Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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mögen im ganzen über 2000 unter dem Militär- 
gesetz stehende Personen sein. 
Mein Marsch von Eitape nach der hollän- 
dischen Grenze war höchst interessant, sowohl in 
geographischer wie in ethnologischer Hinsicht. Er 
ging trotz der ungünstigen Jahreszeit sehr glatt 
vor sich. Schwierigkeiten machten nur die Berge 
von Ssera mit ihrem andauernden Hinauf und 
Hinab, das rauhe Bougainville-Gebirge und 
Umgebung, sowie einige Flüsse, die nicht durch- 
watet oder durchschwommen werden konnten. 
Ein erheblicher Teil der Küste wird gleich 
hinter dem schmalen Dünenstrich von Lagunen 
oder Sümpfen begleitet, ein Wegebau nach dem 
Innern zu ist daher so gut wie ausgeschlossen 
und würde auch angesichts der ganz spärlichen 
Bevölkerung zunächst zwecklos sein. Für ein 
Vordringen zur Erforschung würde sich auf dieser 
Strecke vielleicht der Babue (Neumayer-Fluß) 
eignen, wenn er auch nach Angaben der Ein- 
geborenen nicht unmittelbar aus Süden, sondern 
mehr von der Seite der holländischen Grenze 
herkommt. Die ganze Küstenlinie von Jakomul 
bis über den Babue nach Westen hinaus ist riff- 
frei; dann bemerkt man, zunächst nur schwach 
und auch ziemlich weit außen, eine Erscheinung, 
die wie ein Barriereriff aussieht, später sich 
nähert und dann ein Strandriff zu sein scheint. 
Die nach einiger Zeit möglich werdende nähere 
Untersuchung ergibt dann aber, daß die riff- 
bauenden Korallentiere keinen Anteil an dieser 
Formation haben, sondern daß es sich um ein 
sehr hartes feinkörniges Konglomerat, um eine 
Art grobkörnigen Sandsteins, handelt, und daß 
wir offenbar in diesem Riff eine ehemalige Strand- 
linie vor uns haben. Auf einer langen Strecke 
begleitet dieses sonderbare Riff die Küste, bis es 
dann kurz östlich der Make-Halbinsel vom An- 
griffshafen durch ein wirkliches Korallenkalkriff 
abgelöst wird. Von nun an bis zur Humboldt- 
Bai bildet die Küste ein mehr oder weniger ge- 
hobenes Kalkriff, das sich in früheren geologischen 
Perioden an einem Kern von Eruptivgestein ge- 
bildet hat. Spuren von Hebungen und Sen- 
kungen ganz jungen Datums konnten an der 
Küste mehrfach festgestellt werden. Auch Erd- 
bebenerscheinungen sind diesem Teil von Neu- 
guinea nicht so fremd, wie man wohl geglaubt 
hat; in der doch erst 3½ Monate alten Kolonie 
Hollandia konnten bereits drei nicht unerhebliche 
Beben festgestellt werden. 
Die Gegend der deutsch-holländischen Grenze 
ist zuletzt von Professor Dr. Wichmanu mit 
einigen Mitgliedern seiner Neuguinea-Expedition 
und dann von Gouverneur Dr. Hahl in Be- 
gleitung des Stationsleiters von Eitape besucht 
worden. Professor Wichmann fuhr zu Wasser um 
  
Germania-Huk herum von der Tami-Mündung 
nach Wutung (von den Holländern Unaki ge- 
nannt), um hier einige geologische, zoologische 
und ethnologische Anschlußarbeiten vorzunehmen. 
Dr. Hahl erreichte Metu-Debi, Humboldt-Bai, 
von Eitape aus mit dem Motor-Schuner „Möwe“, 
ließ sich durch Boot an einem später auch von 
mir passierten Punkt des südöstlichen Teils der 
Bai an Land setzen und ging dann über Land 
bis zur Tami-Mündung, von wo er durch ein 
Boot der hierher beorderten „Möwe“ wieder 
abgeholt wurde. 
Über die heutige deutsch-holländische Grenze 
find also beide Parteien nicht gegangen, und ich 
darf wohl sagen, daß sie dadurch auch nichts 
versäumt haben. Es ist eine ganz üble, durch 
Blutegel verpestete Wildnis auf gehobenem Ko- 
rallenkalk. 
Daß die bisher mathematisch festgelegte Grenze 
durch eine natürliche, leicht auffindbare ergänzt 
werden soll, ist zur Beaufsichtigung des Grenz- 
verkehrs nur zu billigen. Der Paradiesvogel ist 
allerdings bisher das einzige Wertobjekt dieser 
Gegenden. Die Lizenzen müssen jedoch kon- 
trolliert, der Schmuggel unterbunden werden 
können. Das ist sicherlich notwendig angesichts 
des erstaunlichen Preisunterschiedes in Deutsch- 
und Holländisch-Neuguinea und angesichts des 
Umsatzes auf dem Paradiesvogelmarkt, in den ich 
an den holländischen Plätzen JTamna, Mokmer, 
drei Orten auf der Insel Jappen, in Manuk- 
wari, Saonek, Sorong (alle Holländisch-Neu- 
guinea) und schließlich auf dem Hauptplatz Ter- 
nate einen kleinen Einblick gewonnen habe. Im 
vergangenen Jahre zahlte man in Eitape und 
Friedrich-Wilhelmshafen 17 oder 19, für ganz 
besonders gute Exemplare von paradisea papuana 
23 “ per Stück. In diesem Jahre mit un- 
natürlich hohen Preisen sind diese Zahlen bis zu 
30 /4 hochgegangen. In den soeben genannten 
Plätzen von Holländisch-Neuguinea aber zahlt 
man für gleiche, vielleicht ein wenig größere und 
vollere Exemplare derselben paradisea papuana 
23, 25 oder mehr Gulden. In Ternate endlich 
sind augenblicklich 30 holländische Gulden der 
Durchschnittspreis für einen guten Paradiesvogel. 
Solche Preisunterschiede fordern ja zu llbber- 
tretungen und Schmuggel geradezu heraus! 
Was die an der Grenze sitzende Bevölkerung 
betrifft, so gehören die drei Skoo= oder Seka- 
Dörfer sprachlich noch zu der Familie, die in 
Deutsch-Neuguinea über Wutung, Mako, Wa- 
remo und Wanimo bis nach Laitere geht. 
Sie spricht eine Papug-Sprache. Westlich der Skoo- 
Leute kommen dann an der Humboldt--Bai die 
melanesisch sprechenden Jotafa, deren Dörfer 
Tubadi, Ngros, Ngran, Enuchan und Imbi
	        
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