Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Dritter Jahrgang. 1875. (3)

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3. Daß es in Streitsachen der Armenverbände zulässig sei, die Feststellung der Unterstützungs— 
kosten in quanto einem weiteren Verfahren vorzubehalten, wird in Sachen Trepton a. R. wider 
Oranienburg ausgeführt: 
Wie das Bundesamt bereits in dem Erkenntnisse vom 31. März 1873 in Sachen Lübben 
wider Briesen — Entsch. v. Wohlers Heft 2, S. 112 — ausgesprochen hat, ist es unter der Herr- 
schaft des preuß. Ausführungsgesetzes vom 8. März 1871 nicht unzulässig, die Feststellung des 
Anspruchs in quantitativer Hinsicht einem Nachtragsprozesse oder einer künftigen Einigung vorzu- 
behalten, wenn nur die erhobene Klage den Erfordernissen des §. 46 jenes Gesetzes entspricht, 
also insbesondere den Gegenstand des erhobenen Anspruchs genau bezeichnet und ausdrücklich aus- 
spricht, ob die Uebernahme des betreffenden Hülfsbedürftigen, oder welche sonstige Leistung ver- 
langt wird. Diesen Erfordernissen war hier aber ausreichend genügt. Es ist in der Klage als 
Gegenstand derselben die dem zugewanderten Arbeiter M. durch Verpflegung und Behandlung 
im städtischen Krankenhause in der Zeit vom 22. Dezember 1873 bis zum 21. Januar 1874 ge- 
währte Armenunterstützung hervorgehoben, und ergiebt der Klageantrag auch hinlänglich, daß nur 
die Erstattung der desfallsigen Verpflegungskosten gefordert wird; es kann namentlich von einer 
Ungewißheit darüber, ob auch die Uebernahme verlangt werde, nach Inhalt der Klage nicht die 
Rede sein. Es kommt hinzu, daß der Verklagte gegen den Klageantrag einen prozessualischen 
Einwand zar nicht erhoben hat, also damit einverstanden gewesen ist, daß zunächst über die 
Präjudizialfrage nach seiner Verpflichtung zur Kostenerstattung erkannt werde. 
4. Der Antrag auf Anerkennung der Unterstützungspflicht ist unzulässig, wie in Sachen 
Warnin wider Tietzow ausgesprochen ist: 
Kläger gesteht zu, daß der angeblich dauernd öffentlicher Unterstützung bedürftige Deputant J. 
bis jetzt nicht in die Lage gekommen ist, öffentliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen, weil er 
seit dem Beinbruche, welcher im Jahre 1873 seine Arbeitsunfähigkeit herbeigeführt haben soll, von 
dem Rittergutöbesitzer X., seinem Dienstherrn, unterhalten worden ist. In der Besorgniß jedoch, 
daß nach dem Aufhören dieser Privatunterstützung J. der Armenpflege anheimfallen, und inzwischen 
durch zweijährigen Aufenthalt einen Unterstützungswohnsitz im Bezirke des Klägers begründen werde, 
wenn der Lauf der Erwerbsfrist keine Unterbrechung erleide, hat Kläger zwar nicht die Uebernahme 
des J. in die eigene Fürsorge des Verklagten beantragt, wohl aber die Anerkennung der gegen- 
wärtigen Unterstützungspflicht seitens des Verklagten verlangt, um, wie erlänternd bemerkt wird, 
die Unterbrechung des Laufes der Erwerbs= resp. Verlustfrist durch die beantragte Entscheidung 
herbeizuführen. 
Mit Recht hat das angefochtene Erkenntniß den so gestellten Klageantrag zurückgewiesen. 
Ein besonderer Anspruch auf Anerkennung der Fürsorgepflicht, welcher unabhängig von dem 
Anspruche auf Uebernahme des Hilfsbedürftigen, oder dem Anspruche auf Kostenerstattung behufs 
Unterbrechung des Laufes der Erwerbs= oder Verlustfrist verfolgt werden könnte, ist dem Reichs- 
gesetze über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 unbekannt, insbesondere auch in den- 
jenigen Bestimmungen des Gesetzes, welche die Unterbrechung der zweijährigen Erwerbs= resp. 
Verlustfrist durch Anmeldung des Uebernahmeanspruches zum Gegenstande haben (§§. 14 al. 2, 
27 al. 2), weder statuirt, noch als bestehend vorausgesetzt. Der Uebernahmeanspruch, dessen Geltend- 
machung die gedachten Fristen in ihrem Laufe unterbricht, ist offenbar derselbe, von welchem §. 31 
des Reichsgesetzes handelt. Denn die Bezugnahme auf §. 5 des Freizügigkeitsgesetzes vom 1. No- 
vember 1867 findet sich ebensowohl in §. 31 wie in den §§. 14, 27 des Reichsgesetzes, und die 
Voraussetzung der Uebernahmepflicht ist in §. 31 cit. genau ebenso normirt, wie die Voraussetzung, 
unter welcher nach §. 5 des Freizügigkeitsgesetzes der fernere Aufenthalt versagt werden darf, 
nämlich dahin, daß Unterstützung aus anderen Gründen, als wegen einer nur vorübergehenden
	        
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