Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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an demselben Tage nach Sawaii. Wie er sein 
Wort hielt, erhellte bald aus den Berichten der 
loyalen Häuptlinge und Sprecher Sawaiis. Er 
blieb nicht in Safotulafai, sondern besuchte die 
anderen Distrikte, um von neuem die verschiedenen 
Gefolgschaften Pules zusammenzubringen. Wo 
er nicht selbst hingehen konnte, sandte er Boten 
und ließ allenthalben im Lande verkünden, der 
Gouverneur sei gut Freund mit ihm, habe alle 
Forderungen glatt bewilligt und wolle mit ihm, 
Lauati, eine den Samoanern besser passende Re- 
gierungsform mit Tumua und Pule und einem 
Könige an der Spitze errichten. Mit diesen Vor- 
spiegelungen glaubte er die natürlich auch nicht 
wunschlosen, aber loyal gebliebenen Häuptlinge 
von Palauli und der Westküste sowie von Safotu 
für seine Sache zu gewinnen. Das Fono der 
Faipule fand in der Zeit vom 25. bis 31. Ja- 
nnuar statt. Die üÜblichen Festlichkeiten zu Kaisers 
Geburtstag wurden verboten, um Menschenan- 
sammlungen in Apia zu verhindern. Die große 
Majorität der Faipule — nur vier waren da- 
gegen — ersuchten den Gouverneur, Lauati aus 
Samoa zu entfernen. Die gefährliche Spannung, 
die der Gouverneur bei sämtlichen Vertretern 
auf dem Fono wahrnahm, das Drängen der 
leitenden Häuptlinge von Aana und Atua, Lauati 
zu strasen oder ihnen zu erlauben, mit Pule 
Krieg zu führen, die immer mehr zutage ge- 
tretene Unzuverlässigkeit des großen Distriktes 
Tuamasaga, die fortgesetzte Wühlarbeit Lauatis 
und die Möglichkeit, daß es ihm doch gelingen 
könnte, die getrennten Parteien zu einen, die zu- 
nehmende Angst bei den Weißen und die Be- 
fürchtung, daß durch irgend eine unüberlegte 
Handlung eines Weißen gegenüber den Samoa- 
nern der Zündstoff zur Explosion kommen könnte, 
machten es dem Gouverneur zur unabweislichen 
Pflicht, wegen schleuniger Beschaffung von Macht- 
mitteln sich mit der Regierung in Berlin in Ver- 
bindung zu setzen. Der Gouverneur sandte am 
5. Februar via Auckland einen Kabel ab, in dem 
er um die sofortige Entsendung von drei 
Kriegsschiffen bat. 
Diesem Ersuchen wurde auf Allerhöchsten Be- 
fehl sofort Folge gegeben. 
Die Antwort, daß die Kriegsschiffe im letzten 
Drittel des März kommen würden, traf am 
11. März, nach fünf Wochen bangen Wartens, 
in Apia ein. In dieser Zeit der Ungewißheit 
hielt es der Gouverneur für geraten, gegen 
Lauati nicht einzuschreiten und die Sawaii-Leute 
in dem Glauben zu lassen, daß er von den Um- 
trieben nichts wisse. Lauati durfte durch Droh- 
ungen mit Strafe nicht zu einem neuen Ver- 
zweiflungsakt, wie in Vaiusu, getrieben werden. 
Die loyalen Samoaner, die sich über die Un- 
  
tätigkeit der Regierung wunderten und mit der 
Straflosigkeit Lauatis unzufrieden waren, wurden 
mit der samoanischen Redensart „sau aso“ (es 
kommt der Tag) vertröstet. 
S. M. S. „Leipzig" mit Vizeadmiral Coer- 
per an Bord traf am 18. März, S. M. S. 
„Arcona“ am 21., S. M. S. „Jaguar“ und der 
Begleitdampfer „Titania“ am 26. März in Apia 
ein. Es war die höchste Zeit, daß die Kriegs- 
schiffe kamen! Denn die loyalen Häuptlinge 
sahen sich außerstande, ihre Leute länger zu 
halten. Sie fürchteten entweder ein Überlaufen 
zur Lauati-Partei, oder den Ausbruch von offenen 
Feindseligkeiten. Die Spannung der Gemüter 
hatte ihren Höhepunkt erreicht. Der geringfügigste 
Anlaß konnte eine Katastrophe herbeiführen. 
Nachdem der Admiral sich über die hiesigen 
Verhältnisse der Eingeborenen und der Weißen 
im allgemeinen sowie über die Gründe der Un- 
ruhen im besonderen unterrichtet hatte, wurde der 
Operationsplan ausgearbeitet. Lauati und die 
Rädelsführer sollten bis zum 29. d. M. sich frei- 
willig stellen. Sie erhielten jeder eine gedruckte 
Proklamation, datiert vom 22. März. Gleich- 
zeitig wurde eine gedruckte Proklamation Mataa- 
fas in Sawaii verteilt, die die Samoaner er- 
mahnte, der Gestellungsorder Folge zu leisten. 
In der Nacht vom 22. zum 23. März wurde 
der junge Häuptling Jiga Pisa, das tätigste 
Werkzeug Lauatis, und sein Gesandter nach Tu- 
tuila in unmittelbarer Nähe Apias verhaftet. 
Seine Vernehmung bestätigte, daß die samoanischen 
Berater des Gouverneurs recht hatten mit ihrer 
Behauptung, daß der 18. Januar der Anfang 
des Krieges zwischen Pule und Tumua sein sollte. 
In seinem Besitz wurde ein Schriftstück aufge- 
funden, das sich als Konzept des zweiten, dem 
Gouverneur am 18. Januar gesandten und von 
ihm in Vaiusu zerrissenen Briefs herausstellte. 
Am 25. März trafen Briefe von Lauati, 
Letasi und Namulauulu ein, daß sie nicht ge- 
horchen, sondern mit ihrem Anhang in den Busch 
gehen würden. Gleichzeitig wurde von Händlern 
gemeldet, daß die Sawaii-Leute große Mengen 
von Proviant in den Busch schleppten, und daß 
zwischen Manono, Mulifanua, Tuamasaga und 
Sawali ein reger Verkehr stattfände. 
Der Gouverneur erließ eine Proklamation, 
wonach der gesamte Schiffsverkehr zwischen den 
Inseln Upolu, Manono, Apolima und Sawali 
verboten wurde. Der Admiral schickte S. M. SS. 
„Leipzig“ und „Jaguar“ in die Apolima-Straße, 
um den Bootsverkehr zu Überwachen und das 
Zusammenrotten der Leute von Manono, Muli- 
fanua und Tuamasaga auf Sawaii zu verhindern. 
Der moralische Eindruck des geschickt durchgeführten 
Blockadedienstes und die sachgemäße Behandlung
	        
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