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schließen ist, daß er Spuren der That vernichten oder daß er Zeugen oder Mit=
schuldige zu einer falschen Aussage oder Zeugen dazu verleiten werde, sich der
Zeugnißpflicht zu entziehen. Diese Thatsachen sind aktenkundig zu machen.
Der Verdacht der Flucht bedarf keiner weiteren Begründung:
1. wenn ein Verbrechen den Gegenstand der Untersuchung bildet;
2. wenn der Angeschuldigte ein Heimathloser oder Landstreicher oder nicht
im Stande ist, sich über seine Person auszuweisen;
3. wenn der Angeschuldigte ein Ausländer ist und gegründeter Zweifel
besteht, daß er sich auf Ladung vor Gericht stellen und dem Urtheile
Folge leisten werde.
§. 113.
Ist die That nur mit Haft oder mit Geldstrafe bedroht, so darf die
Untersuchungshaft nur wegen Verdachts der Flucht und nur dann verhängt
werden, wenn der Angeschuldigte zu den im §. 112 Nr. 2 oder 3 bezeichneten
Personen gehört, oder wenn derselbe unter Polizeiaufsicht steht, oder wenn es
sich um eine Uebertretung handelt, wegen deren die Ueberweisung an die Landes=
polizeibehörde erkannt werden kann.
§. 114.
Die Verhaftung erfolgt auf Grund eines schriftlichen Haftbefehls des
Richters.
In dem Haftbefehl ist der Angeschuldigte genau zu bezeichnen und die
ihm ziur Last gelegte strafbare Handlung sowie der Grund der Verhaftung an=
zugeben.
Dem Angeschuldigten ist der Haftbefehl bei der Verhaftung und, wenn
dies nicht thunlich ist, spätestens am Tage nach seiner Einlieferung in das Ge=
fängniß, nach Vorschrift des §. 35 bekannt zu machen und zu eröffnen, daß ihm
das Rechtsmittel der Beschwerde zustehe.
§. 115.
Der Verhaftete muß spätestens am Tage nach seiner Einlieferung in das
Gefängnß durch einen Richter über den Gegenstand der Beschuldigung gehört
werden.
§. 116.
Der Verhaftete soll, soweit möglich, von Anderen gesondert und nicht in
demselben Raume mit Strafgefangenen verwahrt werden. Mit seiner Zustimmung
kann von dieser Vorschrift abgesehen werden.
Dem Verhafteten dürfen nur solche Beschränkungen auferlegt werden,
welche zur Sicherung des Zweckes der Haft oder zur Aufrechthaltung der Ord=
nung im Gefängnisse nothwendig sind.
Bequemlichkeiten und Beschäftigungen, die dem Stande und den Ver=
mögensverhältnissen des Verhafteten entsprechen, darf er sich auf seine Kosten
verschaffen, soweit sie mit dem Zwecke der Haft vereinbar sind und weder die
Ordnung im Gefängnisse stören, noch die Sicherheit gefährden.