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der Doppeldekade 1880—1900 gar nur 34, 2 v. H.
gewesen ist. Der allgemeine Gesundheitszustand,
die absolute Sorglosigkeit gegenüber seinem Körper,
der Einfluß des Alkohols und eine große Un-
sittlichkeit machen außerdem den Neger zu einem
körperlich sehr wenig leistungsfähigen Arbeiter.
Nun findet eine Auffrischung des Blutes bei dem
Neger nicht mehr statt.
Der Zuzug, den die Vereinigten Staaten aus
Europa bekommen, nimmt gleichfalls in der Zahl
ab und ist auch bei den andauernd guten in-
dustriellen Verhältnissen in den höher kultivierten
Ländern unseres Kontinents in der Qualität außer-
ordentlich zurückgegangen, da er sich vor allem
aus Osteuropa rekrutiert und zum großen Teil
aus Personen besteht, welche für den Ackerbau nicht
geeignet sind. Der selbst auch klimatisch außer-
ordentlich gut veranlagte Italiener sucht in den
letzten Jahren mit Vorliebe die ein mittleres Klima
habenden Staaten Südamerikas auf, dessen Be-
völkerung ihm nach Sprache und Rasse ver-
wandter ist. -
Da aber jede Produktion abhängig ist von
der Zahl der zur Verfügung stehenden Kräfte,
(Maschinen, welche geeignet wären, insbesondere
die Pflückarbeit zu übernehmen, mit Erfolg noch
nicht konstruiert sind) so ist gerade auf diese
Seite des Problems eine besondere Aufmerksam-=
keit zu verwenden.
geführt, daß ein großer Teil der Produktion auf
dem Pacht-, oder mehr noch auf dem Halbscheid-
System beruht.
Der Besitzer der Baumwollfarm, in der Regel
ein Weißer, verpachtet in dem einen Falle den
Acker — ½/10 ha, gegen 5—7 3 per Jahr. Im
andern Falle, und das ist die Mehrzahl, findet
ein ziemlich kompliziertes Verhältnis statt, welches
den Anspruch, rationell zu sein, nicht erheben
kann. Der Vertrag, der im übrigen auch in
Agypten ähnlich beliebt wird, geht im wesentlichen
dahin: Die Ernte wird ihrem Gelderträgnis nach
geteilt. Der Farmbesitzer führt die Bücher,
er liefert gegen die Hälfte der Ernte den Grund
und Boden und die halbe Saat, die Hütte, den
Wagen, den Pflug, das Maultier und das Futter
für dieses. Für die andere Hälfte eröffnet er
seinem Halbscheid-Pächter einen Kredit in seinem
Laden, in welchem dieser, der ja kein Betriebs-
kapital hat, seinen Lebensunterhalt während der
Zeit des Anbaues, seine Kleider und Schuhe und
den geringen Luxus, den er sich erlauben darf,
zu solchen Preisen eindeckt, wie sie nach Ansicht
des Farmbesitzers dem Risiko, welches er läuft,
entsprechen. Und daß er dieses nicht gering ein-
schätzen muß, liegt auf der Hand, wo ein Pächter
nichts dabei riskiert, wenn er etwa über Nacht
verschwindet. Da auch der Farmer, welcher den
Ich habe auch bereits aus-
jenige,
Kredit gewährt, ihn seinerseits in Anspruch
nehmen muß, um Zinsen und Steuern, die Be-
stockung seines Ladens, und in vielen Fällen auch
seinen eigenen Lebensunterhalt bis zur Ernte zu
decken, und der übliche Zinsfuß bei den Banken
des amerikanischen Südens, wie ich mich wieder-
holt habe vergewissern können, neben einer
Kommission von 1 v. H. per OQuartal, 1 v. H.
per Monat beträgt, so ist leicht einzusehen, wie
hoch die Preise für den Halbscheid-Pächter werden
müssen. In vielen Fällen wird man die Zins-
last, die auf einem Pfund Baumwolle ruht, auf
ein Viertel bis ein Drittel vom Wert berechnen
müssen. Eine Einwirkung auf seinen Halbscheid-
Pächter hat der Grundbesitzer oft nur da, wo er
ihn durch Abschneidung des Kredites zwingen
kann, seinen Anordnungen zu folgen. Diese
Situation macht es zur Regel, daß die Halb-
scheid-Pächter sehr oft wechseln und aus der
dem Neger angeborenen Sucht nach Neuerung
möglichst oft auf andere Stellen zu kommen
suchen. Möbelwagen zu ihrem Umzug brauchen
sie nicht. Um nun anderseits diesen Wechsel
möglichst zu vermeiden, muß der Eigentümer mit
seinem Kredit möglichst liberal sein, weil er einen
Pächter nur dann an der Scholle festhalten kann,
wenn dieser ihm noch im Buche verschuldet ist.
Auf Grund dieser Tatsache hat man mir von
den verschiedensten Seiten versichert, daß in
Louisiana und im östlichen Süden die Produktion
von Baumwolle unter 10 Cents pro Pfund über-
haupt keine Rendite mehr abgäbe. Auf Grund
vieler Kalkulationen halte ich, wenn Zinsen und
Fracht bis zum Lokal-Markt eingerechnet werden,
dies für richtig, selbst wenn ich den Saatwert in
Abzug stelle. Daß die quantitativen und gquali-
tativen Resultate einer solchen Wirtschaft keine
guten sein können, liegt auf der Hand. Der-
jenige Partner in diesem Halbscheid-Verhältnis,
der den Verstand hat, tut nicht die Arbeit, der-
der die Arbeit tut, hat nicht den Ver-
stand. Nun liegt ja in Texas, dem Haupt-
produktionsstaate, mit seinen verhältnismäßig viel
weißen Baumwollbauern, die Sache etwas günstiger.
Aber auch fie können, wie ich schon gesagt habe,
des schwarzen Hilfsarbeiters nicht entraten und
müssen ihrerseits höhere Ansprüche an den Lebens-
unterhalt stellen, so daß auch bei ihnen keine
billigeren Produktionskosten vorhanden sind. Dies
hängt insbesondere mit der ganz enormen Steige-
rung sämtlicher Lebensmittelpreise in den Ver-
einigten Staaten zusammen, die teils durch die
natürliche Vermehrung der Bevölkerung, teils durch
kunstreich aufsgebaute Kombinationen in den letzten
Jahren herbeigeführt worden ist. Würde man selbst
annehmen, daß eine größere Baumwollerzeugung
durch sehr viel günstigere Ernten, durch Ausdehnung