Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XXVII. Das Staatsrecht der Freien Hansestädte Bremen und Lübeck. (27)

108 Die Organisation des Staates. 8 40 
  
Wohnsitz haben müssen 1). Gemeindebehörde mit örtlich begrenztem Wirkungskreis 
ist auch die durch das Eingemeindungsgesetz vom 13. November 1912 F 3 neu geschaf- 
fene Behörde für Travemünde. 
II. Eine völlige Trennung der Organisation von Stadt und Staat würde eine 
sachliche Trennung vor allem des Vermögens und der Finanzverwaltung zur Voraus- 
setzung haben, an der es in allen 3 Hansestädten fehlt. Wohl sind einzelne Vermögens- 
gegenstände als solche der Stadt von dem Staatsvermögen unterschieden; aber die 
Trennung ist nicht durchgeführt. Zwischen Stadt und Staat besteht eine weit- 
gehende Gütergemeinschaft. Sie haben einen Haushalt — ein ge- 
meinsames Budget; — die städtischen Einnahmen fließen in die Staatskasse (in Lübeck 
sog. „Stadtkasse“), aus der auch die Ausgaben für städtische Zwecke bestritten werden 
(so ausdrücklich Brem. Verf. § 82) 2). In Lübeck hatte bis vor wenigen Jahren die 
Stadt — wenigstens teilweise — eine eigene Finanzverwaltung: neben dem Staats- 
budget wurde jährlich ein selbständiger „Voranschlag der Verwaltungsbehörde für 
städtische Gemeindeanstalten“ aufgestellt; diese Behörde verwaltete grundsätzlich 
das Gemeindevermögen, das Finanzdepartement das Staatsvermögen; sie hatte 
ihre eigene Kasse neben der Stadtkasse. Doch ist diese Trennung 1910/11 wieder 
beseitigt ) (unten & 62 I). Ueber Gemeindesteuern in Bremen und Lübeck unten 
III und §* 63 II. 
Eine weitergehende Trennung von Stadt und Staat ist in Bremen 
wie in Lübeck häufig erwogen 4); die bremische Verfassung sieht sie sogar als bevor- 
  
  
1) Die Behörde entwickelte sich aus dem früheren Departement der Brandassekuranzkasse 
(Bek. v. 22. Juli 1874); über ihre heutige Zusammensetzung Bek. v. 3. Febr. 1908 (S. 34). Das 
Lüb. Staatshandbuch führt ferner als Lüb. Gemeindebehörden auf die Behörde für das Feuer- 
löschwesen und die Friedhofsbehörde. Vgll. auch Brückner, Lüb. StzR., S. 64 f. 
2) Da nur einzelne Vermögensstücke als solche der Stadt besonders anerkannt sind, erhebt 
sich die allerdings wohl nur im Falle einer weitergehenden Trennung praktische Frage, welche 
Gegenstände dem Staat und welche der Stadt gehören. Für Lübeck wird die Ansicht vertreten, 
daß alles vor 1848 Vorhandene der Stadtgemeinde Lübeck allein gehöre, da ein Akt der Ueber- 
tragung auf den Staat nicht vorgenommen sei und die Verfassungsgesetzgebung nur eine Ver- 
änderung der früheren Organisation bezweckt habe: So Bruhns in Lüb. Bl. 1874, S. 1 f.; 
Klügmann, Lüb. St., S. 61; Dekret des Senats an den Bürgerausschuß in Verh. 1876, 
D. N. 1; auch schreibt z. B. das Lüb. Fischerei-Ges. v. 1896 das Fischereiregal in der Trave „der 
Stadt Lübeck“ zu. Jener erste Grund kann keinesfalls durchschlagen. Wenn die Stadt sich zum 
Staat entwickelte, wurde dieser ohne weiteres ihr Rechtsnachfolger und es bedurfte keiner Ueber- 
tragung. Die Brem. Verf. 7 80 f. geht auch davon aus, daß das früher städtische Vermögen 
auf den Staat übergegangen sei und daß bei einer Trennung der Stadt die ihr „als solcher zu- 
stehenden Güter“ zu überweisen seien. Die gleiche Anschauung gilt in Hamburg (z. B. Wulff, 
Hamb. Ges., S. 35, Anm. 18). Immerhin liegen die Verhältnisse für Lübeck nach der Entwick- 
lung der Verfassung (oben S. 12) besonders. Bei einer wirklichen Auseinandersetzung von 
Stadt und Staat wäre wohl nur eine Teilung des Vermögens nach Zwecken und Aufgaben mög- 
lich, wie sie grundsätzlich auch bei Einverleibung Frankfurts in Preußen erfolgte. So auch A. 
Gröning, Zur Reform des Brem. Finanzwesens (1867). 
3) Ueber die früheren Verhältnisse: Fehling, Lüb. Staatshaushalt, S. 2 f., 125 f.; 
Brückner, Lüb. StR., S. 65 f. Für eine Vereinigung beider Budgets trat schon der Bericht 
der gemeinsamen Kommission, Verh. 1894, D. N. 13, S. 5 f. ein. Ferner über die Aenderung: 
Lüb. Verh. 1911, D. N. 9. 
4) So für Bremen vor allem die Protokolle der Verf.-Deput. v. 1848, Bd. 1, S. 172 f.; 
II, S. 214 f.; ferner nachdem die Gründung des Norddeutschen Bundes die Frage neu in An- 
regung gebracht hatte: Verh. 1869, S. 20 f.; 1870, S. 60, 89; ein späterer Antrag der Bürger- 
schaft, Verh. 1879, S. 255 wurde nicht weiter verfolgt; neuerdings Verh. 1909, S. 561 f. Ferner 
ebenfalls unter dem Eindruck der Aenderung der deutschen Verhältnisse:i A. Gröning, Zur 
Reform des Brem. Finanzwesens, 1867, S. 5f. — Für Lübeck: Bericht der Verf.-Rev.-K. 
in Verh. 1874, D. N. 3, S. 5; Th. Bruhns, Stadt und Staat Lübeck in Lüb. Bl. 1874, S. 1 f.
	        
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