Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Kolonialwirtschaftliche OMitteilungen. 
Jum Baumwollbau in Deutsch-Ostafrika. 
Der natürlichen Entwicklung des Baumwoll= 
versuchswesens in Deutsch-Ostafrika folgend, soll 
nach einem zwischen dem Reichs-Kolonialamt und 
dem Kolonial-Wirtschaftlichen Komitee getroffenen 
Abkommen die Baumwollversuchspflanzung des 
Komitees Mpanganya im Rufiyigebiet nunmehr 
als Baumwoll-Saatzuchtstation des Gouvernements 
eingerichtet und ausgestaltet werden. Die üÜber- 
gabe an die Regierung ist am 1. Oktober d. Is. 
erfolgt, unter der Voraussetzung, daß dem Ko- 
mitee die Berichte über die Ergebnisse der auf 
wissenschaftlicher Grundlage zu betreibenden Saat- 
zucht-, Baumwollsorten-, Düngungsversuche und 
Versuche zur Bekämpfung von Schädlingen zur 
Verfügung gestellt werden. Der Zweck der im 
Jahre 1906 vom Komitee errichteten Baumwoll- 
versuchspflanzung Mpanganya, als Propaganda- 
und Lehrstation im Rufiyigebiet zu wirken, ist 
erreicht. Der Baumwollbau der Eingeborenen 
hat in den Bezirken Mohorro und Kilwaoa festen 
Fuß gefaßt und unter allen Baumwollgebieten 
der Kolonie die größte Ausdehnung genommen. 
Die Produktion ergab jährlich zwischen 500 und 
900 Ballen zu 500 Pfund. Die Qualität der 
Rufiyi-Baumwolle war durchaus zufriedenstellend. 
Der Durchschnittspreis der ostafrikanischen Baum- 
wolle betrug im Halbjahre Mai/Oktober dieses 
Jahres 89½ Pfg. pro Pfund. Von mittleren 
und Großpflanzungen sind bereits über 45 000 ha 
Land belegt, deren Produktion mit der Zeit, die 
volle Bebauung vorausgesetzt, auf 30 000 bis 
50 000 Ballen geschätzt werden darf. Im Laufe 
der Jahre sind im Rufiyigebiet drei Entkörnungs- 
fabriken in Betrieb gesetzt, welche sich dem Komitee 
gegenüber verpflichtet haben, jedes Quantum 
Baumwolle für jedermann zu ginnen, zu pressen 
und seemäßig zu verpacken, und ferner den hier- 
für zu berechnenden Gebühren einen vereinbarten 
Einheitspreis zugrunde zu legen. 
Zur weiteren Förderung der Eingeborenen- 
kultur hat das Komitee ferner den Bezirksämtern 
Mohorro und Kilwa zunächst pro 1910 3000 MA 
für Pflanzprämien zur Verfügung gestellt. Diese 
Pflanzprämien werden in Höhe von je 15 Rps. 
gewährt, und zwar nach Vorschlag der Beczirks- 
ämter oder der Beamten des Komitees: für die 
bestgepfltegten Baumwollfelder, für die größte 
Menge und für die beste Qualität der ange- 
brachten Baumwolle. Neben den Pflanzprämien 
werden Hacken als Geschenke verteilt. 
Außerdem besteht für die Kolonie die Preis- 
garantie des Komitees von 8 bis 10 Heller je 
nach QOualität für 1 Pfund unentkörnte Baum- 
  
wolle. In den genannten Bezirken wird diese 
Preisgarantie des Komitees voraussichtlich nicht 
einsetzen müssen, da dort genügend Aufkäufer vor- 
handen sind, die höhere Preise für die Baum- 
wolle bezahlen. 
Die UÜbergabe von Mpanganya an die Re- 
gierung entspricht dem Grundsatze des Komitees, 
seine eigenen Versuchspflanzungen und technischen 
Einrichtungen unter bestimmten Voraussetzungen 
an die Gouvernements und Interessenten über- 
zuleiten. Die Übernahme der Pionierarbeiten 
des Komitees als bleibende Dauerbetriebe durch 
die Regierung und Interessenten gilt dem Ko- 
mitee als die beste Quittung für den Wert der 
von ihm geleisteten Vorarbeit; sie entspricht auch 
der zwischen dem Reichs-Kolonialamt und dem 
Komitee bezüglich des Baumwollversuchswesens 
in allen Kolonien getroffenen Vereinbarung vom 
14. März, nach welcher die Kolonialverwal= 
tung das gesamte landwirtschaftliche Ver- 
suchswesen staatlich organisiert, während 
das Komitee seine bestehende Organisation 
weiter entwickelt, nämlich: die kaufmännische 
Geschäftsstelle mit Pflug= und Gerätedepot in 
Daressalam, ferner Errichtung von Entkörnungs- 
anstalten und Aufkaufmärkten, Selbstaufkauf zu 
Garantiepreisen, Aufkauf und Lieferung von Saat- 
gut, Leistung von Pflanzprämien, Qualitäts- 
prämien, Pflugprämien, Transportvergütungen 
und Erntevorschüssen, Verwertung der Neben- 
produkte, Bereisung von Baumwollgebieten, wasser- 
wirtschaftliche Vorarbeiten, Kontrolle und Begut- 
achtung der Baumwollqualitäten in Deutschland, 
Ausstellung von Baumwolle und Baumwollkultur= 
und Erntebereitungsmaschinen. 
Die Abgrenzung der Arbeitsgebiete von Re- 
gierung und Komitee hat sich aus den fortgesetzt 
an Umfang wachsenden Aufgaben des Baumwoll= 
versuchswesens ergeben. Durch die Vereinbarung 
ist das Baumwollversuchswesen in den Kolonien 
auf eine breitere Grundlage gestellt. 
Ouchwirtschaft in Deutsch-Südwestakrina. 
Milchwirtschaft von Bedeutung wird zur Zeit 
nur in der Mitte und im Norden des Schuz- 
gebiets betrieben. 
Innerhalb und in unmittelbarer Nähe der 
größeren Ansiedlungen wird die Milch durch 
Verkauf in frischem Zustande verwertet, soweit 
diese Plätze aufnahmefähig find. Milchkonden- 
sation und ssterilisation sowie die Herstellung 
von Milchzucker finden nur vereinzelt Beachtung.
	        
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