Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

W 34 
sich auf die nächste, die, unmittelbar unter der 
oben verlassenen Leiter an derselben Wand des 
Schachtes wie jene befestigt, zum nächsten Absatzt 
hinabführt. Bei zwanzig Meter Tiefe ist man 
auf der ersten Sohle angelangt. Man schreitet 
in der Sohle entlang, von der aus nach rechts 
und links etwa alle zehn Meter Querschläge von 
verschiedener Länge getrieben sind. Auf das 
Aussehen des Gesteines einmal aufmerksam ge- 
macht, erkennt man beim Scheine der Kerze 
leicht, wo man sich in dem Erz befindet und 
wo im Nebengestein. Man kommt hier auch zu 
dem Schacht, aus dem das Erz' in dem eisernen 
Eimer emporgewunden wird. Emporschauend 
sieht man die Windevorrichtung, die die Winde 
bewegenden Arme der Schwarzen und als Hinter- 
grund den blauen Himmel. Zurück geht es zum 
Steigeschacht und weiter hinunter bis zur zweiten 
Sohle, die fünfzig Meter unter der Oberfläche 
liegt. Auf dieser Sohle durchschreiten wir auf 
eine Länge von 60 Metern dem Ansehen und 
den bisherigen Proben nach ungemein reiches 
massives Kupfererz, dessen Mächtigkeit durch 
die Querschläge auf zwanzig bis fünfundzwanzig 
Meter nachgewiesen wird. Auch noch auf der 
dritten und zur Zeit letzten Sohle in siebzig 
Meter Tiefe, auf der schon eine rechk merkliche 
Temperaturerhöhung wahrnehmbar ist, findet man 
das Erz reichlich anstehend. Am Ende der 
Sohle brechen sehnige schwarze Gestalten unter 
Anleitung eines Weißen mit Hammer und Meißel 
das Gestein los. Bald sind wir durch den 
Steigeschacht, dessen Dimensionen 1,25 Meter zu 
1,85 Meter sind, zum Tageslicht zurückgekehrt. 
Die Arbeiten, die wir gesehen haben, sind Auf- 
schlußarbeiten, durch die die Ausdehnung des 
Lagers von Kupfererz festgestellt werden soll. 
Der tatsächliche Abbau des Erzes soll im Tage- 
bau geschehen. Der Hauptförderschacht wird der 
oben erwähnte, jetzt in der Ausführung begriffene 
sein, während die ebenfalls bereits erwähnte 
schiefe Ebene wesentlich zum Herausschaffen des 
tauben Gesteines dienen soll. Einstweilen wird 
erst nur noch aus der ersten, der 20 Metersohle, 
das Erz gefördert und die Sohle vertieft. Die 
weiteren Förderarbeiten werden dann mit den 
aufzustellenden Maschinen betrieben werden. 
Das Streichen der Lagerstätte geht in einer 
Länge von etwa 150 Mctern von Osten nach 
Westen und das Einfallen von Norden nach 
Süden. 
Die Kupferlagerstätte von Tsumeb ist durch 
den Buschmannskapitän Johannes Krüger zu 
Gaub entdeckt worden. Die Ovambos holten 
ihr Kupfer von Groß-Otawi. Die Lagerstätte 
von Tsumeb mußte durch die Beschaffenheit des 
zutage tretenden Gesteins den Blick eines jeden, 
  
20 
der an die Stelle kam, auf sich lenken. Die 
ersten Arbeiten zu einer Erforschung der Lager— 
stätte wurden durch eine im Auftrage der South 
West Africa Company ausgeführte Expedition von 
Kapt. Rogers etwa 1895 vorgenommen. Da— 
mals wurden zwei Schächte von 20 Meter Tiefe 
getrieben. Dann folgte 1900 die große Expe- 
dition von Christopher James, die etwa ein 
Jahr lang tätig war, die Rogersschen Schächte 
weiter ausarbeitete und neue Aufschlußarbeiten 
vornahm. Auf Grund der Berichte von James 
reifte der Entschluß zum Bau der nunmehr voll- 
endeten Eisenbahn durch die inzwischen gegründete 
Otawi-Minen= und Eisenbahn-Gesellschaft. 
Es dürfte kaum ein zweites Bergbau-Unter- 
nehmen geben, das sich gestatten durfte, zunächst 
nur zum Transport seiner Erzförderung eine 
Eisenbahn von nahezu 600 km Länge an- 
zulegen und noch dazu bei den schwierigen 
afrikanischen Verhältnissen. Freilich wird in der 
Praxis die Tätigkeit und der Nutzen der Eisen- 
bahn sich nicht allein auf die Erzförderung be- 
schränken. Der durch die Eisenbahn erschlossene 
Landbesitz der Sonth West Africa Company erfährt 
natürlich eine erhebliche Wertsteigerung, und die 
Inanspruchnahme der Bahn durch den Verkehr 
anßerhalb der besonderen Bedürfnisse von Tsumeb 
wird sic vielleicht allein schon rentabel machen. 
Immerhin aber dokumentiert sich das Vertrauen 
in den Reichtum der Minen am deutlichsten 
durch den Banu der Eisenbahn. Und dieses Ver- 
trauen hat, soweit man urteilen kann, durch den 
Fortschritt der Aufschlußarbeiten immer stärkeren 
Rückhalt gefunden. 
Tsumeb muß das Herz eines jeden, der die 
südwestafrikanische Kolonie liebt und auf ihre 
Entwicklung hofft, mit Freude erfüllen. Es ist 
das erste große, die Gesamtwirtschaft des Landes 
beeinflussende Privatunternehmen, das aus sich 
selbst heraus Lebenskraft schöpft. Während wir 
sonst immer auf das Verlangen nach Unterstützung 
und Förderung durch den Staat stießen, ist hier 
der einzige Wunsch, daß der privaten Tätigkeit 
freier Raum gelassen werde. Und ein solches 
Arbeiten brauchen wir in der Kolonie, um vor- 
wärts zu kommen; ein Arbeiten aus eigener 
Kraft, das sich so frei entwickeln darf, als es 
irgend mit dem allgemeinen Interesse vereinbar 
ist. So möge Tsumeb gedeihen, dem Unternehmen 
und dem ganzen Lande zum Segen!
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.