Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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findlicher Anlagen an. Allerdings kann nicht 
verschwiegen werden, daß mehrere dieser kleinen 
Besitzer mit ihrem Erfolge nicht recht zufrieden sind. 
Nach dem Innern zu verspricht zunächst eine An- 
lage des griechischen Ingenieurs Skutari Erfolg. 
Gerade die Griechen haben sich in der Anlernung 
der Eingeborenen, vielleicht infolge eines ver- 
wandteren Temperaments, gut bewährt. Die 
diesjährige Ernte auf dieser Plantage wird vom 
Eigentümer auf 400 Ballen geschätzt. Weiterhin 
an der Linie der im Bau begriffenen Zentralbahn, 
in Kilossa, welches im Laufe des nächsten Jahres 
von den Schienen erreicht wird, liegt die mit 
großen Mitteln angelegte Plantage des Kom- 
merzienrats Heinrich Otto aus Stuttgart. Ein 
aus zwei Lokomobilen bestehender Dampfpflug- 
satz größten Kalibers ist zur Zeit dort an der 
Arbeit. Für künstliche Bewässerung ist für den 
Notfall das Erforderliche vorgesehen. 
Im Tanga= und Pangani-Bezirk wird die 
Baumwolle als Zwischenkultur gebaut. Die 
Eigentümer sind nicht unzufrieden, ob der Bau 
aber tatsächlich rentabel ist, kann erst die Zukunft 
lehren. Die Anlagen am Victoria-Nyansa sind 
unerheblich. Die Pflanzung Wiegand in der 
Landschaft Nera krankt daran, daß die Einge- 
borenen für die erhebliche Arbeit, welche mit dem 
Pflanzen und Pflücken verbunden ist, einen nach 
ihren Begriffen hinreichenden Lohn nicht erhalten. 
Sehr erheblich ist die Eingeborenenproduktion; 
sie liefert bisher den Hauptteil der Ausfuhr. Be- 
sonders im Bezirk Mohoro an der Mündung des 
Rufiji arbeiten Eingeborene — unterrichtet von dem 
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee, besonders von 
der Ackerbauschule von Panganya — an der 
Bestellung von wohl 1000 ha. Die Eingeborenen 
widmen sich durchaus fleißig und sachverständig 
ihrer Aufgabe und können in diesem Jahre an 
1600 Ballen Baumwolle zum Verkauf bringen. 
Die Zukunft der Kultur liegt wie bei manchen 
anderen Zweigen unserer Kolonialwirtschaft in einer 
zweckentsprechenden Verwendung der menschlichen 
Intelligenz und Kräfte. Es ist bemerkenswert, 
daß gerade am Rufiji die Pflugkultur — eine 
Einführung des genannten Kolonial-Wirtschaftlichen 
Komitees — an Boden gewonnen hat, wodurch 
natürlich die Leistungsfähigkeit des Arbeiters 
gegenüber dem bisherigen Hackbau vervielfacht 
wird. Hier am Rufiji kann auf eine weitere Aus- 
dehnung der Baumwollproduktion mit Sicherheit 
gerechnet werden. Auch im südlichen Unjamwesi 
wie in Useguha und in anderen Landschaften ist 
der Baumwollbau als Eingeborenenkultur schon 
lange heimisch. 
Obgleich alle jene aufgeführten europäischen 
Unternehmungen erst am Anfang ihrer Tätigkeit 
stehen und nur geringe Bruchteile ihres Areals be- 
  
pflanzen, und obwohl erst die Eisenbahnen den 
Negern des Innern die nötigen Preise und den 
damit verbundenen Anreiz bringen werden, kann 
man auf diesen Anfang mit Freude und Genug- 
tuung blicken, zumal Boden in einer beträchtlichen 
Ausdehnung zur Verfügung steht. 
Ich glaube, nicht zuviel zu sagen, wenn ich 
für die kommende Kampagne in Ostafrika eine 
Produktion von mindestens 5000 Ballen ägyptischer 
Baumwolle voraussage. Damit haben wir unsere 
Nachbarkolonien Britisch-Ostafrika und Uganda 
um das Doppelte geschlagen, und wenn das auch 
nur einen kleinen Bruchteil unseres Bedarfes dar- 
stellt, so ist doch daran zu erinnern, daß eine derartige 
Produktion noch vor zwei oder drei Jahren als 
gänzlich unwahrscheinlich angesehen wurde. 
Auch in Westafrika haben wir in der Baum- 
wollenerzeugung die Nachbarkolonien zum Teil 
überholt. Senegal, Obersenegal und Dahomey 
produzierten 1907 zusammen noch nicht so viel wie 
unser Togo allein. Nur Nigerien hat eine größere 
Produktion, die sich von 11 000 K im Jahre 1902 
auf 97000 2 im Jahre 1907 gesteigert hat und 
auf die in England große Hoffnungen gesetzt werden. 
Die Zeit verbietet mir, auf diese wichtige 
Angelegenheit des weiteren einzugehen, und ich 
wende mich nunmehr nach Togo, wo die Baum- 
wolle, von der dort gleichfalls über 90 v. H. Ein- 
geborenenkultur ist, dauernde Fortschritte macht. 
Auch hier wird man im Jahre 1909 vielleicht 
auf 2000 Ballen kommen. Die Beamten haben 
sich gerade dieser Kultur mit besonderer Liebe 
angenommen. Togo krankt noch etwas daran, 
daß über die Wahl der dort fortkommenden höchst- 
wertigen Sorten keine allgemeine Klarheit besteht. 
Aber auch hier kann man mit dem Resultat nicht 
unzufrieden sein. Ist doch die Ausfuhr von 
32 000 kg = 37000 .K im Jahre 1903 auf 
281 000 kg = 230 000 % im Jahre 1907 
gestiegen. Die auch in Togo, insbesondere auf 
der Baumwollschule zu Nuatjä, in Angriff ge- 
nommene Pflugkultur wird eine weitere Stei- 
gerung herbeiführen und die Lust an der Pro- 
duktion bei dem besonders erwerbsfreudigen 
Togoneger erhöhen. 
In Kamerun, wo gleichfalls Baumwollboden 
in größerem Umfange vorhanden ist, ist man über 
das Versuchsstadium noch nicht hinausgekommen. 
Hier liegt das Haupthindernis in der kolossalen 
Entfernung des Adamaua-Bezirks, in dem die 
Baumwolle teils wild, teils als Volkskultur wächst, 
von den Ausfuhrhäfen an der Küste. Diese Ent- 
fernung erschwert einerseits eine zweckentsprechende 
Verwertung, anderseits hat sie bisher eine hin- 
reichende Einwirkung der Verwaltung kaum ge- 
stattet. Vorschläge des Kolonial-Wirtschaftlichen 
Komitees sollen dem letztgenannten Ubelstand zu-
	        
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