68 II. Abschnitt. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. 8 8S.
Seydels und Meyers entsprechend, mittels Erkenntnisses vom 23. Juni 1886
Entscheidung getroffen (Bd. 13 S. 402; vgl. auch Bd. 27 S. 410).
(Wegen des Wortlautes des erstgenannten Erkenntnisses s. Anhang, Anl.
Nr. 12.) ·
Mittels Runderlasses vom 3. Febr. 1895 hat der preuß. Min. d. J. die
zur Erteilung der Naturalisationsurkunden usw. zuständigen Regierungspräsi-
denten (Polizeipräsident in Berlin) gerade im Hinblick auf das vorerwähnte
Erkenntnis des preuß. Oberverwaltungsgerichts vom 23. Juni 1886 angewiesen,
Anträge auf Naturalisation erst dann zu gewähren, wenn zuvor die Zustimmung
des Ministers des Innern erlangt worden ist (s. Anhang, Anl. Nr. 13); vgl. auch
den einschränkenden Runderlaß des Min. d. J. vom 17. Febr. 1896 (Anl. 13a).
Aus dem Erlaß des preuß. Ministeriums d. J. vom 3. Febr. 1895 geht
hervor, daß dasselbe seiner früheren Ansicht entgegen, nunmehr eine Nichtig-
keitserklärung der einmal erteilten Aufnahme- oder Naturalisationsurkunde für
untunlich erachtet. Es werden ja allerdings nicht selten Fälle vorkommen, daß
die Verleihung der Staatsangehörigkeit auf Grund falscher Dokumente, unrich-
tiger Angaben oder Verschweigens gravierender Tatsachen aus dem Vorleben
des Gesuchstellers erschlichen wird. Dies wird auch bei aller Sorgfalt, die
der oben erwähnte Erlaß vom 3. Febr. 1895 den Verwaltungsbehörden zur
Pflicht macht, und ungeachtet der Prüfung des Ministers des Innern nicht
durchweg zu verhüten sein.
Dagegen hat das kgl. württembergische Ministerium unter dem 28. Nov.
1896 (ABl. 1897 S. 19 ff.; Reger 17, 218) Entscheidung dahin getroffen, daß
die Aushändigung der Entlassungsurkunde die Entlassung in wirksamer Weise
nicht begründet, wenn dabei so wesentliche Voraussetzungen, wie die Zustim-
mung des gesetzlichen Vertreters und des Vormundschaftsgerichts fehlen. Das
gleiche dürfte auch von der Aufnahme= und Einbürgerungsurkunde gelten.
Am sichersten dürfte nach Meinung des Verfassers einer Täuschung der
Verwaltungsbehörden dadurch entgegengetreten werden können, wenn nach
dem Beispiel aller Staaten in Europa und in Amerika die Einbürgerung im
Deutschen Reich an die Bedingung einer vorherigen mehrjährigen Niederlassung
geknüpft würde.
Die folgende Tabelle gibt die Niederlassungsdauer') an, welche der Ein-
bürgerung in diesen Staaten vorausgehen muß. So in:
Belgien 15 oder 10 oder 5 Jahre;
Bulgarien 10 oder 5 Jahre;
Dänemark 5 Jahre;
Frankreich 10 Jahre;
Griechenland 3 Jahre;
Großbritannien 5 Jahre;
Italien 5 Jahre;
Luxemburg 5 Jahre;
· *) Die hier angegebenen Fristen können in den meisten Staaten ab-
gekürzt werden, wenn der Gesuchsteller z. B. dem Staate wichtige Dienste
geleistet oder sich daselbst mit einer Inländerin verheiratet hat.
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