Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

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Regul. vom 22. Sept. 1873 (GE. 458) 
der Geschäftsgang geregelt. 
II. Heutige Einrichtung der O. 
Die O., welche ihren Sitz in Potsdam hat, be- 
steht aus einem Präsidenten und der erforder- 
lichen Zahl von Direktoren — der eine führt den 
Titel Vizepräsident — und vortragenden Räten 
(Geheimen Oberregierungs= und Geheimen Re- 
gierungsräten, bis zum Erl. vom 15. April 1894 
Geheimen Oberrechnungs= und Oberrechnungs- 
räten). Der Präsident wird auf Vorschlag des 
St M., die übrigen Mitglieder werden auf Vor- 
schlag des Präsidenten unter Gegenzeichnung des 
Ministerpräsidenten vom Könige ernannt. 
stimmte Vorbildung ist nicht vorgeschrieben. Um 
völligste Objektivität zu sichern, dürfen 1. Vater 
und Sohn, Schwiegervater und Schwiegersohn, 
Brüder und Schwäger nicht gleichzeitig der O. 
angehören, 2. die Mitglieder weder Nebenämter 
noch mit Remuneration verbundene Neben- 
beschäftigungen haben, noch endlich (G. vom 
27. März 1872, betr. eine Zusatzbestimmung zum 
Art. 74 VU. usw. — GS. 277) dem Landtage 
angehören, 3. die Mitglieder nur unter den Vor- 
aussetzungen der Disziplinargesetze für die richter- 
lichen Beamten disziplinarisch bestraft oder aus 
ihrem Amte gegen ihren Willen entfernt werden; 
Disziplinargericht ist der große Disziplinarsenat 
des KG. (s. Disziplinargesetze II). Alle 
anderen Beamten ernennt der Präsident, und 
er übt über sie die Disziplin mit den Befugnissen. 
der Minister, während entscheidende Disziplinar- 
behörde für sie das Plenum der O. in der Be- 
setzung mit mindestens sieben Mitgliedern ist 
(G. vom 27. März 1872 §§ 1—06). 
  
  
Be- 
  
  
Oberrechnungskammer 
visionsbeamten (Geheimen Rechnungs- 
revisoren) entworfen und von den Departe- 
mentsräten, welche die unmittelbaren Vorstände 
der Revisionsbureaus sind, geprüft und nach ihrem 
Ermessen materiell wie formell abgeändert; durch 
Vollziehung der Konzepte übernimmt der De- 
partementsrat die Verantwortlichkeit (§§ 7, 8 
des G., §§ 1—39 des Regul.). 
III. Obliegenheiten und Serug 
nisse der O. Der Revision durch die O. 
nunterliegen zuvörderst alle Rechnungen, welche 
die Ausführung des Staatshaushaltsetats und 
der sämtlichen Etats und sonstigen Unterlagen, 
auf denen er beruht, dartun, insbesondere also 
1. die Rechnungen von Staatsbehörden, Staats- 
betriebsanstalten und staatlichen Instituten über 
Einnahmen und Ausgaben von Staatsgeldern; 
2. soweit nicht in einzelnen Fällen statutarische 
oder vertragliche Bestimmungen eine Ausnahme 
begründen, die Rechnungen aller derjenigen nicht 
staatlichen Institute, welche aus staatlichen Mitteln 
unterhalten werden oder vom Staate veränder- 
liche Bedürfniszuschüsse erhalten oder mit Ge- 
währleistung des Staates verwaltet werden, 
sobald und solange diese Garantie verwirklicht 
wird. Ausgenommen sind die Rechnungen über 
die Etatstitel „Zu allgemeinen politischen Zwek- 
ken“ und „Zu geheimen Ausgaben im Interesse 
der Polizei“ (Kap. 44 Tit. 15 und Kap. 95 
Tit. 1). Ferner gelangen zur Revision der O. 
3. die Rechnungen der Staatsbehörden, betriebs- 
anstalten und einstitute über Naturalien, Ma- 
terialien und das gesamte sonstige nicht in Geld 
bestehende Staatseigentum; 4. die Rechnungen 
Die O. ist der lediglich von Staatsbehörden oder von staat- 
kollegialisch eingerichtet; nur bei Stimmengleich= lich angestellten Beamten ohne Konkurrenz der 
heit gibt der Präsident den Ausschlag. 
Doch ist Interessenten verwalteten Institute, 
Anstalten, 
kollegialische Behandlung, und zwar an bestimmten Stiftungen und Fonds, auch wenn sie Staats- 
Sitzungstagen oder in vom Präsidenten anbe- 
raumten außerordentlichen Sitzungen, nur vor- 
geschrieben für Berichte an den König, Fest- 
stellung der Bemerkungen für den Landtag, Auf- 
stellung oder Abänderung allgemeiner Grund- 
sätze und Instruktionen, Gutachten über Anord- 
nungen der obersten Verwaltungsbehörden, über 
Gesetze, Verordnungen oder Erlasse der obersten 
Verwaltungsbehörden, welche das Verfahren der 
  
zuschüsse nicht erhalten. Minder wichtige Rech- 
nungen der unter 1—4 gedachten Art kann die O. 
von ihrer Revision ausschließen und derjenigen. 
der Verwaltungsbehörden überlassen; sie muß 
sie dann aber von Zeit zu Zeit zur Nachprüfung 
der vorschriftsmäßigen Verwaltung einfordern, 
und dem Landtage sind die von der Revision 
der O. ausgeschlossenen Rechnungen zu bezeich- 
neu. Die Revision der O. hat sich nicht nur auf 
O. oder den Geschäftskreis mehrerer Revisions= die Rechnungsjustifikation, sondern auch darauf 
bureaus (s. u.) berühren, Meinungsverschieden- 
heiten zwischen der O. und den obersten Ver- 
waltungsbehörden oder zwischen den Mitgliedern 
der O., Erledigung von Zweifeln über Anwen- 
dung und Auslegung von Gesetzen usw., endlich 
für andere vom Präsidenten oder dem zuständigen 
Direktor oder dem Departementsrat zur kolle- 
gialischen Behandlung verwiesene Sachen. Der 
Präsident leitet und überwacht den ganzen Ge- 
schäftsbetrieb; er darf aber Verfügungsentwürfe 
materiell nicht ohne Zustimmung der betreffenden 
Direktoren und Departementsräte ändern, nur 
das Kollegium ist hierzu befugt. Beschlüsse des 
letzteren kann er mit der Wirkung beanstanden, 
daß eine nochmalige Beschlußfassung stattfindet, 
bei der es bewendet. Die Direktoren haben die 
Leitung der ihnen überwiesenen Abteilungen; 
hinsichtlich der Anderung der Konzepte sind sie 
in derselben Weise wie der Präsident beschränkt. 
Die Repvisionsprotokolle, Verhandlungen usw. 
werden in den Revisionsburcaus von den Re- 
  
  
zu erstrecken, ob bei Erwerb, Benutzung oder Ver- 
äußerung von Staatseigentum und bei Erhebung 
und Verwendung der Staatseinnahmen gesetz- 
und vorschriftsmäßig verfahren ist, insbesondere 
auch, ob bei Abschluß von Verträgen über Liefe- 
rungen usw. vorschriftsmäßig verfahren ist und 
die bedungenen Preise angemessen sind, ob die 
Vorschriften wegen Anstellung Versorgungs- 
berechtigter befolgt sind. Die O. hat endlich auch 
darauf zu achten, ob und wo Abänderungen der be- 
stehenden Vorschriften und Grundsätze nötig 
oder ratsam sind. Zur Erfüllung dieser Auf- 
gaben steht der O. bzw. ihrem Präsidenten das 
Recht zu, 1. von den Behörden jede erforderliche 
Auskunft sowie die Einsendung der bezüglichen 
Bücher und Schriftstückc, auch — außer gegen- 
über Zentralbehörden — von Akten zu erfordern; 
2. durch Kommissarien Erinnerungen und Be- 
denken an Ort und Stelle erörtern und Infor- 
mationen einziehen zu lassen; 3. außerordent- 
liche Kassen= und Magazinrevisionen zu veran-
	        
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