Full text: Deutsches Kolonialblatt. XI. Jahrgang, 1900. (11)

meinen Gesetzgebung gegen ihn vorzugehen. Wenn 
dagegen die Verträge unter Zuziehung und mit 
Billigung der Behörde abgeschlossen sind, so wird 
diese auch eingreifen, um in der in den folgenden 
Artikeln besonders festgesetzten Form die Erfüllung 
der Festsetzungen des Vertrages zu sichern und deren 
Nichterfüllung zu bestrafen. 
Einziger Paragraph. Die einzigen zuständigen 
Behörden, die bei der Abschließung eines Vertrages 
über Dienstleistung der Eingeborenen mitwirken 
können, sind die Anwälte für Dienende und Ansiedler 
und ihre Beauftragten. 
Art. 16. Die Verträge, welche die Dienenden 
verpflichten, außerhalb des Gerichtsbezirks, in dem 
sie ihren Wohnsitz haben, Dienste zu leisten, können 
nur unter Mitwirkung der Staatsbehörde abgeschlossen 
werden. 
Art. 17. Die Anwälte für Dienende und An- 
siedler werden nur auf Wunsch der Parteien bei 
Verträgen über Dienstleistung mitwirken sowie, 
nachdem bezeugt worden ist, daß beide Theile frei- 
willig der Gesammtheit sowie jeder einzelnen der 
Bestimmungen, denen sie sich unterwerfen, zustimmen. 
Zu verweigern ist, daß alle jene Verträge aufgestellt 
und genehmigt werden, bei denen Nichtigkeitsgründe 
vorliegen, sowie diejenigen, die nicht klare und be- 
stimmte Festsetzungen enthalten, durch welche ge- 
regelt wird: 
1. die fünf Jahre nicht überschreitende Zeitdauer, 
während welcher die Verpflichtung zu der betreffen- 
den Dienstleistung erfolgen soll; 
2. die Art des Dienstes; 
3. die Geldentschädigung; 
4. die Oertlichkeit oder die Oertlichkeiten, wo 
der Dienst zu leisten ist. 
§ 1. Alle unter Mitwirkung der Behörde ab- 
geschlossenen Verträge über Dienstleistungen müssen 
auch Bestimmungen enthalten, welche die Dienstherren 
verpflichten: 
1. dem Dienenden Hülfe zu leisten oder ihn be- 
handeln zu lassen, wenn er krank wird oder nicht 
selbst für sich sorgen kann, oder wenn er keine 
Familie an dem Ort hat, wo er wohnt, noch sonstige 
Hülfsmittel besitzt; 
2. unter entsprechendem Lohnabzug für den Unter- 
halt des Dienenden zu sorgen, falls an dem Ort, 
wo er dient, eine Nahrungsnoth besteht; 
3. ihm gesunde Wohnung und gesunde und reich- 
liche Nahrung zu gewähren, wenn er sich verpflichtet 
hat, ihn zu beköstigen und ihm Unterkunft zu ge- 
währen; 
4. sich gewissenhaft zu enthalten, ihn direkt oder 
indirekt zu zwingen, dem Dienstherrn oder seinen 
Agenten irgend welche Waaren abzukaufen, die er 
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braucht oder mit denen er sich zu versehen wünscht; 
5. ihm nicht den Lohn oder einen Theil davon 
einzubehalten, noch unter irgend einem Vorwande 
sich eines Gegenstandes, der dem Dienenden gehört, 
zu bemächtigen. 
– — Ü 
8 2. Die örtlichen Vorschriften können be- 
stimmen, daß in die Verträge Abmachungen aufge- 
nommen werden, welche für Dienende und Dienst- 
herren verbindlich sind, trotzdem sie in diesem Artikel 
nicht erwähnt sind, vorausgesetzt, daß sie mit den 
Bestimmungen dieses Gesetzes nicht im Widerspruch 
stehen. 
Art. 18. Die Personen, welche unter Zuziehung 
der Staatsbehörde Eingeborene für häuslichen und 
bezahlten Dienst dingen, sind dieser Behörde gegen- 
über verantwortlich, nicht nur streng alle Verpflich- 
tungen, welche sie durch den Vertrag eingehen, 
sondern auch die sittlichen Pflichten einer wohl- 
wollenden Bevormundung gegenüber den Eingeborenen 
zu erfüllen und alle möglichen Mittel anzuwenden, 
um deren Erziehung zu verbessern. Sie sollen sie 
dabei mit Maß zurecht weisen, als wenn sie Kinder 
wären. 
Einziger Paragraph. In diesem Sinne können 
die örtlichen Vorschriften bestimmen, daß die Dienst- 
herren, welche viele Arbeiter beschäftigen, besondere 
Mittel für deren geistige und sittliche Vervoll- 
kommnung, zum Beispiel durch Schule und Religions- 
unterricht, aufwenden. 
Art. 19. Durch die Thatsache, daß der Ver- 
trag vor der Staatsbehörde abgeschlossen wird, er- 
halten die Dienstherren die Berechtigung, die Er- 
füllung der von den Dienenden eingegangenen 
Verpflichtung zu sichern oder innerhalb des Gesenzes 
gegen die Nichterfüllung dieser Verpflichtung vor- 
zugehen. In dieser Hinsicht ist ihnen erlaubt: 
1. Die Dienenden, die sich gegen das Strafgeset 
vergangen haben, festzunehmen und sofort als Ge- 
fangene der Verwaltungsbehörde zuzuführen; 
2. unter Anwendung der hierfür nothwendigen 
Mittel zu verhindern, daß dieselben vor Ablauf ihres 
Vertrages entweichen, falls sie nicht einen berechtigten 
Grund haben, sich zu entfernen, und sie nach etwa 
erfolgter Entweichung wieder einzufangen; 
3. den Anwälten und ihren Beauftragten die- 
jenigen Dienenden vorzuführen, die nach erfolgter 
Entweichung wieder eingefangen sind, die sich zu 
arbeiten weigern oder die einen Schaden, den sie 
verursacht haben und ersetzen müssen, zu ersetzen sich 
weigern; 
4. sowohl während als außerhalb der Arbeits- 
zeit diejenigen unter Bewachung zu halten, die zu 
entweichen versucht oder deutlich die Absicht kund- 
gegeben haben, dies zu thun; 
5. sie in maßvoller Weise für Vergehen zu be- 
strafen und die nöthigen Vorkehrungen zu treffen, 
um sie von der Trunksucht, dem Spiel und anderen 
Lastern und üblen Gewohnheiten abzulenken, die 
ihnen schweren körperlichen oder sittlichen Schaden 
zufügen könnten. 
8 1. Es ist indessen den Dienstherren ausdrück- 
lich verboten, die Dienenden zu mißhandeln, sie an 
ungesunden Orten in Gewahrsam zu halten, ihnen 
Handfesseln, Fußeisen, Halseisen oder sonstige Ge-
	        
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