Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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dem Süden und Südwesten stattgefunden. Jetzt 
macht sich eine ziemlich starke Rückwanderung, 
vor allem aus dem französischen Gebiet, bemerkbar. 
Das Stromgebiet des Ntem mit seinen großen 
Nebenflüssen, Biwume, Mwila, Mboro, Lobo und 
Kom, und den unzähligen zum Teil nicht un- 
bedeutenden Bächen kann wohl als das wasser- 
reichste Gebiet Kameruns bezeichnet werden. Leider 
hat aber auch der Ntem, wie alle Ströme unseres 
Schutzgebiets, derartig viel Schnellen und Wasser- 
fälle, daß er der Schiffahrt wohl kaum dienstbar 
gemacht werden kann. 
Die Ntum und Mwei gehören dem Volke der 
Fan an und sind sich in Sitten und Gebräuchen 
sowie in der Sprache, die ebenso wie z. B. Jaunde 
und Bulu ein Dialekt der Fan-Sprache ist, ganz 
gleich. Sie unterscheiden sich nur durch ihre 
Namen. Denn auch die Tätowierung findet man 
bei beiden Stämmen ganz gleich. Was die Namen 
Ntum und Mwei bedeuten, war trotz häufigem 
Nachfragen nicht zu erkunden. Ich erhielt immer 
die Antwort, man wisse es selbst nicht. Das Wort 
Ntum ist nur bei den Bulu gebräuchlich, denn 
sie selbst nennen sich „Ntumu“. 
Wohl aber sind Ntum und Mwei, was ihre 
Wohnsitze angeht, etwas schärfer voneinander ge- 
schieden. Zwei Mwei-Komplexe gruppieren sich 
nordöstlich und nordwestlich um den im Süden 
weit über die Kamerun-Grenze sich ausdehnenden 
Komplex des Ntum-Stammes. Nur dort, wo 
dicht an der Bulu-Grenze diese Komplexe wie 
Keilspitzen zusammenstoßen, ist ein Durcheinander- 
wohnen bemerkbar. 
In ihrer Gesamtheit erstrecken sich die Ntum 
und Mwei nördlich bis an die Grenze der Bulu, 
westlich bis nahe an die Küste heran, südlich weit 
ins spanische und französische Grenzgebiet hinein, 
und östlich ungefähr bis etwa zum zwölften 
Längengrad, wo sie an den Stamm der Mfang 
angrenzen. Die nördlich von der Station Kampo 
wohnenden sog. Mpangwe sollen Mwei, die südlich 
davon wohnenden sollen Ntum sein. 
Während bei den Ntum und Mwei die Männer 
mit wenigen Ausnahmen neuerdings sich mit den 
in den Faktoreien gekauften Zeugen, Hüten, 
Hemden u. dgl. kleiden, haben die Frauen noch 
ihre ursprüngliche Tracht vollständig beibehalten. 
In die Haare werden die verschiedenen Arten 
Perlen, Polsternägel, Kauri-Muscheln, Hemden- 
knöpfe aus Porzellan usw. eingeflochten und daraus 
eine Art Helm gebildet. Als weiterer Schmuck 
gelten 3 bis 4 kg schwere Halsringe. Besonders 
vornehme oder schöne Weiber tragen deren zwei 
um den Hals. Einige Perlenschnüre werden 
durch die Nase gezogen, so daß diese Perlen auf 
der Oberlippe und den Backen aufliegen. Be- 
kanntlich durchlöchern alle Fan, Männer wie 
  
Weiber, die Nasenwand in der Nähe der Nasen- 
spitze. Fuß= und Fingerringe aus Messing, ebenso 
wie auch Halsringe, werden von beiden Ge- 
schlechtern getragen. Der Haarschmuck, wie ihn 
heute noch die Frauen haben, wurde früher auch 
von den Männern getragen; vereinzelt sieht man 
sie noch heute so herumlaufen, vor allem bei den 
Essamangun. 
Bestimmte Handwerker gibt es nur wenig: 
Haarkünstler, die den Frauen die eigentümlichen 
Haarhelme zurechtmachen, und Schmiede, die aus 
Messing Hals= und Fußringe sowie aus Eisen 
Speere, Hacken für die Feldarbeit und ähnliches 
machen. Sonst überläßt der Ntum und Mwei 
die Hauptarbeit den Frauen. Beim Gummi- 
schneiden ist, wenigstens auf deutschem Gebiete, 
der Ntum nur selten zu treffen. Am liebsten 
leisten die jungen Leute Trägerdienste für die 
Faktoreien. 
Wie stark die Ntum-Bevölkerung ist, kann ich 
zur Zeit auch schätzungsweise noch nicht angeben. 
Die Bodenbearbeitung und Farmwirtschaft 
der Ntum und Mwei weicht nicht bedeutend von 
der der anderen Fan-Stämme ab. Es werden 
Mais, Erdnüsse, Koko, Jams, Kassada, Planten 
und reichlich Bananen angebaut. Die Ein- 
geborenen bauen von den aufgeführten Nahrungs- 
mitteln nicht mehr an, als sie für sich brauchen. 
Eher ist das Gegenteil der Fall. Fast in den 
meisten Gebieten, vor allen aber bei den Moei, 
fand ich, daß es an Lebensmitteln fehlte. Fragte 
man nach dem Grunde des Mangels, so hieß es 
jedesmal: die Elefanten haben die Farmen ver- 
wüstet und alles aufgefressen. Dies ist eine 
wunderbare Umkleidung der Negerfaulheit; denn 
oft gab es in diesem Gebiete, wo gerade Nah- 
rungsmangel war, gar keine Elefanten. Während 
meiner ganzen Reise habe ich eine einzige von 
Elefanten verwüstete Farm gesehen. Ist wirklich 
zu erwarten, daß Wild in die Farmen einbricht, 
so weiß sich der Eingeborene schon zu helfen, 
indem er nachts in seiner Farm wacht und Feuer 
anzündet und das Wild vertreibt; auch Schreck- 
schüsse werden abgegeben: etwas Pulver ist überall 
noch vorhanden. 
Großvieh gibt es im ganzen Gebiet nicht. 
Schafe und Ziegen sind stellenweise in reicher 
Zahl vorhanden. Sie wurden aber fast stets 
beim Aumarsch der Expedition fortgetrieben. 
Hühner gibt es in großer Anzahl; jedoch 
wäre hier eine Blutauffrischung am Platze. Die 
Hühner sind klein und dürftig, so daß es sich 
manchmal nicht lohnt, sie zu schlachten. In 
manchen Orten wurden auch Enten, aber nur 
in geringer Anzahl, vorgefunden. Dies mag 
seinen Grund darin haben, daß junge Enten 
sorgfältiger Pflege bedürfen.
	        
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