Full text: Gesetz-Sammlung für die Königlich Preußischen Staaten. 1891. (82)

— 246 — 
S. 40. 
Das Gemeinderecht umfaßt: 
1) das Recht zur Theilnahme an dem Stimmrechte in der Gemeinde- 
versammlung oder, wo die letztere durch eine gewählte Gemeindever- 
tretung ersetzt ist, zur Theilnahme an den Gemeindewahlen, 
2) das Recht zur Bekleidung unbesoldeter Aemter in der Verwaltung und 
Vertretung der Gemeinde. 
S. 41. 
— Das Gemeinderecht steht jedem selbständigen Gemeindeangehörigen zu, 
welcher 
1) Angehöriger des Deutschen Reiches ist und 
2) die bürgerlichen Ehrenrechte besitzt, 
3) seit einem Jahre in dem Gemeindebezirke seinen Wohnsitz hat, 
4) keine Armenunterstützung aus öffentlichen Mitteln empfängt, 
5) die auf ihn entfallenden Gemeindeabgaben gezahlt hat und außerdem 
6) entweder 
a) ein Wohnhaus in dem Gemeindebezirke besitzt, oder 
b) von seinem gesammten innerhalb des Gemeindebezirks belegenen 
Grundbesitze einen Jahresbetrag von mindestens drei Mark an 
Grund= und Gebäudesteuer entrichtet, oder 
Ta) zur Staatseinkommensteuer veranlagt ist oder zu den Gemeinde- 
abgaben nach einem Jahreseinkommen von mehr als 660 Mark 
in Gemäßheit der §9. 8 und 13 herangezogen wird. 
Steht ein Wohnhaus im (getheilten oder ungetheilten) Miteigenthum Mehrerer, 
so kann das Gemeinderecht auf Grund dieses Besitzes nur von einem derselben 
ausgeübt werden. 
Falls die Miteigenthümer sich über die Person des Berechtigten nicht einigen 
können, ist derjenige, welcher den größten Antheil besitzt, befugt, das Gemeinde- 
recht auszuüben; bei gleichen Antheilen bestimmt sich die Person des Berechtigten 
durch das Loos, welches durch die Hand des Gemeindevorstehers gezogen wird. 
Steuerzahlungen und Grundbesitz der Ehefrau werden dem Ehemanne, 
Steuerzahlungen und Grundbesitz der in väterlicher Gewalt befindlichen Kinder 
werden dem Vater angerechnet. In den Fällen, wo ein Wohnhaus durch Ver- 
erbung auf einen Anderen übergeht, kommt dem Erben bei Berechnung der Dauer 
des einjährigen Wohnsitzes die Besitzzeit des Erblassers zu gute. Die Uebertragung 
unter den Lebenden an Verwandte in absteigender Linie steht der Vererbung gleich. 
Als selbständig wird nach vollendetem vierundzwanzigsten Lebensjahre ein 
Jeder betrachtet, welcher einen eigenen Hausstand hat, sofern ihm nicht das 
Verfügungsrecht über die Verwaltung seines Vermögens durch richterlichen Beschluß 
entzogen ist.
	        
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