Full text: Die Bundesexekution nach der Reichsverfassung.

— 27 — 
wenn er unter Mißbrauch seiner Regierungsgewalt die kompetenz- 
mäßige Wirksamkeit des Reiches hemmt oder sich in Unternehmungen 
einläßt, welche einen Angriff auf den Bestand oder die Verfassung des 
Reiches selbst oder seiner Mitglieder darstellen. Die Verantwortlichkeit 
für die Exekution kann ferner das Ministerium eines Staates treffen 
wegen selbständiger Verletzung der Reichsgesetze. In diesem Falle 
würden die Landesvertretungen die betreffenden Ministerien zur Ver- 
antwortlichheit zu ziehen die Berechtigung haben; „denn die Bundes- 
gewalt hat Rheine anderen Mittel gegen bundesgesetzwidrig handelnde 
Landesminister, als diplomatische Abmahnung und, wenn diese wirkungs- 
los bleibt, auf Grund eines Bundesratsbeschlusses die Exehution; diese 
führt aber für das betroffene Land stets große Nachteile mit sich, und 
der Landesvertretung müssen Wege offen tehen. ihr zeitig vorzubeugen 
durch Anklage pflichtvergessener Minister.“) Die Verantwortlichkeit 
für eine Verletzung der Bundespflicht kann endlich eine legislative 
Körperschaft treffen. Verweigert sie den Gehorsam gegen ein Reichs- 
gesetz, — was in verschiedener Weise geschehen Rann, 3. B. durch Ver- 
sagung ihrer Mitwirhung zu einer Reichssteuer oder zu einem durch 
ein Reichsgesetz den Einzelstaaten übertragenen Ausführungsgesetze oder 
durch Anklage eines dem Reichsgesetze gehorchenden Ministers — so 
ist es wieder Recht und Pflicht der Landesregierung, einem solchen 
Gebahren mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln entgegenzutreten, 
also durch Auflösung der Versammlung, durch provisorische Gesetze usw. 
Mohl 2) meint, über das Recht der Regierung, einem auf Einleitung 
der Ministeranklage gerichteten Beschlusse der Landesvertretung, die 
sich einem Reichsgesetze widersetzt, welchem der Minister Gehorsam 
leistet, die Vollziehung zu versagen, könne nicht der mindeste Zweifel 
bestehen, da es eine offenbare Verhöhnung der Autorität des Reiches 
wäre, jemand deshalb zur Strafe zu ziehen, weil er einem Reichs- 
gesetze gehorcht. Es darf nicht auf eine Abweisung der Klage durch 
das Gericht oder eine Freisprechung gezählt oder gar eine Begnadigung 
in Aussicht genommen werden. Schon die Zulassung einer Verhand- 
lung hierüber würde eine nicht zu duldende Verletzung des Reiches 
sein. Von Justizverweigerung, Kabinetsjustiz u. dgl. zu reden, wäre 
Widersinn. Die Landesgerichte, auch die Staatsgerichtshöfe sind nicht 
dazu da, um den Gehorsam gegen die über ihnen und der sie schaffen- 
den besonderen Staatsgewalt stehende Gesetzgebung des Reiches zu 
hindern und zu bestrafen. Sofern aber diese Mittel nicht zum Ziele 
führen, oder nicht zur Anwendung gebracht werden sollten, oder wenn 
die betreffende Landesregierung selbst den Gehorsam verweigern sollte, 
so tritt der Fall ein, daß die Reichsgewalt nach der Bestimmung des 
Art. 19 Recht und pflicht hat, mit Zwangsmitteln vorzugehen. Eine 
Berufung auf landesgesetzliche Bestimmungen gegenüber den Gesetzen 
  
  
1) Thudichum S. 99. 
*?) Mohl S. 159. 
27
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.