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an demselben Tage nach Sawaii. Wie er sein
Wort hielt, erhellte bald aus den Berichten der
loyalen Häuptlinge und Sprecher Sawaiis. Er
blieb nicht in Safotulafai, sondern besuchte die
anderen Distrikte, um von neuem die verschiedenen
Gefolgschaften Pules zusammenzubringen. Wo
er nicht selbst hingehen konnte, sandte er Boten
und ließ allenthalben im Lande verkünden, der
Gouverneur sei gut Freund mit ihm, habe alle
Forderungen glatt bewilligt und wolle mit ihm,
Lauati, eine den Samoanern besser passende Re-
gierungsform mit Tumua und Pule und einem
Könige an der Spitze errichten. Mit diesen Vor-
spiegelungen glaubte er die natürlich auch nicht
wunschlosen, aber loyal gebliebenen Häuptlinge
von Palauli und der Westküste sowie von Safotu
für seine Sache zu gewinnen. Das Fono der
Faipule fand in der Zeit vom 25. bis 31. Ja-
nnuar statt. Die üÜblichen Festlichkeiten zu Kaisers
Geburtstag wurden verboten, um Menschenan-
sammlungen in Apia zu verhindern. Die große
Majorität der Faipule — nur vier waren da-
gegen — ersuchten den Gouverneur, Lauati aus
Samoa zu entfernen. Die gefährliche Spannung,
die der Gouverneur bei sämtlichen Vertretern
auf dem Fono wahrnahm, das Drängen der
leitenden Häuptlinge von Aana und Atua, Lauati
zu strasen oder ihnen zu erlauben, mit Pule
Krieg zu führen, die immer mehr zutage ge-
tretene Unzuverlässigkeit des großen Distriktes
Tuamasaga, die fortgesetzte Wühlarbeit Lauatis
und die Möglichkeit, daß es ihm doch gelingen
könnte, die getrennten Parteien zu einen, die zu-
nehmende Angst bei den Weißen und die Be-
fürchtung, daß durch irgend eine unüberlegte
Handlung eines Weißen gegenüber den Samoa-
nern der Zündstoff zur Explosion kommen könnte,
machten es dem Gouverneur zur unabweislichen
Pflicht, wegen schleuniger Beschaffung von Macht-
mitteln sich mit der Regierung in Berlin in Ver-
bindung zu setzen. Der Gouverneur sandte am
5. Februar via Auckland einen Kabel ab, in dem
er um die sofortige Entsendung von drei
Kriegsschiffen bat.
Diesem Ersuchen wurde auf Allerhöchsten Be-
fehl sofort Folge gegeben.
Die Antwort, daß die Kriegsschiffe im letzten
Drittel des März kommen würden, traf am
11. März, nach fünf Wochen bangen Wartens,
in Apia ein. In dieser Zeit der Ungewißheit
hielt es der Gouverneur für geraten, gegen
Lauati nicht einzuschreiten und die Sawaii-Leute
in dem Glauben zu lassen, daß er von den Um-
trieben nichts wisse. Lauati durfte durch Droh-
ungen mit Strafe nicht zu einem neuen Ver-
zweiflungsakt, wie in Vaiusu, getrieben werden.
Die loyalen Samoaner, die sich über die Un-
tätigkeit der Regierung wunderten und mit der
Straflosigkeit Lauatis unzufrieden waren, wurden
mit der samoanischen Redensart „sau aso“ (es
kommt der Tag) vertröstet.
S. M. S. „Leipzig" mit Vizeadmiral Coer-
per an Bord traf am 18. März, S. M. S.
„Arcona“ am 21., S. M. S. „Jaguar“ und der
Begleitdampfer „Titania“ am 26. März in Apia
ein. Es war die höchste Zeit, daß die Kriegs-
schiffe kamen! Denn die loyalen Häuptlinge
sahen sich außerstande, ihre Leute länger zu
halten. Sie fürchteten entweder ein Überlaufen
zur Lauati-Partei, oder den Ausbruch von offenen
Feindseligkeiten. Die Spannung der Gemüter
hatte ihren Höhepunkt erreicht. Der geringfügigste
Anlaß konnte eine Katastrophe herbeiführen.
Nachdem der Admiral sich über die hiesigen
Verhältnisse der Eingeborenen und der Weißen
im allgemeinen sowie über die Gründe der Un-
ruhen im besonderen unterrichtet hatte, wurde der
Operationsplan ausgearbeitet. Lauati und die
Rädelsführer sollten bis zum 29. d. M. sich frei-
willig stellen. Sie erhielten jeder eine gedruckte
Proklamation, datiert vom 22. März. Gleich-
zeitig wurde eine gedruckte Proklamation Mataa-
fas in Sawaii verteilt, die die Samoaner er-
mahnte, der Gestellungsorder Folge zu leisten.
In der Nacht vom 22. zum 23. März wurde
der junge Häuptling Jiga Pisa, das tätigste
Werkzeug Lauatis, und sein Gesandter nach Tu-
tuila in unmittelbarer Nähe Apias verhaftet.
Seine Vernehmung bestätigte, daß die samoanischen
Berater des Gouverneurs recht hatten mit ihrer
Behauptung, daß der 18. Januar der Anfang
des Krieges zwischen Pule und Tumua sein sollte.
In seinem Besitz wurde ein Schriftstück aufge-
funden, das sich als Konzept des zweiten, dem
Gouverneur am 18. Januar gesandten und von
ihm in Vaiusu zerrissenen Briefs herausstellte.
Am 25. März trafen Briefe von Lauati,
Letasi und Namulauulu ein, daß sie nicht ge-
horchen, sondern mit ihrem Anhang in den Busch
gehen würden. Gleichzeitig wurde von Händlern
gemeldet, daß die Sawaii-Leute große Mengen
von Proviant in den Busch schleppten, und daß
zwischen Manono, Mulifanua, Tuamasaga und
Sawali ein reger Verkehr stattfände.
Der Gouverneur erließ eine Proklamation,
wonach der gesamte Schiffsverkehr zwischen den
Inseln Upolu, Manono, Apolima und Sawali
verboten wurde. Der Admiral schickte S. M. SS.
„Leipzig“ und „Jaguar“ in die Apolima-Straße,
um den Bootsverkehr zu Überwachen und das
Zusammenrotten der Leute von Manono, Muli-
fanua und Tuamasaga auf Sawaii zu verhindern.
Der moralische Eindruck des geschickt durchgeführten
Blockadedienstes und die sachgemäße Behandlung