Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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Ist jedoch mit Gewißheit oder großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß das lebend 
geborene Kind zur Fortsetzung seines Lebens unfähig gewesen, so sind die nach vorstehender 
Bestimmung verwirkten Strafen auf die Hälfte herabzusetzen. 
Art. 160. 
Abtreibung der Leibesfrucht. 
Wenn eine Frauensperson, verehelicht oder unverehelicht, durch äußere oder innere Mittel 
ihre Frucht im Mutterleibe tödtet, oder vor der gehörigen Reife abtreibt, so ist sie mit Ar- 
beitshaus= oder Zuchthausstrafe bis zu vier Jahren zu belegen. 
Art. 161. 
Schwererer Fall. 
Hat Jemand ohne oder wider den Willen der Schwangeren durch Mittel der im vorigen 
Artikel gedachten Art deren Frucht im Mutterleibe getödtet oder vor der gehörigen Reife ab- 
getrieben, so tritt Zuchthausstrafe bis zu sechs Jahren ein, welche Strafe, wenn hierdurch der 
Tod der Schwangeren verursacht worden ist, bis auf zwölf Jahre gesteigert werden kann. 
Art. 162. 
Verheimlichung der Geburt. 
Eine Frauensperson, welche ihre Niederkunft in der Maße verheimlicht oder geheim hält, 
daß dadurch die nöthigen Hülfleistungen von Seiten anderer Personen ausgeschlossen werden, 
ist, wenn solches in der Absicht, das Kind um das Leben zu bringen, geschehen, die Ausführung 
dieser Absicht aber durch äußere Umstände verhindert worden ist, mit Arbeitshaus von einem 
bis zu vier Jahren, ohne diese Absicht mit Gefängniß bis zu drei Monaten zu bestrafen. 
Art. 163. 
Aussetzung hülfloser Personen. 
Wenn Personen, welche wegen jugendlichen Alters, Krankheit oder Gebrechlichkeit sich 
selbst zu helfen unvermögend sind, von ihren Eltern oder anderen Personen, in deren Obhut 
sie sich befinden, oder denen ihre Ernährung, Verpflegung, Fortschaffung oder Aufnahme 
obliegt, vorsätzlich, jedoch nicht in der Absicht, sie um das Leben zu bringen, ausgesetzt, oder 
in einem hülflosen Zustande gelassen werden, so sind die Thäter, 
1. wenn die Rettung der ausgesetzten Person nach den Umständen, unter welchen die Aus- 
setzung geschah, mit Wahrscheinlichkeit nicht erwartet werden konnte, mit Zuchthaus 
von vier bis zu zehn Jahren, 
2. wenn bei der Aussetzung die Rettung der ausgesetzten Person mit Wahrscheinlichkeit zu 
erwarten war, mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder Arbeitshaus bis zu vier 
Jahren,
	        
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