Full text: Reichs-Gesetzblatt. 1877. (11)

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Findet der Amtsrichter Bedenken, die Strafe ohne Hauptverhandlung fest= 
zusetzen, so ist die Sache zur Hauptverhandlung zu bringen. Dasselbe gilt, 
wenn der Amtsrichter eine andere als die beantragte Strafe festsetzen will und 
die Staatsanwaltschaft bei ihrem Antrage beharrt. 
§. 449. 
Der Strafbefehl muß außer der Festsetzung der Strafe die strafbare Hand= 
lung, das angewendete Strafgesetz und die Beweismittel bezeichnen, auch die 
Eröffnung enthalten, daß er vollstreckkbar werde, wenn der Beschuldigte nicht 
binnen einer Woche nach der Zustellung bei dem Amtsgerichte schriftlich oder zu 
Protokoll des Gerichtsschreibers Einspruch erhebe. 
Auf den Einspruch kann vor Ablauf der Frist verzichtet werden. 
§. 450. 
Ein Strafbefehl, gegen welchen nicht rechtzeitg Einspruch erhoben worden 
ist, erlangt die Wirkung eines rechtskräftigen Urtheils. 
§. 451. 
Bei rechtzeitigem Einspruche wird zur Hauptverhandlung vor dem Schöffen= 
gerichte geschritten, sofern nicht bis zum Beginn derselben die Staatsanwaltschaft 
die Klage fallen läßt oder der Einspruch zurückgenommen wird. 
Der Angeklagte kann sich in der Hauptverhandlung durch einen mit schrift= 
licher Vollmacht versehenen Vertheidiger vertreten lassen. 
Bei der Urtheilsfällung ist das Schöffengericht an den in dem Strafbefehle 
enthaltenen Ausspruch nicht gebunden. 
§. 452 
Bleibt der Angeklagte ohne genügende Entschuldigung in der Haupt= 
verhandlung aus, und wird er auch nicht durch einen Vertheidiger vertreten, so 
wird der Einspruch ohne Beweisaufnahme durch Urtheil verworfen. 
Ein Angeklagter, welchem gegen den Ablauf der Einspruchsfrist Wieder= 
einsetzung in den vorigen Stand gewährt worden war, kann die letztere nicht 
mehr gegen das Urtheil beanspruchen. 
Zweiter Abschnitt. 
Verfahren nach vorangegangener polizeilicher Strafverfügung. 
§. 453. 
Wo nach den Bestimmungen der Landesgesetze die Polizeibehörden befugt 
sind, eine in den Strafgesetzen angedrohte Strafe durch Verfügung festzusetzen, 
erstreckt sich diese Befugniß nur auf Uebertretungen. 
Auch kann die  Polizeibehörde keine andere Strafe als Haft bis zu vier= 
zehn Tagen oder Geldstrafe und diejenige Haft, welche für den Fall, daß die
	        
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