Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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einzelnen Häuptlinge vornehmen soll! Wie oben 
angegeben schlägt ein fleißiger Bakwirimann für 
seine Frau im Jahre 8 bis 12 ar Busch für 
neue Farmanlagen. Um in der Berechnung 
nicht zu hoch zu greifen, wollen wir im folgenden 
8 ar jährliche Neuanlage pro Frau annehmen. 
Bei der Ausscheidung der Reservate am Kamerun- 
gebirge nun wurden pro Hütte 4 bis 6 ha 
Reservatsland für die Eingeborenen aus dem 
Pflanzungsgebiete ausgeschieden. Es dürfte nicht 
zu hoch gegriffen sein, wenn man des Weiteren 
pro Hütte zwei Frauen rechnet. An Dorfplatz 
und Viehweide (unter Viehweide ist hier der um 
Dörfer der Bakwiri herumliegende, meist mit 
einer lebenden Hecke oder einem Zaun umgebene 
Niederbusch verstanden) muß pro Hütte von den 
durchschnittlichen 5 ha Land ein Hektar abgezogen 
werden; es muß ferner an nicht kulturfähigem 
Lande ein Abzug in Anschlag gebracht werden, 
der durchschnittlich nicht festzulegen ist; ange- 
nommen, es sei auf die 5 ha pro Hütte ¼ ha 
unbrauchbares Land (am Kamerungebirge ist es 
meist beträchtlich mehr!) so restieren pro Hütte 
an kulturfähigem Lande 3344 ha oder pro Frau 
— 1N⅝ ha. Bei der Wanderwirtschaft der 
Bakwiri wird nun eine Frau, den obigen jähr- 
lichen Neuschlag von 8 ar festgehalten, in 
21 Jahren erst wieder in die Lage kommen, 
dasselbe Land wieder bebauen zu müssen. Im 
allgemeinen genügen jedoch 12 bis 15 Jahre, 
um den Boden genügend ausruhen zu lassen. 
Die Frau braucht also tatsächlich nicht ganz 
1/8 ha zu ihrer Feldwirtschaft. Das übrige 
Land (2/8 ha) könnte hier für die Kautschukkultur 
in Angriff genommen werden; mehr jedoch keines- 
falls, es sei denn, daß man ein neues Wirtschafts- 
system (Düngung) einführte, das es ermöglicht, 
denselben Boden dauernd zu bestellen. 
Diese Verhältnisse müssen in den Kautschuk- 
distrikten ebenfalls untersucht werden, auch wenn 
dort Kronland noch nicht ausgeschieden ist und 
pro Hütte ein viel größeres Arcal zur Verfügung 
steht. Die Reservate der Bakwiri sind zu klein; 
der Beamte achte darauf, daß in seinem Bezirke 
die Eingeborenen bei eventueller Landausscheidung 
genügend Land (7 bis 10 ha pro Hütte) erhalten. 
Das Land am Kamerungebirge ist im allgemeinen 
sehr fruchtbar, in den Südbezirken, wo lateritischer 
Boden vorherrscht, ist der Boden weniger ergiebig; 
s müssen dort auch schon zur Ernährung der 
Eingeborenen größere Farmen angelegt werden. — 
Hat der Beamte sich für seinen Bezirk eine 
Durchschnittszahl der Neurodungen im Jahre pro 
Hütte oder Person ermittelt, so kann er sich 
ohne weiteres aus der Bevölkerungsziffer be- 
rechnen, wieviel Pflanzen er anziehen muß und 
wieviel der einzelne Oäuptling davon zu erhalten 
  
hat. Bei den Bakwiri ist die Berechnung die 
folgende: Eine Frau legt 8 ar neu an im 
Jahre und soll hier 2XX/2 m Käickria pflanzen. 
800: 4— 200 Pflanzen oder pro Hütte 400 
Pflanzen. 
Diese Arbeiten setzen eine genaue Lokal- 
kenntnis voraus, und es scheint mir besser, zu- 
nächst nicht den ganzen Bezirk heranzuziehen, 
sondern nur die umliegenden Häuptlinge und 
Dörfer, anstatt sogleich den ganzen Bezirk mit 
Pflanzenmaterial zu überschwemmen. Wie ich 
mir dieses Vorgehen denke, habe ich auf der 
Skizze (Fig. 8) schematisch einzutragen versucht. 
Es sollen zunächst die Eingeborenen, die an den 
großen Regierungsstraßen sitzen, herangezogen 
werden, weil diese Leute leicht zu kontrollieren 
sind, und weil auch hier meist die Bevölkerung 
am dichtesten sitzt. Ist die Strecke bearbeitet, so 
geht man in konzentrischen Kreisen um die 
Station vor. Diese Art des Vorgehens soll 
natürlich keine conditio sine dqua non sein, 
sondern nur eine Möglichkeit angeben, wie ich 
überhaupt die Behandlung der Fragen vom 
verwaltungstechnischen Standpunkte den einzelnen 
Bezirksämtern und Stationen überlassen wissen 
möchte. 
Gegen die Forderung, die Kickriakultur in die 
Wirtschaft der Eingeborenen selbst einzuführen, 
wurden mir von verschiedener Seite Bedenken 
entgegengehalten, derart, daß die Bodenbewirt- 
schaftung der Völker des Südens eine viel primi- 
tivere wäre und daß das, was bei den Bakwiri, 
Duala usw. ginge, hier undurchführbar sei. 
Sollte es sich, was ich nicht annehme, wirk- 
lich so herausstellen (bei den Bulu und Jaunde 
ist dies nicht der Fall), so müßte man die Ein- 
geborenen zwingen, die alten verlassenen Farmen 
wieder zu reinigen und mit Kickrien zu bepflanzen. 
Der zu erwartenden schlechten Pflege halber müßte 
man die Leute veraulassen noch enger, etwa 
1½ X 1⅛ oder gar 1,25 X 1,25 m zu pflanzen. 
Man muß sich aber im voraus darüber klar 
sein, daß der auf diese Methode zu erzielende 
Erfolg ein viel geringerer sein wird, obwohl er 
eine größere und sorgfältigere Aufsicht erfordert. 
1. Auf abgebautem Boden wächst die Kickria 
zwar, aber bei weitem nicht so gut als auf frischem 
Boden, auch wenn sie dort unter anderen Kul- 
turen steht. 
2. Der Eingeborene hat größere Mühe; denn 
die Arbeit, die durch das Einpflanzen und Zäten 
der Kickrien im obigen Falle entsteht, besorgt ihm 
sein Weib, die ja, wie auch bei den Bakiwiri, das 
ganze Pflanzgeschäft und die Unterhaltung der 
Farm zu besorgen hat. Eine neue Kickriafarm 
würde er selbst aulegen und pflegen müssen. Er 
wird sich dieser Arbeit entziehen, denn er hat
	        
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