80 II. Reichsgesetzgebung. Art. 3.
und die Abgaben, die sich an diesen Betrieb knüpfen, dürfen für die An-
gehörigen anderer Bundesstaaten nicht nach lästigeren Bedingungen geregelt
sein als für die eigenen Angehörigen des Bundesstaates.
4. Offentliche Amter.
Die Angehörigen eines jeden Bundesstaates sind in jedem anderen
Bundesstaate zu öffentlichen Amtern unter denselben Voraussetzungen zu-
zulassen wie die Einheimischen. Zu dieser Bestimmung hat in der Sitzung
des konst. Reichstages v. 19. März 1867 St. B. 244 der Bundeskommissar
Hofmann folgendes geäußert:
„Es ist hier davon die Rede, daß jeder Norddeutsche zu öffentlichen
Amtern in jedem Staate unter denselben Voraussetzungen und Bedingungen
wie der Einheimische zuzulassen ist. Und da in keinem Norddeutschen
Staate der Inländer, auch wenn er die Bedingungen zu einem Staatsamt
erfüllt und seine Fähigkeit dazu dargelegt hat, im einzelnen Falle ein
Recht darauf hat, angestellt zu werden, so versteht es sich von selbst, daß
durch diese Bestimmung im konkreten Falle ein Recht auf ein Amt nicht
verliehen werden soll. Die Bestimmung hat nur den Sinn, daß die
Regierungen sich gegenseitig verpflichten, keinen Unterschied zu machen,
also keinen, der die Fähigkeit zu einem Staatsamt nachgewiesen, um
deswillen nicht anzustellen, weil er einem anderen Norddeutschen Staate
angehört.“
Es ist demgemäß nur notwendig, daß der Erwerb des Amts für die
Angehörigen anderer Bundesstaaten an dieselben Bedingungen geknüpft ist,
wie für die eigenen Angehörigen des Bundesstaates. Danach kann von
den Angehörigen anderer Bundesstaaten die Ablegung derselben Prüfungen
verlangt werden, wie von den eigenen Angehörigen des Bundesstaates, und
daraus dürften sich allerdings für die Angehörigen anderer Bundesstaaten,
die nicht schon ihre Ausbildung in dem Bundesstaat erhalten haben, in
welchem sie angestellt zu werden wünschen, praktische Schwierigkeiten für
die Erlangung öffentlicher Amter bieten. Es können also auch für die
Befähigung zu gleichartigen Amtern in allen Bundesstaaten verschiedene
Bestimmungen erlassen werden, nur müssen die Bestimmungen, die ein
Bundesstaat trifft, sich in gleicher Weise auf die Angehörigen aller Bundes-
staaten erstrecken; ebenso Zorn 1 S. 350, v. Jagemann S. 63, Arndt S. 53;
derselbe, Kommentar S. 94.
Aus den gleichen Gründen befinden sich die Vorschriften der Rechts-
anwaltsordnung v. 1. Juli 1878 R.G.Bl. S. 177 8§ 2, 4 im Einklang mit
Art. 3. Danach kann, wer die Fähigkeit zum Richteramt in einem Bundes-
staat erlangt hat, in jedem Bundesstaate zur Rechtsanwaltschaft zugelassen.
werden, einen Anspruch auf Zulassung hat er aber nur dem Bundesstaate
gegenüber, in welchem er die zum Richteramt befähigende Prüfung bestanden
hat. Eine differentielle Behandlung der Angehörigen verschiedener Bundes-
staaten ist durch diese Bestimmung nicht hervorgerufen. Denn ebenso wie
für die Besetzung öffentlicher Amter kann jeder Bundesstaat für die Aus-
übung des Berufs eines Rechtsanwalts, also eine quafiamtliche Tätigkeit,
verlangen, daß diejenigen, welche die Zulassung begehren, sich den in seinem
Staatsgebiet geltenden Bedingungen unterwerfen und dieselbe Prüfung ab-
legen, wie die eigenen Staatsangehörigen.