Full text: Gesetz- und Verordnungsblatt für das Königreich Sachsen vom Jahre 1868. (34)

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3. Wird aber die Zurückstellung oder Befreiung eines Militärpflichtigen vom Dienste 
in Antrag gebracht, weil dieser als die einzige Stütze seiner Eltern oder Angehörigen zu be— 
trachten ist, indem ein anderer zur Unterstützung derselben Verpflichteter sich dieser Pflicht 
entzieht oder entzogen hat, durch ein Verziehen nach anderen Orten, durch Auswanderung oder 
auf irgend eine andere Weise, so ist der Antrag auf Zurückstellung oder Befreiung des Ersteren 
vom Militärdienste in der Regel als begründet nicht zu betrachten und dieß ganz besonders in 
dem Falle, wenn jener andere zur Unterstützung der Eltern Verpflichtete etwa selbst zu diesem 
Behufe früher schon von der Militär-Dienstpflicht entbunden sein sollte. 
Auch kann in der Regel daraus ein Reclamationsgrund nicht hergeleitet werden, daß ein 
zur Unterstützung Verpflichteter dieser Verpflichtung nur unter besonderen Opfern nachkommen 
kann, indem er z. B. sein lohnendes Gewerbe zeitweise aufgiebt, um dem arbeitsunfähigen 
Vater unmittelbar hülfreiche Hand zu leisten. 
Hat ein anderer Sohn hülfsbedürftiger Eltern 2c., welcher beim Eintritte des Bruders in 
das militärpflichtige Alter das 30. Lebensjahr noch nicht erreicht hat, vor dieser Zeit einen 
eigenen Hausstand begründet und sich dadurch ver Gelegenheit zur Unterstützung der Eltern 2c. 
begeben, so darf hieraus ein Grund zur Berücksichtigung des jüngeren Bruders in der Regel 
nicht hergeleitet werden. 
4. Individuen, welche aus irgend welchen Reclamationsgründen berücksichtigt worden 
sind, den Zweck der ihnen gewährten Zurückstellung, bez. Befreiung vom Dienste, event. den 
Zweck ihrer Entlassung aus dem Dienste vor beendeter Dienstzeit (§+ 50) aber nicht erfüllen, 
sinr, wenn sie sich innerhalb der ersten fünf Jahre ihres dienstpflichtigen Alters befinden, so- 
gleich zur Ableistung ihrer vollen Militär-Dienstpflicht beranzuziehen, auch wenn sie bereits 
der Reserve oder Ersatz-Reserve überwiesen sein sollten. Zu einer derartigen nachträglichen 
Heranziehung ist die Genehmigung der Ersatz Behörden dritter Instanz erforderlich. 
Die Ersatz-Behörden haben die zur strengen Aufrechthaltung dieser Bestimmungen noth- 
wendigen Control-Maßregeln anznordnen und die Militärpflichtigen bei Genehmigung der 
Reclamation auf die vorstehende Vorschrift hinzuweisen.) 
5. Handelt es sich darum, daß zwei arbeitsfähige Söhne einer Familie von derselben 
nicht gleichzeitig entbehrt werden können, so ist nicht der eine vom Mililärdienste gänzlich zu 
befreien und der andere zur Ableistung seiner vollen Dienstpflicht anzuhalten, sondern es ist 
nur der eine zurückzustellen, bis der andere als ausgebildet mit der Waffe vom Truppentheile 
entlassen werden kann. In derartigen Fällen darf jedoch die Zurückstellung des zweiten Sohnes 
höchstens bis zum dritten Concurrenzjahre stattfinden. 
  
*) Die in diesem Passus enthaltenen Bestimmungen finden keine Auwendung auf Militärpflichge, welche 
ihre Unterstützungspflichten bis dahin erfüllt haben, derselben aber durch Tod der zu unterstützenden An- 
gehörigen, durch Heranwachsen eines jüngeren Bruders 2c. überhoben werden.
	        
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