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5. Milit är. Wesen.
Ich erlasse hierdurch über die Voraussetzungen, unter denen nach Inkrafttreten der Mililär-
strafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 das Gericht die Oeffentlichkeit der Hauptverhandlung wegen
Gefährdung der Disziplin ausschließen soll, folgende allgemeine Vorschriften.
Die Disziplin verlangt, daß auch im gerichtlichen Verfahren das Ansehen der Kommandogewalt,
der militärischen Einrichtungen, Verordnungen und Gebräuche erhalten, der Sinn für die unbedingte
Unterordnung des Untergebenen unter den Vorgesetzten jeden Grades gewahrt, und dem berechtigten
Ehrgefühl aller Betheiligten, insbesondere derjenigen des Offizierstandes, Rechnung getragen wird.
Sobald dieser Grundsatz gefährdet ist, sei es nach dem Gegenstande der Anklage, nach den
Eigenheiten des zur Verhandlung kommenden Falles, nach der Persönlichkeit des Angeklagten oder der
Zeugen, nach zeitlichen oder örtlichen besonderen Verhältnissen, ist die Oeffentlichkeit auszuschließen.
Die Prüfung, ob der Ausschluß der Oeffentlichkeit zu beantragen, gehört in erster Linie zu den
Pflichten des Gerichtsherrn und des Vertreters der Anklage. Aber auch die erkennenden Gerichte sind
verpflichtet, ohne solchen Antrag die Oeffentlichkeit für die ganze Verhandlung oder einen Theil
derselben auszuschließen, wenn die Voraussetzungen hierfür nach dem vorstehend von Mir gegebenen
Grundsatz eintreten.
Sie haben hiernach das Weitere zu veranlassen.
Gegeben Neues Palais, den 28. Dezember 1899.
Wilhelm.
Fürst zu Hohenlohe.
An den Reichskanzler.
Auf den Mir gehaltenen Vortrag bestimme Ich zur Regelung der Strafrechtspflege beim ostasiatischen
Expeditionskorps:
1. Das ostasiatische Expeditionskorps ist vom Tage des Verlassens der einheimischen Gewässer als
mobiler Truppenverband anzusehen.
2. Meine beiliegenden Verordnungen?) über die Strafrechtspflege bei dem Heere in Kriegszeiten
und über das außerordentliche kriegsrechtliche Verfahren gegen Ausländer und über die
Ausübung der Strafgerichtsbarkeit gegen Kriegsgefangene vom 28. Dezember 1899 gelten für
das ostasiatische Expeditionskorps von dem in Meiner Verordnung vom heutigen Tage
bezeichneten Zeitpunkt an.
3. Ich übertrage:
a) dem Kommandeur des Expeditionskorps die in den Verordnungen vom 28. Dezember
1899 dem Oberbefehlshaber einer Armee zustehenden Rechte;
b) den Brigade-Kommandeuren des Expeditionskorps die Gerichtsbarkeit eines Divisions-
Kommandeurs.
4. Der Etappen-Kommandeur steht dem Kommandanten eines Etappenortes gleich.
5. Die Gerichte des ostasiatischen Expeditionskorps führen in den Dienstsiegeln den Deutschen
Reichsadler.
Drontheim, an Bord M. Y. Hohenzollern, den 15. Juli 1900.
Wilhelm.
Fürst zu Hohenlohe.
An den Reichskanzler. zu Hohenloh
*) Hier nicht mit abgedruckt.