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3. Die Gestehungskosten sind naturgemäß verschieden, je nachdem es sich um einen Verkauf
durch den Hersteller oder einen Weiterverkäufer handelt. Im ersteren Falle wird regelmäßig von den
Herstellungskosten, im letzteren vom Einkaufspreis auszugehen sein. Neben den Herstellungskosten
werden außerdem die Generalunkosten und etwaige besondere Kosten zu berücksichtigen sein.
4. Als angemessener Gewinn ist grundsätzlich derjenige anzusehen, der auch in Friedenszeiten
für gleiche Waren und unter sonst gleichen Verhältnissen erzielt worden ist. Diesem Gesichtspunkt
wird nicht schon dadurch Rechnung getragen, daß ermittelt wird, in welchem Verhältnis in der Regel
der Gewinn und die Selbstkosten bei den im Frieden erzielten Preisen zu einander stehen, und daß
daun diesem Verhältnis entsprechend Gewinnzuschläge zu den durch den Krieg gesteigerten Selbstkosten
gemacht werden. Dies würde zu einem mit den erhöhten Selbstkosten selbsttätig wachsenden Gewinne
führen. Der Friedensgewinn ist vielmehr zahlenmäßig zu ermitteln; nur dieser Betrag darf, ohne
Rücksicht auf die Höhe der Gestehungskosten und Unkosten, als angemessener Gewinn gewährt werden.
Wo die Verhältnisse jedoch besonders geartet sind, kann das Gericht diesen Verhältnissen durch ab-
weichende Festsetzung des Preises nach oben wie nach unten Rechnung tragen.
5. In allen Fällen ist zu beachten, daß der Verkäufer keinen Anspruch darauf hat, unter
allen Umständen den im § 1 Abs. 1 bezeichneten äußersten Preis zu erzielen. Preise, die ihm einen
unverhältnismäßig hohen Gewinn lassen würden, müssen im allgemeinen Interesse auf ein angemessenes
Maß herabgesetzt werden, auch da, wo es sich nicht um einen Verstoß gegen die Bekanntmachung
gegen übermäßige Preissteigerung vom 23. Juli 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 467) handelt. Der § 2
Abs. 1 (zweiter Fall) der Verordnung, welcher dem Schiedsgerichte die Befugnis hierzu gibt, wird
daneben auch in solchen Fällen zur Anwendung zu bringen sein, wo der Verkäufer dem Käufer einen
Preis abverlangt, der zwar seinen Gestehungskosten entspricht, der aber dadurch hochgeschraubt ist, daß
der Verkäufer dem eigenen Lieferanten, z. B. auf Grund besonderer Abrede, einen übermäßigen, den
Marktverhältnissen nicht entsprechenden Preis bezahlt hat. In diesen Fällen würden als Gestehungs-
kosten des Käufers diejenigen des Verkäufers bzw. seiner Vorhand zuzüglich seiner Unkosten und eines
angemessenen Gewinns einzusetzen sein.
III. Von der Aufnahme besonderer Strafbestimmungen ist abgesehen worden. Doch hat das
Gericht, wie insbesondere auch durch die Vorschrift des § 2 Abs. 3 der Verordnung zum Ausdruck
kommt, sein Augenmerk darauf zu richten, ob der Verkäufer sich einer strafbaren Uberteuerung schuldig
gemacht hat. In dieser Beziehung kommen besonders in Betracht die Bekanntmachungen:
a) gegen übermäßige Preissteigerung vom 23. Juli 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 467),
b) betreffend Fernhaltung unzuverlässiger Personen vom Handel, vom 23. September 1915
(Reichs-Gesetzbl. S. 60)
Z) über die Errichtung von Preisprüfungsstellen und die Versorgungsregelung vom 25. Sep-
tember und 4. November 1915 (Reichs-Gesetzbl. S. 607 und 728).
» Wenn aber Anzeichen auf eine Uberteuerung hindeuten, ohne daß geradezu eine strafbare
Handlung vorliegt, so ist es Sache des Vorsitzenden des Schiedsgerichts, die örtlichen Preisprüfungs-
stellen auf den Mißstand hinzuweisen. «
Berlin, den 13. April 1916.
Der Reichskanzler.
Im Auftrage: Freiherr von Stein.