sekretär Freiherr v. Marschall gegen einen Strafantrag, ganz im
Sinne Holsteins, der kein Verlangen danach hatte, wieder wie im
Arnim-Prozeß als Zeuge und obendrein als politische Hauptperson
vor Gericht gezogen zu werden.
Holstein gewann nun den Staatssekretär für den Gedanken,
daß ich zu Herrn Trojan gehen und ihn zu einer Unterredung
im Auswärtigen Amt veranlassen sollte, in der der Staatssekre-
tär die Ungerechtigkeit des Vorgehens gegen mehrere seiner Be-
amten nachweisen würde. Das war mein erster amtlicher Auftrag.
Er endigte mit einem Mßerfolge. Trojan erwiderte mir: Er habe
die Sachen bisher harmlos angesehen, daß sie nicht von ihm
gemacht seien, könne ich mir wohl denken, er sei selbst nicht ge-
nügend unterrichtet und wegen der angebotenen Unterredung müsse
er sich erst mit seinen Leuten besprechen. Obgleich ich ihm vorge-
stellt hatte, daß er das Anerbieten des Vorgesetzten der von seinem
Blatte verdächtigten Beamten nicht wohl ausschlagen könne, ohne
seine bona fides Zweifeln auszusetzen, und daß ihm ja unbe-
nommen bleibe, nach der Unterredung, wenn sie ihn nicht eines
anderen überzeuge, sein Blatt in den Angriffen fortfahren zu
lassen, erschien er nicht beim Staatssekretär und ließ auch sonst
nichts von sich hören.
Daß Holstein hiernach meine Fähigkeiten in der Menschen-
behandlung nicht hoch einschätzte und sich nach besseren Helfern
umsah, konnte ich ihm nicht verdenken. Den zahlreichen Konfe-
renzen auf Holsteins Zimmer brauchte ich nun nicht mehr bei-
zuwohnen. Nach mir kam Ernst Wichert in seiner Eigenschaft
als Vorstand des Vereins Berliner Presse mit einem Einwir-
kungsversuch bei Trojan an die Reihe, mit demselben Mißerfolg.
Ich hörte dann, daß Holstein durch zwei Beauftragte Rechen-
schaft vom Grafen Herbert Bismarck gefordert hatte!
Die Tagespresse fing an, sich lebhafter mit der Kladderadatsch-
sache zu beschäftigen und nach dem „Material“ des Witzblattes
zu schreien. Eine halbamtliche Note im Reichsanzeiger von Ende
Februar, in der von „einer unbekannten persönlichen Gegnerschaft,
die sich scheue, offen hervorzutreten“, die Rede war, hatte nur
62