Full text: Die Bundesexekution nach der Reichsverfassung.

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Spruch erfolge, nur auf dem Wege der authentischen Gesetzesauslegung 
eine Erledigung denkbar. Je nach der Natur des Streitgegenstandes 
würde diese in der Form des einfachen oder des Verfassungsände- 
rungsgesetzes vor sich gehen müssen, bezüglich streitiger Sonderrechte 
aber anders als durch Schiedsspruch überhaupt nicht bewirkht werden 
önnen. 
Nach der Seydel'schen Theorie würde sich als praktische Folge 
ergeben, daß es im Belieben des beteiligten Einzelstaates stünde, die 
Nichterfüllung der Bundespflichten stets durch sein Vorbringen als 
Streit „um das Recht“ zu qualifizieren und damit, falls nicht Ver- 
einbarung auf schiedsrichterlichem Wege erfolge, eine Beschlußfassung 
des Bundesrates illusorisch zu machen. 
Die Ansicht Seydels, daß, soweit Rechtsfragen in Betracht kommen, 
die Formen der authentischen Gesetzesauslegung gewahrt werden müssen, 
ist unhaltbar. Seydel verkennt, daß die vom Bundesrate zu fällende 
Entscheidung den Tharakter eines Richterspruches, nicht den der Gesetz- 
gebung trägt und übersieht außerdem, daß der Bundesrat allein für 
sich nicht berechtigt ist, authentische Interpretationen von Reichsgesetzen 
zu erlassen. Eine authentische Gesetesauslegung, fällt vielmehr in den 
Rahmen der Befugnisse des Reichsgesetzgebers d. h. des Bundesrates 
und des Reichstags zusammen.) 
Es ist unerfindlich, weshalb dem Bundesrate das Recht abge- 
sprochen werden sollte, seiner Entscheidung, einem formellen Bundes- 
ratsbeschlusse, den Charakter eines Richterspruches beizulegen. Die 
Befugnis hiezu geht aus dem Wortlaute der Reichsverfassung hervor, 
die hinsichtlich der Beschlußfassung des Bundesrates keine Schranke 
dahin zieht, daß der Entscheidung des Bundesrates Rechtsfragen vor- 
enthalten sein sollten. 
Der Bundesrat hat hienach nicht nur darüber zu befinden, was 
eine verfassungsmäßige Bundespflicht sei, sondern auch, ob eine Ver- 
letzung derselben vorliege. 
§ 8. 
Der Haiser als mitwirkendes Organ. 
Die Tätigkheit, welche dem Kaiser im Verlaufe eines Exekutions- 
verfahrens zuhommt, läßt sich nach dem Zeitpunkte ihres Eintrittes 
scheiden in eine solche, welche dem Exekutionsbeschlusse vorausgeht und 
in eine solche, welche auf den Exehutionsbeschluß folgt. Die kaiser= 
liche Tätigkeit vor dem Beschlusse besteht in einer Beschaffung der für 
einen Exekutionsbeschluß erforderlichen Voraussetzungen im weiteren 
Sinne, d. h. in einem Auffinden von Pflichtverletzungen gegenüber der 
Reichsverfassung. 
1) Meyer Ö. 678. 
Gleiche Ansicht Hänel, Band 1 S. 448.
	        
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