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dem Süden und Südwesten stattgefunden. Jetzt
macht sich eine ziemlich starke Rückwanderung,
vor allem aus dem französischen Gebiet, bemerkbar.
Das Stromgebiet des Ntem mit seinen großen
Nebenflüssen, Biwume, Mwila, Mboro, Lobo und
Kom, und den unzähligen zum Teil nicht un-
bedeutenden Bächen kann wohl als das wasser-
reichste Gebiet Kameruns bezeichnet werden. Leider
hat aber auch der Ntem, wie alle Ströme unseres
Schutzgebiets, derartig viel Schnellen und Wasser-
fälle, daß er der Schiffahrt wohl kaum dienstbar
gemacht werden kann.
Die Ntum und Mwei gehören dem Volke der
Fan an und sind sich in Sitten und Gebräuchen
sowie in der Sprache, die ebenso wie z. B. Jaunde
und Bulu ein Dialekt der Fan-Sprache ist, ganz
gleich. Sie unterscheiden sich nur durch ihre
Namen. Denn auch die Tätowierung findet man
bei beiden Stämmen ganz gleich. Was die Namen
Ntum und Mwei bedeuten, war trotz häufigem
Nachfragen nicht zu erkunden. Ich erhielt immer
die Antwort, man wisse es selbst nicht. Das Wort
Ntum ist nur bei den Bulu gebräuchlich, denn
sie selbst nennen sich „Ntumu“.
Wohl aber sind Ntum und Mwei, was ihre
Wohnsitze angeht, etwas schärfer voneinander ge-
schieden. Zwei Mwei-Komplexe gruppieren sich
nordöstlich und nordwestlich um den im Süden
weit über die Kamerun-Grenze sich ausdehnenden
Komplex des Ntum-Stammes. Nur dort, wo
dicht an der Bulu-Grenze diese Komplexe wie
Keilspitzen zusammenstoßen, ist ein Durcheinander-
wohnen bemerkbar.
In ihrer Gesamtheit erstrecken sich die Ntum
und Mwei nördlich bis an die Grenze der Bulu,
westlich bis nahe an die Küste heran, südlich weit
ins spanische und französische Grenzgebiet hinein,
und östlich ungefähr bis etwa zum zwölften
Längengrad, wo sie an den Stamm der Mfang
angrenzen. Die nördlich von der Station Kampo
wohnenden sog. Mpangwe sollen Mwei, die südlich
davon wohnenden sollen Ntum sein.
Während bei den Ntum und Mwei die Männer
mit wenigen Ausnahmen neuerdings sich mit den
in den Faktoreien gekauften Zeugen, Hüten,
Hemden u. dgl. kleiden, haben die Frauen noch
ihre ursprüngliche Tracht vollständig beibehalten.
In die Haare werden die verschiedenen Arten
Perlen, Polsternägel, Kauri-Muscheln, Hemden-
knöpfe aus Porzellan usw. eingeflochten und daraus
eine Art Helm gebildet. Als weiterer Schmuck
gelten 3 bis 4 kg schwere Halsringe. Besonders
vornehme oder schöne Weiber tragen deren zwei
um den Hals. Einige Perlenschnüre werden
durch die Nase gezogen, so daß diese Perlen auf
der Oberlippe und den Backen aufliegen. Be-
kanntlich durchlöchern alle Fan, Männer wie
Weiber, die Nasenwand in der Nähe der Nasen-
spitze. Fuß= und Fingerringe aus Messing, ebenso
wie auch Halsringe, werden von beiden Ge-
schlechtern getragen. Der Haarschmuck, wie ihn
heute noch die Frauen haben, wurde früher auch
von den Männern getragen; vereinzelt sieht man
sie noch heute so herumlaufen, vor allem bei den
Essamangun.
Bestimmte Handwerker gibt es nur wenig:
Haarkünstler, die den Frauen die eigentümlichen
Haarhelme zurechtmachen, und Schmiede, die aus
Messing Hals= und Fußringe sowie aus Eisen
Speere, Hacken für die Feldarbeit und ähnliches
machen. Sonst überläßt der Ntum und Mwei
die Hauptarbeit den Frauen. Beim Gummi-
schneiden ist, wenigstens auf deutschem Gebiete,
der Ntum nur selten zu treffen. Am liebsten
leisten die jungen Leute Trägerdienste für die
Faktoreien.
Wie stark die Ntum-Bevölkerung ist, kann ich
zur Zeit auch schätzungsweise noch nicht angeben.
Die Bodenbearbeitung und Farmwirtschaft
der Ntum und Mwei weicht nicht bedeutend von
der der anderen Fan-Stämme ab. Es werden
Mais, Erdnüsse, Koko, Jams, Kassada, Planten
und reichlich Bananen angebaut. Die Ein-
geborenen bauen von den aufgeführten Nahrungs-
mitteln nicht mehr an, als sie für sich brauchen.
Eher ist das Gegenteil der Fall. Fast in den
meisten Gebieten, vor allen aber bei den Moei,
fand ich, daß es an Lebensmitteln fehlte. Fragte
man nach dem Grunde des Mangels, so hieß es
jedesmal: die Elefanten haben die Farmen ver-
wüstet und alles aufgefressen. Dies ist eine
wunderbare Umkleidung der Negerfaulheit; denn
oft gab es in diesem Gebiete, wo gerade Nah-
rungsmangel war, gar keine Elefanten. Während
meiner ganzen Reise habe ich eine einzige von
Elefanten verwüstete Farm gesehen. Ist wirklich
zu erwarten, daß Wild in die Farmen einbricht,
so weiß sich der Eingeborene schon zu helfen,
indem er nachts in seiner Farm wacht und Feuer
anzündet und das Wild vertreibt; auch Schreck-
schüsse werden abgegeben: etwas Pulver ist überall
noch vorhanden.
Großvieh gibt es im ganzen Gebiet nicht.
Schafe und Ziegen sind stellenweise in reicher
Zahl vorhanden. Sie wurden aber fast stets
beim Aumarsch der Expedition fortgetrieben.
Hühner gibt es in großer Anzahl; jedoch
wäre hier eine Blutauffrischung am Platze. Die
Hühner sind klein und dürftig, so daß es sich
manchmal nicht lohnt, sie zu schlachten. In
manchen Orten wurden auch Enten, aber nur
in geringer Anzahl, vorgefunden. Dies mag
seinen Grund darin haben, daß junge Enten
sorgfältiger Pflege bedürfen.