— 952 —
Ist jedoch mit Gewißheit oder großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß das lebend
geborene Kind zur Fortsetzung seines Lebens unfähig gewesen, so sind die nach vorstehender
Bestimmung verwirkten Strafen auf die Hälfte herabzusetzen.
Art. 160.
Abtreibung der Leibesfrucht.
Wenn eine Frauensperson, verehelicht oder unverehelicht, durch äußere oder innere Mittel
ihre Frucht im Mutterleibe tödtet, oder vor der gehörigen Reife abtreibt, so ist sie mit Ar-
beitshaus= oder Zuchthausstrafe bis zu vier Jahren zu belegen.
Art. 161.
Schwererer Fall.
Hat Jemand ohne oder wider den Willen der Schwangeren durch Mittel der im vorigen
Artikel gedachten Art deren Frucht im Mutterleibe getödtet oder vor der gehörigen Reife ab-
getrieben, so tritt Zuchthausstrafe bis zu sechs Jahren ein, welche Strafe, wenn hierdurch der
Tod der Schwangeren verursacht worden ist, bis auf zwölf Jahre gesteigert werden kann.
Art. 162.
Verheimlichung der Geburt.
Eine Frauensperson, welche ihre Niederkunft in der Maße verheimlicht oder geheim hält,
daß dadurch die nöthigen Hülfleistungen von Seiten anderer Personen ausgeschlossen werden,
ist, wenn solches in der Absicht, das Kind um das Leben zu bringen, geschehen, die Ausführung
dieser Absicht aber durch äußere Umstände verhindert worden ist, mit Arbeitshaus von einem
bis zu vier Jahren, ohne diese Absicht mit Gefängniß bis zu drei Monaten zu bestrafen.
Art. 163.
Aussetzung hülfloser Personen.
Wenn Personen, welche wegen jugendlichen Alters, Krankheit oder Gebrechlichkeit sich
selbst zu helfen unvermögend sind, von ihren Eltern oder anderen Personen, in deren Obhut
sie sich befinden, oder denen ihre Ernährung, Verpflegung, Fortschaffung oder Aufnahme
obliegt, vorsätzlich, jedoch nicht in der Absicht, sie um das Leben zu bringen, ausgesetzt, oder
in einem hülflosen Zustande gelassen werden, so sind die Thäter,
1. wenn die Rettung der ausgesetzten Person nach den Umständen, unter welchen die Aus-
setzung geschah, mit Wahrscheinlichkeit nicht erwartet werden konnte, mit Zuchthaus
von vier bis zu zehn Jahren,
2. wenn bei der Aussetzung die Rettung der ausgesetzten Person mit Wahrscheinlichkeit zu
erwarten war, mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder Arbeitshaus bis zu vier
Jahren,