Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Lippert, der Kapregierung mitzuteilen, daß Angra 
Pequena und die übrigen Erwerbungen von 
Lüderitz unter deutschem Schutze ständen. Wenn 
wir uns heute mit Bescheidenheit des Errungenen 
freuen, wenn wir mit Ernst an die vielen großen 
Aufgaben herantreten, die ich im Laufe meines 
Vortrages Ihnen angedeutet habe, so geziemt 
es uns auch, jenes großen Toten zu gedenken, 
dessen Kraft und Energie uns unsere überseeischen 
Besitzungen verschafft hat. Wir können das nicht 
besser tun, als dadurch, daß wir uns diejenigen Ziel- 
punkte beständig vor Augen halten, die jener Fürst 
in seinen großen programmatischen Kolonialreden 
vom 30. Januar und 14. März 1885 aufgestellt hat. 
Danach sollen die Kolonien ein neues Hilfsmittel 
zur Entwicklung der deutschen Schiffahrt, des 
deutschen wirtschaftlichen Lebens und des deutschen 
  
Exportes bilden. Sie sollen die Gewinnung 
neuer Absatzmärkte für die deutsche Industrie und 
die Ausdehnung des Handels befördern und ein 
Tor für deutsche Arbeit, deutsche Zivilisation und 
deutsches Kapital offen halten. Einen Erfolg 
seiner kolonisatorischen Ideen wollte der Fürst 
aber nur dann voraussagen, wenn hinter der 
Politik ein starker nationaler Wille stehe, und 
der Impuls für sie aus der Nation selbst 
herauskomme. 
Ich glaube, meine Herren, heute ist nach 
mancher schweren Zeit beides vorhanden. Lassen 
Sie uns kräftig und zuversichtlich auch in unserem 
Teil an unserer kolonialen Entwicklung weiter- 
arbeiten: im Sinne des Programms des großen 
Kanzlers. 
  
Südwestafrikanische Eindrücke. 
Vortrag Sr. Erzellenz des Herrn Staatssekretärs Dernburg, gehalten vor der Deutschen Kolonialgesellschaft 
im Reichstag am 21. Januar 1909. 
Als von seiten des hohen Präsidenten der Ab- 
teilung Berlin-Charlottenburg der Deutschen Ko- 
lonialgesellschaft und von Mitgliedern der deutschen 
Volksvertretung an mich der Wunsch herangetreten 
ist, über meine südwestafrikanische Reise Bericht 
zu erstatten, habe ich gern ja gesagt. Ist doch 
kein Schutzgebiet des Deutschen Reiches so lange 
mit erheblichem Zweifel betrachtet worden, keines 
hat so viel Opfer an Blut und Leben gefordert, 
keines der Heimat so große Kosten verursacht und 
keines wird, insbesondere im Lichte der letzten 
Entdeckungen, mit so viel Interesse verfolgt wie 
unsere Ansiedlungskolonie Südwest. Es ist dem- 
nach geradezu meine Pflicht, auch vor dem deut- 
schen Volke Rechenschaft zu geben über das, was 
ich auf meiner Reise gesehen habe. Aber es ist 
unmöglich, im Rahmen eines Vortrages alle die- 
jenigen Dinge zu berühren, über welche man 
wohl näheres wissen möchte. 
Meine Reise, die im ganzen vier Monate ge- 
dauert hat, und auf der ich ungefähr 36 000 km 
zu Schiff, in der Bahn, zu Fuß, zu Pferd und 
zu Wagen zurückgelegt habe, hat eine solche Fülle 
von, wie ich gern zugestehe, zum Teil noch in 
der Verarbeitung begriffenen Eindrücken gezeitigt, 
daß es mir gestattet sein möge, unter dem als 
Thema meines heutigen Vortrages gewählten 
Namen „Eindrücke aus Südwestafrika“ die wich- 
tigsten Ergebnisse herauszugreifen. 
Meine Reise war eine Winterreise. Sie führte 
mich zunächst in das Schutzgebiet an denjenigen 
Zipfel, welcher mit Recht als der wenigst begünstigte 
angesehen wird, und zu einer Zeit, wo nach einer 
  
14 monatlichen absoluten Regenlosigkeit und unter 
den Nachwehen und dem teilweisen Wiederauf- 
flackern des Aufstandes die wirtschaftliche Tätigkeit 
starker Beschränkung unterlag. Es ist deshalb nicht 
zu verwundern, daß meine ersten Eindrücke unge- 
wöhnlich trauriger, ich möchte fast sagen, hoff- 
nungsloser Art gewesen sind. Aber je mehr ich 
mich in die natürlichen Bedingungen und Eigen- 
tümlichkeiten dieses merkwürdigen Landes vertieft 
habe, je weiter meine Reise nordwärts und ost- 
wärts vorgeschritten ist, je mehr ich mit unseren 
tapferen und unverzagten Beamten und Siedlern, 
Missionaren und Schutztruppenoffizieren in Kontakt 
gekommen bin, desto intensiver hat sich in mir 
die Uberzeugung gefestigt, daß trotz allem Vor- 
urteil, trotz dem äußeren ungünstigen Anschein 
der Dinge ein Land in unserem deutschen 
Besitz ist, welches für eine mit hinreichendem 
Kapital unternommene, den Umständen ange- 
paßte extensive Wirtschaft einen rentablen Boden 
abgibt, und welches in der Lage sein wird, auf 
die Dauer und in nicht langer Frist wirtschaftlich 
selbständig zu werden, daß mit anderen Worten 
die heute noch so stark beklagten finanziellen 
Opfer der Heimat auch im Verhältnis zu unserem 
Gesamt-Budget auf unbedeutende Beträge einge- 
schränkt werden können, daß die entsprechend 
ausgestatteten Ansiedler bei Fleiß und Genügsam- 
keit vorwärts kommen werden, und daß die Eigen- 
produktion des Landes hinreichen kann, um seine 
jetzt so ungemein ungünstige Zahlungs= und 
Wirtschaftsbilanz ins gleiche zu bringen. In 
diesem Eindruck hat mich die Erfahrung bestärkt,
	        
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