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§. 4.
Die Gemeinde ist zur Abweisung eines neu Anziehenden nur dann befugt,
wenn sie nachweisen kann, daß derselbe nicht hinreichende Kräfte besitzt, um sich
und seinen nicht arbeitsfähigen Angehörigen den nothdürftigen Lebensunterhalt zu
verschaffen, und wenn er solchen weder aus eigenem Vermögen bestreiten kann,
noch von einem dazu verpflichteten Verwandten erhält. Den Landesgesetzen bleibt
vorbehalten, diese Befugniß der Gemeinden zu beschränken.
Die Besorgniß vor künftiger Verarmung berechtigt den Gemeindevorstand
nicht zur Zurückweisung.
§. 5.
Offenbart sich nach dem Anzuge die Nothwendigkeit einer öffentlichen Unter-
stützung, bevor der neu Anziehende an dem Aufenthaltsorte einen Unterstützungs-
wohnsitz (Heimathsrecht) erworben hat, und weist die Gemeinde nach, daß die
Unterstützung aus anderen Gründen, als wegen einer nur vorübergehenden Arbeits-
unfähigkeit nothwendig geworden ist, so kann die Fortsetzung des Aufenthalts
versagt werden.
§. 6.
Ist in den Fällen, wo die Aufnahme oder die Fortsetzung des Aufenthalts
versagt werden darf, die Pflicht zur Uebernahme der Fürsorge zwischen verschie-
denen Gemeinden eines und desselben Bundesstaates streitig, so erfolgt die Ent-
scheidung nach den Landesgesetzen.
Die thatsächliche Ausweisung aus einem Orte darf niemals erfolgen, bevor
nicht entweder die Annahme-Erklärung der in Anspruch genommenen Gemeinde
oder eine wenigstens einstweilen vollstreckbare Entscheidung über die Fürsorgepflicht
erfolgt ist.
§. 7.
Sind in den in §. 5. bezeichneten Fällen verschiedene Bundesstaaten be-
theiligt, so regelt sich das Verfahren nach dem Vertrage wegen gegenseitiger Ver-
pflichtung zur Uebernahme der Auszuweisenden d. d. Gotha, den 15. Juli 1851.,
sowie nach den späteren, zur Ausführung dieses Vertrages getroffenen Ver-
abredungen.
Bis zur Uebernahme Seitens des verpflichteten Staates ist der Aufenthalts-
staat zur Fürsorge für den Auszuweisenden am Aufenthaltsorte nach den für die
öffentliche Armenpflege in seinem Gebiete gesetzlich bestehenden Grundsätzen ver-
pflichtet. Ein Anspruch auf Ersatz der für diesen Zweck verwendeten Kosten findet
gegen Staats-, Gemeinde- oder andere öffentliche Kassen desjenigen Staates,
welchem der Hülfsbedürftige angehört, sofern nicht anderweitige Verabredungen
bestehen, nur insoweit statt, als die Fürsorge für den Auszuweisenden länger
als drei Monate gedauert hat.
§. 8.