Full text: Central-Blatt für das Deutsche Reich. Zehnter Jahrgang. 1882. (10)

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daß die Meister von einer Kontrole ihres Betriebes durch Innungsgenossen, wie sie zur Zeit der Blüthe des Innungswesens 
vielfach stattgefunden hat, gegenwärtig entwöhnt sind und gegen dieselbe meist eine große Abneigung haben werden; anderer- 
seits ist aber auch zu erwägen, daß es sich hier um eine der wichtigsten Aufgaben des Innungswesens handelt und daß die 
Innungen schwerlich wieder zur Blüthe, jedenfalls aber nicht in den Besitz der in §. 100e. vorgesehenen besonderen Rechte 
gelangen werden, wenn sie sich auf dem Gebiete des Lehrlingswesens nicht selbst wirksame Verpflichtungen auferlegen wollen. 
S. 61. 
Lehrherren, welche die ihnen nach den Vorschriften der Gewerbeordnung und dieses Statuts ihren 
Lehrlingen gegenüber obliegenden Pflichten versäumen, sind auf Antrag des Ausschusses vor den Vorstand 
zu laden und zur gewissenhaften Erfüllung ihrer Verpflichtungen zu ermahnen. Bei wiederholten Pflichtwidrig- 
keiten kann der Vorstand Ordnungsstrafen bis zu ([10] J gegen sie feststellen Lund, falls auch solche unwirksam 
bleiben, nach vorgängiger Verwarnung bei der Innungsversammlung den Antrag auf Entziehung der Befugniß, 
Lehrlinge zu halten, stellen. (1)) IInnungsmeistern, welche nach eingetretener Bestrafung fortfahren, die 
Pflichten gegen ihre Lehrlinge zu verletzen, kann auf Antrag des Ausschusses für das Lehrlingswesen durch 
Beschluß der Innungsversammlung die Befugniß, Lehrlinge zu halten, bis auf weiteres entzogen werden.] 
u §. 61. 
1. an §. 53 Absatz 2 nicht Aufnahme findet, so sind statt dieser eingeklammerten Worte die in der folgenden Klammer auf- 
zunehmen. 
» 8. 62. 
Der Ausschuß für das Lehrlingswesen entscheidet an Stelle der Gemeindebehörde Streitigkeiten der 
in §. 120a. der Gewerbeordnung bezeichneten Art zwischen den Innungsmitgliedern und ihren Lehrlingen 
auf Grund mündlicher Verhandlungen. Die Vertretung der Parteien durch Rechtsanwälte ist ausgeschlossen. 
8. 63. 
Verliert der Lehrherr nach [8. 53] 8. 61 die Befugniß, Lehrlinge zu halten, oder wird derselbe zur 
Erfüllung der ihm vertragsmäßig obliegenden Verpflichtungen unfähig, so hat der Ausschuß für das Lehr- 
lingswesen dem Vater oder dem Vormunde hiervon mit der Aufforderung Kenntniß zu geben, die Auflösung 
des Lehrverhältnisses herbeizuführen. 
Das Gleiche hat zu geschehen, wenn der Lehrherr verstirbt und nicht innerhalb vier Wochen die 
Fortsetzung des Gewerbes durch die Wittwe nach Maßgabe des 8. 10 geregelt wird. 
In diesen Fällen, sowie in sonstigen Fällen, in welchen das Lehrlingsverhältniß auf Grund des 
§. 128 der Gewerbeordnung aufgelöst wird, hat der Ausschuß, sofern der Vater oder Vormund des Lehr- 
lings dies wünschen, seine Vermittelung dafür eintreten zu lassen, daß der Lehrling für den Rest der Lehrzeit 
bei einem anderen Innungsmeister untergebracht wird. 
Wenn in Fällen dieser Art an der Vollendung der kürzesten, durch §. 55 dieses Statuts vor- 
geschriebenen Lehrzeit nicht mehr als ½ Jahr fehlt, so kann der Ausschuß den Lehrling sofort zur Gesellen- 
prüfung zulassen. 
S. 64. 
Einen Erlaß an der vertragsmäßigen Lehrzeit, durch welchen die letztere unter das im §. 55 vor- 
schriebene Maß verkürzt werden würde, darf der Lehrherr nur mit Zustimmung des Ausschusses gewähren. 
Diese Zustimmung soll nur ertheilt werden, wenn der Lehrling durch sein Betragen und seine Leistungen sich 
ausgezeichnet hat. 
S. 65. 
Teder Lehrling eines Innungsmeisters hat sich vor der Entlassung aus der Lehre der von dem Aus- 
schusse für das Lehrlingswesen vorzunehmenden Gesellenprüfung zu unterwerfen. 
Dieselbe findet, abgesehen von den Fällen der §§. 63 und 64, erst nach Beendigung der vertrags- 
mäßigen Lehrzeit statt. · 
Die näheren Bestimmungen über die Prüfung bleiben der Regelung durch Innungsbeschluß vor— 
behalten, sollen aber so getroffen werden, daß dem Lehrling Kosten aus der Prüfung nicht erwachsen. 
8. 66. 
Wird die Ausbildung des Lehrlings auf Grund der Prüfung für ungenügend erachtet, so kann der 
Ausschuß den Lehrling für die Zeit von einem viertel bis zu einem ganzen Jahre in die Lehre zurück- 
verweisen. 
Gewinnt der Ausschuß die Ueberzeugung, daß die mangelhafte Ausbildung des Lehrlings durch den
	        
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