Full text: Die Bundesexekution nach der Reichsverfassung.

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mehr müßte das der Fall sein bei einer dauernden militärischen Be- 
setzung, bei welcher die Belastung Selbstzwech ist! 
Druck erzeugt Gegendruck. Dieser würde sich aber ohne Zweifel 
auf die Dauer nicht sowohl gegen die Besatzungsmannschaften, als 
vielmehr gegen die landesrechtlichen Organe selbst richten. Es ist 
nicht zu bezweifeln, daß gerade auf diesem Wege, wenn der einzelne 
Untertan ohnmächtig gegen den Bedrücher sich an die landesgesetzlichen 
Organe hält und von ihnen durch Herstellung des verfassungsmäßigen 
Zustandes eine Beseitigung der Belastung verlangt, eine Erreichung 
des Exehutionszweches unausbleiblich sein wird. 
Abgesehen von den pekuniären Opfern darf auch die moralische Wir- 
kung der zwangsweise erfolgten Besetzung nicht gering geschätzt werden. 
B. 
Die zweite Exehutionsart sucht ohne Vermittlung der landes- 
rechtlichen Organe den der Verfassung entsprechenden Zustand von 
Reichswegen herzustellen. Ihre Durchführung hat zur notwendigen 
Voraussetzung, daß die Reichsbehörden die Stelle der landesgesetzlichen 
Organe einnehmen. Damit geht aber eine Entsetzung der landes- 
rechtlichen Organe von ihren bisherigen Funktionen Hand in Hand. 
Mit dem Augenbliche, wo der Kaiser als Vollzugsorgan des Reiches 
die Regierungsgewalt des betreffenden Gliedstaates in die Hand nimmt, 
hören die landesrechtlichen Organe auf zu funktionieren. Es ist selbst- 
verständlich, daß der Kaiser, dem die Verfassung die Bestimmung der 
Exekutionsart überträgt, nachdem er die Sequestration als Exekutions-= 
mittel gewählt hat, die Regierungsgewalt auch nur teilweise er- 
greifen kamm. Es würde dann allerdings ein Weiterfunktionieren 
einzelner landesrechtlicher Organe die kaiserliche Genehmigung zur 
Voraussetzung haben müssen. Der einfachste und wohl auch am leich- 
testen eintretende Fall dieser Art dürfte der durch den Reichsexekutor 
herbeigeführte Wechsel des Landesministeriums sein. Es ist zwar 
anzunehmen, daß der Kaiser in dieser seiner Eigenschaft als Exekutions- 
organ in erster Linie das Staatsoberhaupt veranlassen wird, kraft 
seiner Macht und Regierungsbefugnisse ein reichsfeindliches Ministerium 
zu stürzen und eine Neubesetzung des Kabinetts herbeizuführen. Bei 
einer Unfähigkeit des Staatsoberhauptes hiezu würde dem Haiser 
Recht und Pflicht erwachsen, aus eigener Machtvollkommenheit die 
Neubildung des Ministeriums vorzunehmen. 
Wemnn der einzelne Landesherr auch unverantwortlich im Hinne 
des Strafrechtes schlechthin und im Verhältnisse zu den inneren Or- 
ganen des Einzelstaates bleibt, so ist er es doch nicht im Verhältnis 
zur Zwangsgewalt des Reiches; denn eine Nichterfüllung verfassungs- 
mäßiger Bundespflichten kann auch durch solche Unterlassungen oder 
Handlungen verwirklicht werden, welche von dem obersten Organe des 
Einzelstaates nach dessen Verfassung in höchst persönlichen, wenn auch 
unter der Verantwortlichheit der Minister stehenden Entschließungen
	        
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