Full text: Gesetzblatt für das Königreich Bayern. 1871-1872. (23)

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Art. 102. 
In der Pfalz wird an Geld bis zu fünf Tha- 
lern gestraft, wer an einer öffentlichen Straße 
einer Stadt oder eines Dorfes, an einer Staats- 
oder Districtsstraße ein neues Gebäude oder 
einzelne Theile oder Vorsprünge desselben, z. B. 
Freitreppen u. dgl. oder eine neue Mauer auf- 
führt, ohne sich die Baulinie von der zuständigen 
Behörde abstecken zu lassen. 
An Geld bis zu fünfzig Thalern oder 
Haft wird gestraft: 
1) wer an einer der in Abs. I genannten Stra- 
ßen mit eigenmächtiger Abweichung von der 
allgemein festgesetzten oder ihm durch die 
zuständige Behörde besonders abgesteckten 
Baulinie ein neues Gebäude oder eine neue 
Mauer aufführt oder ohne oberpolizeiliche 
Erlaubniß an bestehenden Gebäuden, Ge- 
bäude-Vorsprüngen, Freitreppen oder Mau- 
ern, insoweit diese der festgesetzten Baulinie 
nicht entsprechen, eine zur Verstärkung oder 
Wiederherstellung derselben dienende Bau- 
arbeit unternimmt; 
wer den zum Zwecke der Feuersicherheit 
und Festigkeit der Gebäude, sowie der Ge- 
sundheit erlassenen Verordnungen, oberpo- 
lizeilichen Vorschriften oder den auf deren 
Grund erlassenen ortspolizeilichen Anord- 
nungen zuwiderhandelt; 
wer ohne Bewilligung der zuständigen Be- 
hörde in einer weniger als 100 Metres be- 
tragenden Entfernung von einem im Ge- 
brauche stehenden Leichenacker eine Woh- 
nung errichtet oder einen Brunnen gräbt 
oder bestehende Wohngebäude erneuert oder 
vergrößert. 
Derselben Strafe unterliegen Bauunternehmer, 
S 
ES. 
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Bau= und Werkmeister, sowie selbstständig ar- 
beitende Paliere, Gesellen und sonstige Bauar- 
beiter, welche die im gegenwärtigen Artikel ver- 
botenen Handlungen ausführen. 
Art. 103. 
Baumeister und Bauhandwerker, welche die 
durch ortspolizeiliche Vorschriften festgesetzten 
besonderen Verpflichtungen ihres Berufes über 
Anzeige unternommener Bauten und Bauarbeiten 
vernachlässigen, unterliegen einer Geldstrafe bis 
zu fünfzehn Thalern. 
Art. 104. 
Obrigkeitlich aufgestellte Sachverständige, welche 
die ihnen obliegende Untersuchung eines Baues 
mit Gefahr für Personen oder fremdes Eigen- 
thum fahrlässiger Weise versäumen, werden, inso- 
ferne nicht disciplinäre Ahndung stattfindet, an 
Geld bis zu dreißig Thalern gestraft. 
Gleicher Strafe unterliegen andere Sach- 
verständige, welche nach übernommenem obrig- 
keitlichen Auftrage die Untersuchung eines Baues 
mit Gefahr für Personen oder fremdes Eigen- 
thum fahrlässiger Weise versäumen. 
Art. 105. 
In den Fällen des § 367 Ziff. 13—15 und 
§*368 Ziff. 3 und 4 des St.-G.-B. für das 
Deutsche Reich und der Art. 101 und 102 des 
gegenwärtigen Gesetzes hat der Richter im Straf- 
urtheile auszusprechen, daß die Polizeibehörde 
berechtigt ist, die Beseitigung des ordnungswidri- 
gen Zustandes anzuordnen und zu diesem Zwecke 
die Sicherstellung, Abänderung, den gänzlichen 
oder theilweisen Abbruch des betreffenden Bau- 
werkes oder der betreffenden Vorrichtung zu 
verfügen.
	        
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