Object: Das Civil Medizinal Wesen im Königreich Bayern. Erster Band. Die private Medizin. (1)

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Vornahme der Nothtaufe während der Geburt, wenn dem 
Leben des Kindes Gefahr droht. 
Der Vollzug dieser Anordnung ist mit den Grundsätzen 
der protestantischen Kirche nicht vereinbar, da die Nothtaufe 
und beziehungsweise die Taufe vor und während der Geburt 
sowohl von der reformirten Kirche in den Regierungsbezirken 
diesseits des Rheins als auch von der vereinigten evangelisch- 
protestantisch-christlichen Kirche der Pfalz unbedingt verworfen 
wird, und da insbesondere bezüglich der Letztern der §. 8. der 
unterm 10. Oktober 1818 Allerhöchst bestätigten Vereinigungs- 
Akte festgesetzt ist: 
„die protestantisch-evangelisch-christliche Kirche nimmt keine 
Nothtaufe an, beschränkt aber keineswegs die Freiheit 
christlicher Eltern die Taufe ihrer neugebornen Kinder so 
viel nöthig zu beschleunigen, jedesmal aber solche durch 
den ordentlichen Diener der Kirche verrichten zu lassen“. 
Demgemäß haben Seine Königliche Majestät nach 
vorausgegangener Vernehmung des k. protestantischen Obercon= 
sistoriums zu beschließen geruht, was folgt: 
1) Bei Kindern, deren Eltern der reformirten Kirche oder 
der vereinigten protestantisch-evangelisch-christlichen Kirche 
in der Pfalz zugethan sind, haben die Hebammen die 
Nothtaufe gänzlich zu unterlassen. 
2) Bei Kindern, deren Eltern der evangelisch-lutherischen 
Kirche angehören, darf die Nothtaufe durch die Hebamme 
nur, wenn es die Eltern verlangen und auch sodann nur 
unter folgenden Bedingungen vorgenommen werden: 
a) das Kind muß vollständig geboren sein. Die Taufe 
vor und während der Geburt ist unbedingt verboten. 
b) Läßt es nach vollendeter Geburt die Schwäche des 
Kindes noch zu, einen Geistlichen herbei zu holen, so 
hat die Taufe durch diesen zu geschehen und die Vor- 
nahme der heiligen Handlung durch die Hebamme 
ist daher nur im wirklichen Nothfalle, sei es gleich 
nach der Geburt oder später bei plötzlich eintretender 
Todesgefahr, zulässig. 
c) Auch die Nothtaufe muß mit der dem feierlichen Akte 
gebührenden Würde vollzogen werden und sie ist nur 
giltig, wenn dabei ein Gebet, namentlich das Vater- 
unser gesprochen, das Kind dreimal am Haupte oder 
 
	        
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