Zeugenaussagen sämtliche Beteiligte nach Nacharunep
gezogen und haben hier den P. Rutten ermordet.
Am 14. August kam die Nachricht von dem
Mordüberfall nach Herbertshöhe. Die hier befind-
liche Polizeltruppe von 20 Mann wurde sofort
unter Führung des Sekretärs Sigwanz mit der von
der Neu-Guinea-Kompagnie ermieteten Dampfpinasse
„Warangol“ nach dem Tatorte abgesandt. Ich er-
hielt die Nachricht von der Mordtat am 14. August
in Wunawutung, auf der Nordküste der Gazellen-
halbinsel, wo ich mich auf einer Dienstreise befand,
und begab mich sofort nach Herbertshöhe. Hier traf
ich bald nach Abfahrt der Polizeitruppe eln und
begab mich mit einer von einer andern Firma er-
mieteten Pinasse ebenfalls sofort an den Tatort,
wobei mich der Vorsteher des Lloydunternehmens
im Simsonhafen, Kapitän Meßner, begleitete. Am
Nachmittag des 15. August wurden Massawa und
Wunamarita erreicht. Hier machte mir P. Van der Aa
nähere Angaben über die Mordtat und tellte mir
mit, daß die von hier abgesandte Expedition die
Mörder in der Richtung nach Nacharunep verfolge,
wo sie laut Nachrichten von den Eingeborenen im
Plündern begriffen selen. Ich beschloß darauf, in
entgegengesetzter Richtung den Mördern entgegen-
zutreten. Ich ließ mich zu diesem Zweck in der
Lassulbucht landen und gelangte, durch die Loan-
berge marschierend, nachmittags gegen 6 Uhr auf
der Station des Trappistenbruders Matthias Folger
in Marienhöhe an. Diese Station war mit Aus-
nahme einiger dem Bruder vom Gouvernement zum
Wegebau zur Verfügung gestellter Spaten, Schaufeln
und Hacken vollständig ausgeraubt, die angenagelten
Kasten zertrümmert. Die Stationsgebäude waren
unversehrt. An diesem Abend wurden noch die
Hütten in der Nähe sowie die Gegend nach Ein-
geborenen abgesucht, doch wurde niemand angetroffen;
dagegen wurden bei Durchsuchung der Hütten ver-
schiedene, dem Bruder Folger gehörige Gegenstände,
wie Kleldungsstücke, Photographien und dergleichen
vorgefunden. Doa frische Fußspuren von Elngeborenen
darauf hinwiesen, daß sie in kürzester Zelt sich in
das Massaurumgebirge geflüchtet hatten, wurde auch
hier Nachschau gehalten, jedoch ohne Erfolg. Die
Eingeborenen hatten sich offenbar in dichtem Busche
versteckt. Es wurde nunmehr der Marsch über die
Höhen des Gidingberges in der Richtung nach
Nacharunep, der Station des ermordeten P. Rutten
forlgesetzt unter Durchsuchung der auf dem Wege
gelegenen Hütten. Beinahe in jeder Hütte wurden
geraubte Gegenstände vorgefunden, Altarleuchter,
Meßbücher, Kommunionbilder, Rosenkränze, Medaillen
u. a. m., ebenfalls ein Zeichen dafür, daß die Ein-
geborenen dieser Gegend sich an dem Morde und
der Plünderung der Missionsstation Nacharunep
beteiligt hatten.
Am Spätnachmittag traf ich in Nacharunep ein
und mit der inzwischen dort eingetroffenen Polizei-
truppe zusammen. Auf dieser Station war ebenfalls -1
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alles ausgeraubt, die Vorderveranda des Hauses
vollständig mit Blut besprengt. Die Leiche P. Ruttens
lag mit nur wenig Erde bedeckt vor dem Hause.
Die Schüler und Hausjungen des Paters, darunter
auch der von P. Rascher dem P. Rutten als Koch
zur Verfügung gestellte To Mekmek aus St. Paul,
waren sämtlich geflüchtet. Einige mit der Polizei-
truppe eingetroffene Flüchtlinge aus St. Paul
meldeten, daß die Mörder sich in den Gawitbergen
aufhielten. Ich marschierte nun mit einem Teil der
Pollzeitruppe dorthin. In Nacharunep blieb zur
Deckung ein inzwischen eingetroffenes Detachement
von S. M. S. „Möve“ zurück. Eine Absuchung des
nächstliegenden Teiles des Gebirges blieb ebenfalls
ohne Ergebnis. Die Leute von Gawit selbst er-
klärten, daß die Baininger nicht zu ihnen flüchten
würden, da sie mit ihnen nicht in freundschaftlichen
Beziehungen ständen. Die Polizeitruppe kehrte
deshalb über Marienhöhe nach Nacharunep zurück.
Da Anzeichen vorhanden waren, daß die Mörder
sich noch in unmittelbarer Nähe aufhalten müßten,
wurden die Schluchten der Berge Rutki und Giding
sowie das Tal des Nabung durchstreift. Hlerbei
wurden mehrere Trupps Eingeborener angetroffen,
die teils flüchteten, teils sich zur Wehr setzten. Bei
den Zusammenstößen wurden etwa acht Eingeborene
getötet. Der als Dolmetscher beigezogene Baininger
To Kulen will in einem der Gefallenen einen der
Haupträdelsführer, Damkam, erkannt haben. Alle
übrigen Gefallenen waren Eingeborene aus dem
zwischen den Stationen Nacharunep und St. Paul
gelegenen Karagebirge. Eine Durchsuchung auch
dieses Gebirges erschien daher unerläßlich. Von
Nacharunep aus wurde deshalb in vier Abteilungen,
von denen die eine durch mich, die übrigen durch
den Oberleutnant Klüpfel und Matrosen des in
Nacharunep stationterten Detachements geführt
wurden, eine vollständige Durchstreifung des Kara-
gebirges vorgenommen. In fast sämtlichen Hütten,
die die Abtellungen passierten, wurden Kleidungs-
stücke von Missionaren und Schwestern, Meßgewänder,
Kelche und Altarbücher vorgefunden. Die Ein-
geborenen setzten sich mehrfach auf den Bergkämmen
zur Wehr. Es wurden dabei noch sieben Ein-
geborene getötet. Da nach diesen Wahrnehmungen
keln Zweifel mehr bestand, daß die Mörder in der
Tat sich noch in den Bergschluchten in unmittelbarer
Nähe der Stationen versteckt hlelten, wurde der
inzwischen von Herbertshöhe eingetroffene Polizei=
meister Schaper mit 12 Polizeljungen in Nacharunep
zu weiterer Nachforschung in dem benachbarten Ge-
lände zurückgelassen.
Nach einem am 22. Oktober über Sydney ein-
gegangenen Telegramm des Kaiserlichen Gouverneurs
Dr. Hahl ist die Verfolgung der bei dem überfall
der Missionsstationen beteiligt gewesenen Eingeborenen
beendet. Die Schuldigen sind sämtlich bestraft, die
Mörder hingerichtet.