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sich auf die nächste, die, unmittelbar unter der
oben verlassenen Leiter an derselben Wand des
Schachtes wie jene befestigt, zum nächsten Absatzt
hinabführt. Bei zwanzig Meter Tiefe ist man
auf der ersten Sohle angelangt. Man schreitet
in der Sohle entlang, von der aus nach rechts
und links etwa alle zehn Meter Querschläge von
verschiedener Länge getrieben sind. Auf das
Aussehen des Gesteines einmal aufmerksam ge-
macht, erkennt man beim Scheine der Kerze
leicht, wo man sich in dem Erz befindet und
wo im Nebengestein. Man kommt hier auch zu
dem Schacht, aus dem das Erz' in dem eisernen
Eimer emporgewunden wird. Emporschauend
sieht man die Windevorrichtung, die die Winde
bewegenden Arme der Schwarzen und als Hinter-
grund den blauen Himmel. Zurück geht es zum
Steigeschacht und weiter hinunter bis zur zweiten
Sohle, die fünfzig Meter unter der Oberfläche
liegt. Auf dieser Sohle durchschreiten wir auf
eine Länge von 60 Metern dem Ansehen und
den bisherigen Proben nach ungemein reiches
massives Kupfererz, dessen Mächtigkeit durch
die Querschläge auf zwanzig bis fünfundzwanzig
Meter nachgewiesen wird. Auch noch auf der
dritten und zur Zeit letzten Sohle in siebzig
Meter Tiefe, auf der schon eine rechk merkliche
Temperaturerhöhung wahrnehmbar ist, findet man
das Erz reichlich anstehend. Am Ende der
Sohle brechen sehnige schwarze Gestalten unter
Anleitung eines Weißen mit Hammer und Meißel
das Gestein los. Bald sind wir durch den
Steigeschacht, dessen Dimensionen 1,25 Meter zu
1,85 Meter sind, zum Tageslicht zurückgekehrt.
Die Arbeiten, die wir gesehen haben, sind Auf-
schlußarbeiten, durch die die Ausdehnung des
Lagers von Kupfererz festgestellt werden soll.
Der tatsächliche Abbau des Erzes soll im Tage-
bau geschehen. Der Hauptförderschacht wird der
oben erwähnte, jetzt in der Ausführung begriffene
sein, während die ebenfalls bereits erwähnte
schiefe Ebene wesentlich zum Herausschaffen des
tauben Gesteines dienen soll. Einstweilen wird
erst nur noch aus der ersten, der 20 Metersohle,
das Erz gefördert und die Sohle vertieft. Die
weiteren Förderarbeiten werden dann mit den
aufzustellenden Maschinen betrieben werden.
Das Streichen der Lagerstätte geht in einer
Länge von etwa 150 Mctern von Osten nach
Westen und das Einfallen von Norden nach
Süden.
Die Kupferlagerstätte von Tsumeb ist durch
den Buschmannskapitän Johannes Krüger zu
Gaub entdeckt worden. Die Ovambos holten
ihr Kupfer von Groß-Otawi. Die Lagerstätte
von Tsumeb mußte durch die Beschaffenheit des
zutage tretenden Gesteins den Blick eines jeden,
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der an die Stelle kam, auf sich lenken. Die
ersten Arbeiten zu einer Erforschung der Lager—
stätte wurden durch eine im Auftrage der South
West Africa Company ausgeführte Expedition von
Kapt. Rogers etwa 1895 vorgenommen. Da—
mals wurden zwei Schächte von 20 Meter Tiefe
getrieben. Dann folgte 1900 die große Expe-
dition von Christopher James, die etwa ein
Jahr lang tätig war, die Rogersschen Schächte
weiter ausarbeitete und neue Aufschlußarbeiten
vornahm. Auf Grund der Berichte von James
reifte der Entschluß zum Bau der nunmehr voll-
endeten Eisenbahn durch die inzwischen gegründete
Otawi-Minen= und Eisenbahn-Gesellschaft.
Es dürfte kaum ein zweites Bergbau-Unter-
nehmen geben, das sich gestatten durfte, zunächst
nur zum Transport seiner Erzförderung eine
Eisenbahn von nahezu 600 km Länge an-
zulegen und noch dazu bei den schwierigen
afrikanischen Verhältnissen. Freilich wird in der
Praxis die Tätigkeit und der Nutzen der Eisen-
bahn sich nicht allein auf die Erzförderung be-
schränken. Der durch die Eisenbahn erschlossene
Landbesitz der Sonth West Africa Company erfährt
natürlich eine erhebliche Wertsteigerung, und die
Inanspruchnahme der Bahn durch den Verkehr
anßerhalb der besonderen Bedürfnisse von Tsumeb
wird sic vielleicht allein schon rentabel machen.
Immerhin aber dokumentiert sich das Vertrauen
in den Reichtum der Minen am deutlichsten
durch den Banu der Eisenbahn. Und dieses Ver-
trauen hat, soweit man urteilen kann, durch den
Fortschritt der Aufschlußarbeiten immer stärkeren
Rückhalt gefunden.
Tsumeb muß das Herz eines jeden, der die
südwestafrikanische Kolonie liebt und auf ihre
Entwicklung hofft, mit Freude erfüllen. Es ist
das erste große, die Gesamtwirtschaft des Landes
beeinflussende Privatunternehmen, das aus sich
selbst heraus Lebenskraft schöpft. Während wir
sonst immer auf das Verlangen nach Unterstützung
und Förderung durch den Staat stießen, ist hier
der einzige Wunsch, daß der privaten Tätigkeit
freier Raum gelassen werde. Und ein solches
Arbeiten brauchen wir in der Kolonie, um vor-
wärts zu kommen; ein Arbeiten aus eigener
Kraft, das sich so frei entwickeln darf, als es
irgend mit dem allgemeinen Interesse vereinbar
ist. So möge Tsumeb gedeihen, dem Unternehmen
und dem ganzen Lande zum Segen!