Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Reis. Entsprechend dem Steuerertrage hat sich 
die Zahl der Eingeborenenbevölkerung im Ge- 
biete der Companhia vermehrt, sie hatte 1900: 
108 180, 1904: 196 888 und 1907: 234 887 Per- 
sonen betragen. Bemerkt sei, daß, um eine Um- 
gehung der Hüttensteuer zu vermeiden, ein Ver- 
bot besteht, wonach mehrere Familien nicht zu- 
sammen in einer Hütte wohnen dürfen, was auch 
aus moralischen Gründen verlangt wird. Der 
Häuptling, welcher die erwähnte Zusatzsteuer be- 
kommt, wird für die fehlenden Steuerbeträge 
verantwortlich gemacht. Er hat für die Eintrei- 
bung der Steuer Sorge zu tragen, die aber im 
übrigen von den Eingeborenen selbst, und nicht 
von dem Häuptling abgeliefert werden muß. Dem 
Verwaltungschef werden 10 v. H. von der erho- 
benen Steuer überwiesen. 
Genau wie der Mussoco so kann auch die 
Hüttensteuer in dem gesamten Gebiet der Mo- 
zambique-Gesellschaft durch gewerbliche 
oder landwirtschaftliche Arbeiten 
entrichtet werden, vorausgesetzt, daß dieser Zah- 
lungsmodus zwischen der Gesellschaft und den 
Eingeborenen vereinbart ist. Solche Arbeit wird 
nach dem von dem Gouverneur des Territoriums 
festgesetzten Tarif bewertet, und soll so weit als 
möglich, außerhalb der Distriktgrenzen, in wel- 
chem der Eingeborene wohnt, verrichtet werden. 
Die Eingeborenen haben stets das Recht, alle ihre 
Abgaben in bar zu zahlen, falls sie durch das 
später zu erwähnende Arbeitszeugnis nachzu- 
weisen in der Lage sind, daß sie wenigstens eine 
der Höhe der Abgaben entsprechende Zeit hin- 
durch gearbeitet haben. 
In demjenigen Teile des Territoriums, wo 
der Eingeborene zur Zahlung einer Hüttensteuer 
verpflichtet ist, kann ein jedes Familienoberhaupt 
die Abgaben für die ihm zugehörenden Weiber 
ebenfalls durch Arbeit begleichen. 
Bietet die Steuer mit ihren recht erheblichen 
Beträgen eine nicht unbedeutende Einnahme, 
um kolonisatorische Aufgaben zu lösen, so ist 
doch die Arbeitskraft des Eingeborenen ungleich 
wertvoller für die Erschließung des Landes 
und für die allgemeine Kultur, auch wenn sie 
ziffernmäßig keinen Ausdruck findet. Auf der Ar- 
beit des Eingeborenen basiert der Reichtum des 
Landes und der kolonisatorische Erfolg der Com- 
pagnie de Mozambique. Aber mit der Heran- 
ziehung der Eingeborenenarbeit zur Kolonisation 
und ihrer wahren Nutzbarmachung im allseitigen 
Interesse, nicht zuletzt im Interesse des Eingebo- 
renen selbst, sind umfangreiche Bestimmungen 
verknüpft, welche vor allem auch den Schutz des 
Eingeborenen sich zur Aufgabe stellen mußten. 
Ohne daß wir auf die historische Entwicklung 
im einzelnen näher eingehen, als es bisher zum 
  
Verständnis der Eingeborenenpolitik nötig war, 
sollen nun die gegenwärtigen Verhältnisse in fol- 
gendem geschildert werden. Der heutigen Re- 
gelung der Eingeborenenarbeit 
im Gebiete der Mozambique-Gesellschaft liegt eine 
allgemeine Verordnung vom 26. Juni 1907 zu- 
grunde. Es wird die moralische und gesetzliche 
Verpflichtung aller Eingeborenen 
im Gebiete der Companhia de Mozambigque fest- 
gelegt, durch Arbeit die zu ihrem 
Lebensunterhalt erforderlichen 
Mittel zu erwerben und damit ihre 
soziale Lage zu bessern. Ganz ähnlich 
lautende bzw. gleiche Bestimmungen hat übri- 
gens auch schon das Kgl. Dekret vom 9. No- 
vember 1899 und vom 16. Juli 1902 für die Re- 
gelung der Eingeborenenarbeit in der Kolonie 
Angola erlassen. Die Art, wie die Ein- 
geborenen der Arbeitsverpflich- 
tung nachkommen wollen, istihrer 
Wahl vollständig freigestellt. Kom- 
men sie der Arbeitsverpflichtung 
jedoch freiwillig in keiner Weise 
nach, so kann die Obrigkeit die 
Erfüllung erzwingen. Die Arbeitsver- 
pflichtung im Sinne der allgemeinen Verordnung 
gilt in folgenden Fällen als erfüllt: 
1. bei Eingeborenen, welche im Besitze von 
Vermögen sind, dessen Ertrag ihnen einen aus- 
reichenden Lebensunterhalt sichert, oder welche 
regelmäßig sich mit Handel, Industrie, freien 
Künsten usw. befassen, aus deren Einkünften sie 
solchen Lebensunterhalt erlangen; 
2. bei Eingeborenen, welche dauernd und auf 
eigene Rechnung eine bestimmte Anzahl Bäume 
oder Pflanzen, deren Produkte einen Exportartikel 
der Provinz bilden, angepflanzt haben und unter 
Kultur halten, oder solchen, die Haustiere züch- 
ten, vorausgesetzt, daß sie dadurch ausreichenden 
Lebensunterhalt finden; 
3. bei Eingeborenen, die in jedem Jahre 
während einer bestimmten Zeit gegen Lohn arbei- 
ten. Diese Zeitperiode wird durch lokale Ver- 
ordnungen festgesetzt, darf aber 6 Monate nicht 
überschreiten. 
Die obige 
gilt nicht für: 
1. die oben bezeichneten Eingeborenen (sub 
1—3, bei denen die Verpflichtung anderweitig er- 
füllt ist), 
2. Weiber, 
3. Männer über 60 Jahre oder Kinder unter 
14 Jahren, Kranke und Invalide, Angestellte des 
Staates, der Mozambique-Gesellschaft oder Pri- 
vatpersonen, soweit sie zur Anstellung von Leuten 
für Aufrechterhaltung der Ordnung berechtigt 
sind, vorausgesetzt, daß diese Eingeborenen we- 
Arbeitsverpflichtung
	        
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