Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

236 Anhang. Anlage Nr. 10. 
die Ausweisung unbemittelter Personen auf Kosten anderer Ortsarmen- 
verbände oder der Landarmenverbände zu entledigen. 
(III.) Befindet sich der Auszuweisende bereits in hilfsbedürftigem 
Zustand, so ist der Ausweisungsantrag abzulehnen und die Ortsarmen- 
behörde zur geeigneten Fürsorge für den Hilfsbedürftigen anzuhalten, 
unbeschadet ihrer Befugnis, beim Zutreffen der in § 4 bezw. 8 5 des F.G. 
bezeichneten Voraussetzungen dessen Ausweisung aus der Gemeinde auf 
Grund des letzteren Gesetzes zu bewirken. Wenn dagegen zwar noch 
keine Hilfsbedürftigkeit vorliegt, aber die Ausweisung die betreffende 
Person in hilfsbedürftige Lage versetzen würde oder wenn diese Maß- 
regel aus sonstigen Gründen, z. B. wegen des Verlustes eines ordent- 
lichen Erwerbszweigs, mit besonderer Härte für den Auszuweisenden 
verbunden wäre, so ist dieselbe nur zu verfügen, wenn dringende polizei- 
liche Gründe dafür sprechen. 
(IV.) Der Auszuweisende ist über den Ausweisungsantrag zuvor 
zu vernehmen und es ist ihm die getroffene Verfügung unter Angabe 
der Gründe urkundlich zu eröffnen. 
Anlage Ur. 10. 
Zirkular an sämtliche Königliche Regierungspräsidenten 
und an den Königlichen Polizeipräsidenten in Berlin vom 
28. Juli 1894, betreffend die Auslegung und Anwendung 
des § 3 des Freizügigkeitsgesetzes. 
(MBl. i. V. Nr. 8 vom 29. September 1894 S. 147 ff.) 
In der Angelegenheit, betr. die verschiedene Auslegung und An- 
wendung des § 3 Absatz 2 des Reichsgesetzes über die Freizügigkeit vom 
1. November 1867 hat sich der Bundesrat über folgende Grundsätze 
verständigt: 
1. Reichsangehörigen, welche Aufenthaltsbeschränkungen der im § 3 
Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes vom 1. November 1867 bezeich- 
neten Art unterliegen oder innerhalb der letzten zwölf Monate 
wegen wiederholten Bettelns oder wiederholter Landstreicherei 
bestraft worden sind, wird der Aufenthalt in einem Bundesstaate 
nicht verweigert werden, wenn sie in diesem Staate die Staats- 
angehörigkeit oder einen Unterstützungswohnsitz (Heimatsrecht) 
besitzen. Zur Verweigerung des Aufenthalts genügt eine einmalige 
Bestrafung innerhalb der zwölfmonatigen Frist, sofern nur vor 
Beginn derselben bereits eine Bestrafung stattgefunden hat.
	        
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