Full text: Deutsches Kolonialblatt. VIII. Jahrgang, 1897. (8)

Die an jenem Tage sehr zahlreich auf Seeis 
versammelten Viehbesitzer von Windhoek und Farmer 
der Umgegend ergriffen den Vorschlag mit großem 
Eifer und baten mich, zur Verwirklichung dieses 
Planes nach Kräften mitzuwirken und einen Statuten- 
entwurf ausarbeiten zu lassen. 
Die Meinung der Mehrzahl ging dahin, daß 
zunächst gute Afrikaner Zuchtbullen aus dem Süden 
des Schutgebietes oder aus dem Kaplande beschafft 
werden sollten, später aber auch gute europäische 
Rassen aus der Kolonie oder direkt aus Europa 
einzuführen seien. In zweiter Linie sollte dann 
auch für gute Ramme, Zuchthengste und Zuchteber 
gesorgt werden. " 
Die endgültige Gründung dieses Vereins, dem 
noch eine große Anzahl der nicht auf der Aultlon 
anwesenden Viehzüchter beitreten wollen, sollte in 
den ersten Tagen des November stattfinden, wird 
jetzt aber bis nach meiner Rückkehr vom Norden 
verschoben werden. 
  
Lendung Joologischer Gegenstände. 
Dem Königlichen Museum für Naturkunde ist 
eine von dem Regierungsthierarzt Borchmann in 
Tsoakhaubmund erbeutete Sammlung zoologischer 
Obiekte zugegangen, enthaltend: 
5 Vogelbälge, 1 Eidechse, 15 Käfer in 8 Arten, 
4 Gläser mit Fliegen und Larven in Spiritus, Ein- 
geweidewürmer aus verschiedenen Thieren, 25 Meer- 
konchylien in 9 Arten, 1 Seeigel, 1 Bryozoe. 
Die Konservirung der Thiere ist bis auf eine 
Anzahl Kouchylien gut. Letztere sind aber in besse- 
rem Zustande wohl an der dortigen Küste kaum 
zu finden. « 
In wissenschaftlicher Beziehung sind einige Käfer 
als neue Arten bemerkenswerth. Die parasitischen 
Fliegenlarven befinden sich noch auf der Magen- 
schleimhaut und sind daher von besonderem Interesse, 
ebenso die Würmer, weil sie die ersten sind, welche 
die zoologische Sammlung aus Südwestafrika erhalten 
hat. Die Konchylien sind als Belagstücke für die 
geographische Verbreitung willkommen. 
  
Deutsch-Meu-Guinea. 
Neber den Abschluß der Raiser wilhelmslandexpedition 
berichtet Dr. Lauterbach Folgendes: 
Am 27. Juni marschirten wir mit 46 Lasten 
von Stephansort ab und trafen ohne weitere 
Zwischenfälle am 2. Juli in dem Etappenlager ein. 
Dr. Kersting und die zurückgebliebenen Leute waren 
wohlauf. Von einem hinter dem Lager gelegenen 
200 m hohen Berge öffnete sich uns ein Ausblick 
nach Süden bis Westen. Es waren auch hier die 
theilweise von mir schon von Ssigaun gesehenen 
Massive des Bismarckgebirges sichtbar. Vor dem- 
  
selben lag eine weite Ebene, jedenfalls das Thal 
eines großen Flusses. Die Frage war, ob dieser 
Fluß nach Süd oder Nord seinen Lauf nähme, im 
ersteren Fall war der Markham erreicht. 
Am 5. Juli schickte ich 16 Mann mit den bisher 
gemachten Sammlungen nach Stephansort zurück, 
die auch wohlbehalten eintrafen. Für den hier 
zurückzulassenden Proviant und Leute war ein festes 
Haus-erbaut worden, das gegen Ueberfälle guten 
Schutz bot. 
Am 6. Juli brachen wir mit dem Gros auf, 
56 Lasten blieben unter Bewachung dreier zuver- 
lässiger Melanesen zurück. Wir folgten dem Fluß, 
dessen Lauf im Wesentlichen westliche Richtung hat, 
etwa 20 km und erreichten so die vorher gesehene 
Ebene. Das Flußbett war hier stellenweise 100 m 
breit. Da große Windungen und theilweise sumpfiger 
Grund das Vorwärtskommen sehr verlangsamten, 
verließen wir am 8. Juli den Fluß. In südsüd- 
westlicher Richtung, durch prachtvollen Hochwald 
vordringend, stießen wir bald auf Eingeborenenpfade, 
passirten ein kleines Dorf und hierauf einen aus- 
gedehnten mit Sagopalmen und Rotang dicht be- 
wachsenen Sumpf. Das Durchkriechen dieses stache- 
lichten Dickichts war besonders für die Träger 
äußerst anstrengend. Gegen Abend erreichten wir 
glücklicherweise ein auf einer Anhöhe gelegenes 
kleines Dorf. Die Eingeborenen dieser Gegend 
ließen sich nirgends blicken. Nach elnem weiteren 
Marsch von etwa 10 km auf Eingeborenenpfaden 
durch ebenes, von kleineren Flüssen durchschnittenes 
Land erreichten wir einen großen Strom von 100 m 
Breite und 1 bis 4 w Tiefe, an dessen jenseitigem 
Ufer die gewaltigen Massen des Bismarckgebirges 
steil emporstiegen. Der Strom floß nach Nord- 
westen. Es war also vermuthlich ein neuer Fluß, 
der möglicherweise seinen Lauf nach dem englischen 
Gebiet nahm. Unser Standpunlt lag nur etwa 
100 m über dem Meere. Da dieser Fluß in Ver- 
bindung mit seiner ausgedehnten Alluvialebene für 
das Schutzgebiet großen Nutzen versprach, beschlossen 
wir, Kanus zu bauen und seinen Lauf soweit wie 
möglich zu erforschen. 
Bis zum 2. August hatten wir 15 Kanus voll- 
endet und allen Proviant nachgeholt. Am 3. August 
brachen wir insgesammt flußabwärts auf. Reißende 
Strömung und viele im Fluß liegende Treibholz- 
stämme nöthigten mich, nach zweil Tagen einige 
Kanus mit im Rudern ungewandten Leuten nebst 
Proviant und Sammlungen an einem geeigneten 
Platz zurückzulassen. Dank der Geschicklichkeit der 
übrigen ging die weitere Stromfahrt ohne Unfall 
von Statten. Der Strom fließt zunächst etwa 
200 km in nordwestlicher Richtung, dann biegt er 
nach Norden ab. Am linken Ufer tritt das Bis- 
marckgebirge und 1000 bis 2000 m hohe Ausläufer 
desselben theilweise dicht an ihn heran. Eine Anzahl 
wasserreicher Nebenflüsse strömen ihm von hier zu. 
Nach Nordosten und Norden liegt ebenes Land.
	        
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