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tung gelangen nach Beseitigung der usurpatorischen Herrschaft; in
diesem Falle wird, wenn der neu= (resp. wieder-) eintretende Sou-
verain kein juristisches Hinderniß in den Weg legt, auch eine ge-
richtliche Entscheidung möglich sein 22). "
§ 3. Plan der Darstellung.
Unsere Untersuchung zerlegt sich, gemäß den beiden Beziehungen
der Staatsgewalt zu den Staatsgenossen und zu anderen Staaten,
in zwei Haupttheile (Capitel), einen staatsrechtlichen und einen völ-
kerrechtlichen. Der staatsrechtliche steht voran, weil die Frage nach
der Legitimität eines Staates und eines Staatsherrschers zunächst
kraft der in diesem Staate geltenden Rechtsgrundsätze zu entscheiden,
die staatsrechtliche Legitimität daher in der Regel für die völker-
rechtliche präjudiciell ist. Namhafte Staatsrechtlehrer fügen aller-
dings noch ein drittes „Verhältniß der Legitimität“ hinzu, nämlich
das privatrechtliche oder privatfürstenrechtliche; sie verstehen darunter
das Verhältniß des Usurpators zum früheren Herrscher, insbeson-
dere zu einer vertriebenen Herrscherdynastie 23). Aber dieses Ver-
hältniß fällt ebensowohl wie dasjenige zum Volke und zum Staate
selbst in den Bereich des Staatsrechts; ein Recht auf die Staats-
gewalt ist immer staatsrechtlicher Natur, und das sogenannte Pri-
vatfürstenrecht, so weit es dieses (subjective) Recht zum Gegenstande
hat, ist nur ein Theil des Staatsrechts 2). Das Staatsrecht hat
aber für die Legitimität in Beziehung zu dem bisherigen Herrscher
und in Beziehung zu den übrigen Gliedern des Staates keine ver-
schiedenen Normen, und selbst wenn eine solche, dem einheitlichen
Wesen des Staates völlig widersprechende, Verschiedenheit bestände,
so würden logisch daraus nur Unterabtheilungen für die staatsrecht-
liche Betrachtung im Gegensatz zur völkerrechtlichen entstehen.
22) So z. B. würden die Gerichte in Theilen des ehemaligen Königreichs
Westphalen, wenn sie Rechtsverhältnisse, welche mit diesem kurzlebigen Staats-
wesen in Zusammenhang stehen, zu prüfen haben, auch über die Legitimität des-
selben und des Königs Jérome sich aussprechen müssen.
23) H. A. Zachariä, 1, S. 21, III; Zöpfl, Deutsches Staatsrecht, 1, 9 202,
V u. N. 3.
24) Vgl. die treffliche „Anmerkung über die Stellung des Privatfürstenrechts
zum Staatsrechte“ von Schulze, System des Deutschen Staatsrechts, 1, S.
33—34.