Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Die Kappsfarmlinie behält noch Windhuk als 
Zwangspunkt bei. Die Ermittlungen über sie haben 
die Vermutung ihrer bau= und betriebstechnischen 
Überlegenheit über die Arislinie nicht bestätigt. Sie 
wird nicht nur reichlich 3 Millionen Mark teurer, 
sondern, ohne einen neunenswert niedrigeren Paß zu 
benutzen und ohne irgendwelche Kinstigen Neigungs- 
verhältnisse aufguweisen, etwa 55 km länger als jene, 
belastet also das Schutzgebiet mit einem unnötigen 
Mehr an Anleihezinsen und vertenuert alle Transporte 
zwischen Norden und Süden um die Betriebskosten für 
55 km. Es wird für sie ins Feld geführt, daß sie 
das Bastardland, das zur Zeit für die Besiedlung nur 
beschränkt verfügbar ist, unter Durchquerung wirt- 
schaftlich aufblühender anderer Landstriche umgeht und 
nicht, wie die Arislinie, auf große Lünge durchschneidet. 
Nach dem oben Gesagten muß aber einleuchten, daß 
es ein verhängnisvoller Fehler wäre, wenn man wegen 
dieser zeitweiligen Verhältnisse die Hauptlinie einen 
großen Umweg machen lassen wollic. Uberdies ist das 
Bastardland für den Bergbau schon jetzt frei. Auch 
wer der Landwirtschaft in Südwestafrika höhere Be- 
dentung beilegt als dem Bergbau, wird anerkennen, 
daß dieser mehr auf Bahnen angewiesen ist und sie 
eher ernähren kann als jene. Wer die Bahnen günstig 
für den Bergbau legt, erweist der Volkswirtschaft und 
selbst der Landwirtschaft einen größeren Dienst, als 
wer für kleine Vorteile einer örtlich eng begrengzten 
Landwirtschaft die Bahn in eine die bergbaulichen 
Transporte verteuernde Führung drängt. Erreichen 
die östlichen Landstriche einmal eine Entwicklung, die 
zu ihrer Bewahrung und Steigerung eine Bahn wirklich 
nötig hat, so ist die eingig richtige Lösung eine Stich- 
bahn. Die Kappsfarmlinie aber ist unhaltbar. Ubri- 
gens würde sie, da der ausgeworfene Baufonds nicht 
ansreicht, nicht ohne Befragung der gesetzgebenden 
Körperschaften und daher nicht vor Ablauf etwa eines 
Jahres in Angriff genommen werden können. 
Wenn die Kappsfarmlinie nicht möglich ist, kann 
die Anasschranke nur unter Ausschaltung Windhuks 
umgangen werden. Die beste Lösung hierfür ist die 
Otjihangwe-Linie. Ihr Bauaufwand ist reichlich 5 Mil- 
lionen Mark höher zu veranschlagen, als der der Aris- 
linie. Die Beschaffung dieser 5 Millionen Mark würde 
allerdings insofern nicht auf dieselben Schwierigkeiten 
stoßen, wie die des Mehrbedarfs der Kappsfarmlinie, 
als sie in diesem Falle dadurch eingespart werden 
können, daß das daun zur Lokalstrecke werdende Bahn- 
stück Waldau—--Windhuk in wesentlich kleinerem Maße 
verbessert wird als für den Fall des Baucs der Aris- 
linice. In den volkswirtschaftlichen Vergleich aber, in 
einen Vergleich, der die spätere, endgültige Gestalt des 
Bahnnetzes berücksichtigt, ist nicht der Aufwand für 
diesen vorläufigen primitiven, sondern der für den 
schließlich einmal nötigen gründlichen Umbau Waldau. 
Windhuk einzustellen. Anderseits ist zu berücksichtigen, 
daß, wie mit Recht geltend gemacht ist, die Otsihangwe- 
Linie schon ein Stück Ostbahn in sich schließt, also 
nicht nur den Süden mit dem Norden verbindet, son- 
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dern auch den Osten eröffnet. (Die Ostbahn wird 
einmal kommen und muß — das darf nach den jetzigen 
Erkundungen gesagt werden — etwa von Waldan, 
nicht von Windhuk ausgehen.) Für den gleichen, 
doppelten volkswirtschaftlichen Effekt müßte im Falle 
der Wahl der Arislinie noch eine Strecke besonderer 
Ostbahn, etwa von Waldau aus, ebenfalls für rund 
5 Millionen Mark, gebaut werden. Die beiden Vergleichs- 
objekte, Arislinie plus Windhuk— Waldau plus Ostbahn= 
stück einerseits und Otjihangwe-Linie plus Waldau— 
Windhuk anderseits dürfen als gleich teuer gelten. Da 
ferner die Stichbahnbetriebe Ostbahnstück und Maldau— 
Windhuk ungefähr mit gleichem Betriebskostenbedarf 
eingestellt werden dürfen, steht betriebstechnisch 
zum Vergleich die Otjihangwe-Linie gegen die Aris- 
route plus Waldau—Windhuk. Die erstere Strecke 
von Waldau (genauer Kilometer 276) bis Keetmans- 
hoop ist etwas über 80 km länger als die letztere. 
Transporte vom Teilungspunkte bis zum Vereinigungs- 
punkte der beiden Routen werden auf der Otjihangwe- 
route um den Betrag der allgemeinen, der Strecken- 
und der Stationskosten für jene 80 km Umweg 
verteuert, was schon bei geringem Verkehr jährlich 
150 000 ! ausmacht. Die Steigungsverhältnisse der 
Trasse 3 sind allerdings besonders günstig, trondem 
sind infolge der großen Mehrlänge die reinen Zug- 
kosten für jene Transporte ebenfalls höher und zwar 
etwa 14 v. H. oder zwei Drittel Mark/t. Nicht uner- 
wähnt darf bleiben, daß der Personenverkehr zwischen 
Windhuk und Keetmanshoop über die Otjihangwe- 
Linie fast um 60 v. H. teurer wird als über die Aris- 
linie. Nun wird angeführt, daß der Binnenverkebr 
einmal eine direkte Linie, etwa von Grootfontein über 
Otjihangwe nach Keetmanshoop, erfordern und daher 
die jetzt zu bauende Linie zweckmäßig im Zuge dieser 
Bahn Grootfontein — Keetmanshoop geführt werde. 
Dem ist entgegenzuhalten, daß längere Wege über 
bestehende Bahnen billiger zurückzulegen sein können 
als kürzere Wege über neue, zum Zweck der Abkürzung 
erst angulegende Bahnen. Auf den ersteren sind die 
Transporte noch vorteilhaft, wenn sie nur wenig mehr 
als die reinen Zugkosten decken, auf den letzteren müssen 
sie außerdem die ganzen allgemeinen, die Stations- 
und die Streckenkosten sowie die gesamten Anleibezinsen 
tragen. Infolgedessen kann es billiger sein, ein Gut 
von Grootfontein über die bestehenden Linien, über 
Otavi, Karibib, Waldau, Windhuk zu fahren als über 
eine hierfür besonders gebaute Linie Grootfontein — 
Otjihangwe und weiter über die als bestebend ange— 
nommene Strecke Otsihangwe — Keetmanshoop. Er- 
innern wir uns noch daran, was im Eingang über 
die Notwendigkeit der erstlinigen Berücksichtigung des 
liersceverkehrs gesagt wurde, und beachten wir. daß 
die Arislinie die militärischen und politischen Be- 
dürfnisse am besten befriedigt sowie daß die Ausschal- 
tung Windhuks gegen die Otjihangwe-Linie spricht. 
so muß die Entscheidung zugunsten der Aris- 
linie fallen. 
  
  
  
Verkehrs-MNachrichten. 
Die Postanstalt in Jakalswater (Deutsch-Südwestafrika) nimmt am Paket-, Postanweisungs- 
und Nachnahmedienste nicht mehr teil.
	        
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