbittlich die Unsern. Sie fanden viele in Hast und Verzweiflung in
den Sand gegrabene Löcher, oft zehn, zwanzig Meter tief, an deren
Grunde vielleicht ein wenig ungenießbares Sickerwasser sich sammelte.
Da hatte der Herero gehofft, sein Vieh noch einmal tränken zu können.
Weiter in der Wüste wächst eine melonenartige Frucht in großen Massen
und dem Kundigen als kleine Wasserreservoire bekannt. Der Sohn
Hendrik Witbois hat später erzählt, daß er sieben Monate lang nur
von dem Naß dieser Früchte seinen Durst gestillt, sogar Kaffee damit ge-
kocht habe. Und daß die Hereros ihr Leben zu fristen verstehen, beweisen
die zahlreichen Versuche kleiner Trupps ihres Volkes, ihren Weg nach
Westen zurückzunehmen, wo sie raubend umherziehen. Meist stoßen sie an
den Wasserstellen auf die Unseren und fliehen, oder sie ergeben sich,
um in den Sammelstellen, wo 16000 Hereros von uns unterhalten werden,
Unterkunft zu erbitten. Sie finden nun beim Garten= und Bahnbau