Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

Anhang. Anlage Nr. 8. 227 
Bestimmung vorgesehen, nach welcher die Provinzialbehörden befugt 
sein sollten, den zu einer Kriminalstrafe verurteilten Personen aus be- 
sonderen polizeilichen Gründen die Niederlassung in einer oder mehreren 
bestimmt zu bezeichnenden Ortschaften zu versagen. Dabei hatte man 
nach den Motiven vornehmlich das Bedürfnis vor Augen, das Zusammen- 
häufen bestrafter Verbrecher an einzelnen Orten, namentlich in der 
Nähe von Strafanstalten, verhindern zu können. Dieser Gesetzentwurf 
stieß in dem Provinziallandtage von Westfalen auf den entschiedensten 
prinzipiellen Widerspruch zugunsten eines Anspruches der Gemeinden, 
bescholtene, namentlich bestrafte Personen abweisen zu dürfen. In 
anderen Provinziallandtagen wurden mehrfach Vorschläge zum Zweck 
eines weitergehenden Schutzes der Gemeinden gegen den Zuzug be- 
strafter Personen gemacht. Gleichwohl blieb das Staatsministerium 
in seiner Majorität bei dem ursprünglichen Entwurf, so daß der § 4 
des demnächst der Beratung des Staatsrates unterbreiteten Entwurfs 
lautete: 
„Sonst aber (nämlich abgesehen von den im § 3 erwähnten durch 
Urteil und Recht oder durch obrigkeitliche Verfügung aus einem 
bestimmten Orte Verbannten) kann demjenigen, welcher zu einer 
Kriminalstrafe verurteilt worden, nach Abbüßung oder (im Be- 
gnadigungsfalle) Erlaß derselben die Niederlassung bloß aus diesem 
Grunde nirgends versagt werden. Nur den Provinzialpolizei- 
behörden bleibt es vorbehalten, aus besonderen polizeilichen 
Gründen, sei es auf den Antrag der Gemeindebehörde oder ohne 
einen solchen Antrag, einem Individuum dieser Art den Aufent- 
halt oder die Niederlassung in einer oder mehreren bestimmt zu 
bezeichnenden Ortschaften zu versagen; sie müssen aber dazu in 
jedem einzelnen Falle die Genehmigung des Ministeriums des 
Innern und der Polizei einholen, sind jedoch gegen das betreffende 
Individuum zu keiner Rechenschaft über die Gründe solcher Maß- 
regel verpflichtet.“" 
Aus dieser Bestimmung ist diejenige des § 2 Nr. 2 des Gesetzes 
vom 31. Dezember 1842 hervorgegangen, da die Majorität des Staats- 
rates der des Staatsministeriums beitrat, und obwohl es im Laufe der 
Beratungen nicht an Vorschlägen zu weiteren Einschränkungen der Frei- 
zügigkeit im Interesse der Einzelgemeinden fehlte. In letzter Beziehung 
ist hier namentlich hervorzuheben, daß der Minister des Innern und der 
Polizei in der Kommission des Staatsrates am 4. Februar 1841 (Protokoll 
S. 6 ff.) die Frage anregen ließ, ob nicht der Verwaltung die Befugnis 
einzuräumen sei, nicht nur einzelnen Individuen der im § 4 gedachten 
Kategorie die Niederlassung an bestimmt zu verzeichnenden Orten zu 
versagen, sondern auch in Ansehung einzelner Orte die Niederlassungs- 
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