Full text: Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22. Juli 1913.

80 II. Abschnitt. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. S 14. 
gebürgert werden können, allerdings unter der Bedingung, daß den Erforder- 
nissen in Abs. 1 Nr. 1 u. 2 des § 8 genügt wird und der Reichskanzler seine Ein- 
willigung hierzu gegeben hat. 
Den ehemaligen Deutschen, unter denen sehr viele, wie der Regierungs- 
entwurf in seiner Begründung S. 19 ausdrücklich betont, ihre Entlassung 
in Unkenntnis der Folgen beantragt hatten, wird durch diesen Para= 
graphen die Wiedereinbürgerung ermöglicht, auch ohne daß sie sich in ihrem 
früheren Heimatstaate niedergelassen haben. Nach dem Wortlaut des alten Ge- 
setzes wurden die aus der Reichsangehörigkeit Entlassenen als Ausländer be- 
trachtet, und ihre Renaturalisation konnte nur unter den in § 8 gegebenen 
Bedingungen eingeräumt werden. 
Daß es nicht als Hinderungsgrund für die Wiedereinbürgerung betrachtet 
wird, wenn der im Ausland wohnhafte ehemalige Deutsche nebenher auch eine 
ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, wird daraus zu entnehmen sein, daß 
dies nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Es ist zwar im allgemeinen nicht erwünscht, 
daß ein Deutscher im Ausland doppelte Staatsangehörigkeit besitze. Indessen 
sind die Konsuln angewiesen, wenn der Deutsche nebenher noch die aus- 
ländische Staatsangehörigkeit besitzt, ihm ihren Schutz nur in den Fällen zu 
gewähren, in denen eine Kollision mit den ausländischen Behörden nicht zu 
befürchten ist. Aus diesem Grunde ist besonders auch in solchem Falle die Ent- 
scheidung des Reichskanzlers für erforderlich erachtet worden. Eine Befragung 
der Bundesstaaten nach § 9 Abs. 1 d. G. dagegen findet nicht statt (vgl. Anm. 3 
am Schluß zu § 9 d. G.). 
8 14. 
Die von der Regierung? oder der Zentral-s oder höheren Ver— 
waltungsbehörde“ eines Bundesstaats vollzogenes oder bestätigtes 
Anstellung“' im unmittelbaren oder mittelbarens Staatedienst,? im 
Dienste einer Gemeinde oder eines Gemeindeverbandes,o im öffent- 
lichen Schuldienst, 1 oder im Dienste einer von dem Bundesstaat 
anerkannten Religionsgesellschaft!? giltts für einen Deutschents 
als Aufnahme, 16 für einen Ausländer!7 als Einbürgerung,!" sofern 
nicht in der Anstellungs= oder Bestätigungsurkunde ein Vorbehaltis8 
gemacht wird. 
Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die Anstellung 
als Offizier oder Beamter des Beurlaubtenstandes.20 
1. Borbemerkung. 
Der § 14 — früher 8 9 d. G. vom 1. Juni 1870 — hat nur insofern eine 
Erweiterung erfahren, als von dem Reichstag bei der dritten Lesung statt der 
Worte „im Kirchendienste“ „im Dienste einer von dem Bundesstaat anerkannten 
Religionsgesellschaft“ gesetzt worden ist. Ferner heißt es statt „Schuldienst"“ 
„öffentlicher Schuldienst“ und der Vorbehalt kann jetzt nicht nur in die An- 
8 14.
	        
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