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Die Kappsfarmlinie behält noch Windhuk als
Zwangspunkt bei. Die Ermittlungen über sie haben
die Vermutung ihrer bau= und betriebstechnischen
Überlegenheit über die Arislinie nicht bestätigt. Sie
wird nicht nur reichlich 3 Millionen Mark teurer,
sondern, ohne einen neunenswert niedrigeren Paß zu
benutzen und ohne irgendwelche Kinstigen Neigungs-
verhältnisse aufguweisen, etwa 55 km länger als jene,
belastet also das Schutzgebiet mit einem unnötigen
Mehr an Anleihezinsen und vertenuert alle Transporte
zwischen Norden und Süden um die Betriebskosten für
55 km. Es wird für sie ins Feld geführt, daß sie
das Bastardland, das zur Zeit für die Besiedlung nur
beschränkt verfügbar ist, unter Durchquerung wirt-
schaftlich aufblühender anderer Landstriche umgeht und
nicht, wie die Arislinie, auf große Lünge durchschneidet.
Nach dem oben Gesagten muß aber einleuchten, daß
es ein verhängnisvoller Fehler wäre, wenn man wegen
dieser zeitweiligen Verhältnisse die Hauptlinie einen
großen Umweg machen lassen wollic. Uberdies ist das
Bastardland für den Bergbau schon jetzt frei. Auch
wer der Landwirtschaft in Südwestafrika höhere Be-
dentung beilegt als dem Bergbau, wird anerkennen,
daß dieser mehr auf Bahnen angewiesen ist und sie
eher ernähren kann als jene. Wer die Bahnen günstig
für den Bergbau legt, erweist der Volkswirtschaft und
selbst der Landwirtschaft einen größeren Dienst, als
wer für kleine Vorteile einer örtlich eng begrengzten
Landwirtschaft die Bahn in eine die bergbaulichen
Transporte verteuernde Führung drängt. Erreichen
die östlichen Landstriche einmal eine Entwicklung, die
zu ihrer Bewahrung und Steigerung eine Bahn wirklich
nötig hat, so ist die eingig richtige Lösung eine Stich-
bahn. Die Kappsfarmlinie aber ist unhaltbar. Ubri-
gens würde sie, da der ausgeworfene Baufonds nicht
ansreicht, nicht ohne Befragung der gesetzgebenden
Körperschaften und daher nicht vor Ablauf etwa eines
Jahres in Angriff genommen werden können.
Wenn die Kappsfarmlinie nicht möglich ist, kann
die Anasschranke nur unter Ausschaltung Windhuks
umgangen werden. Die beste Lösung hierfür ist die
Otjihangwe-Linie. Ihr Bauaufwand ist reichlich 5 Mil-
lionen Mark höher zu veranschlagen, als der der Aris-
linie. Die Beschaffung dieser 5 Millionen Mark würde
allerdings insofern nicht auf dieselben Schwierigkeiten
stoßen, wie die des Mehrbedarfs der Kappsfarmlinie,
als sie in diesem Falle dadurch eingespart werden
können, daß das daun zur Lokalstrecke werdende Bahn-
stück Waldau—--Windhuk in wesentlich kleinerem Maße
verbessert wird als für den Fall des Baucs der Aris-
linice. In den volkswirtschaftlichen Vergleich aber, in
einen Vergleich, der die spätere, endgültige Gestalt des
Bahnnetzes berücksichtigt, ist nicht der Aufwand für
diesen vorläufigen primitiven, sondern der für den
schließlich einmal nötigen gründlichen Umbau Waldau.
Windhuk einzustellen. Anderseits ist zu berücksichtigen,
daß, wie mit Recht geltend gemacht ist, die Otsihangwe-
Linie schon ein Stück Ostbahn in sich schließt, also
nicht nur den Süden mit dem Norden verbindet, son-
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dern auch den Osten eröffnet. (Die Ostbahn wird
einmal kommen und muß — das darf nach den jetzigen
Erkundungen gesagt werden — etwa von Waldan,
nicht von Windhuk ausgehen.) Für den gleichen,
doppelten volkswirtschaftlichen Effekt müßte im Falle
der Wahl der Arislinie noch eine Strecke besonderer
Ostbahn, etwa von Waldau aus, ebenfalls für rund
5 Millionen Mark, gebaut werden. Die beiden Vergleichs-
objekte, Arislinie plus Windhuk— Waldau plus Ostbahn=
stück einerseits und Otjihangwe-Linie plus Waldau—
Windhuk anderseits dürfen als gleich teuer gelten. Da
ferner die Stichbahnbetriebe Ostbahnstück und Maldau—
Windhuk ungefähr mit gleichem Betriebskostenbedarf
eingestellt werden dürfen, steht betriebstechnisch
zum Vergleich die Otjihangwe-Linie gegen die Aris-
route plus Waldau—Windhuk. Die erstere Strecke
von Waldau (genauer Kilometer 276) bis Keetmans-
hoop ist etwas über 80 km länger als die letztere.
Transporte vom Teilungspunkte bis zum Vereinigungs-
punkte der beiden Routen werden auf der Otjihangwe-
route um den Betrag der allgemeinen, der Strecken-
und der Stationskosten für jene 80 km Umweg
verteuert, was schon bei geringem Verkehr jährlich
150 000 ! ausmacht. Die Steigungsverhältnisse der
Trasse 3 sind allerdings besonders günstig, trondem
sind infolge der großen Mehrlänge die reinen Zug-
kosten für jene Transporte ebenfalls höher und zwar
etwa 14 v. H. oder zwei Drittel Mark/t. Nicht uner-
wähnt darf bleiben, daß der Personenverkehr zwischen
Windhuk und Keetmanshoop über die Otjihangwe-
Linie fast um 60 v. H. teurer wird als über die Aris-
linie. Nun wird angeführt, daß der Binnenverkebr
einmal eine direkte Linie, etwa von Grootfontein über
Otjihangwe nach Keetmanshoop, erfordern und daher
die jetzt zu bauende Linie zweckmäßig im Zuge dieser
Bahn Grootfontein — Keetmanshoop geführt werde.
Dem ist entgegenzuhalten, daß längere Wege über
bestehende Bahnen billiger zurückzulegen sein können
als kürzere Wege über neue, zum Zweck der Abkürzung
erst angulegende Bahnen. Auf den ersteren sind die
Transporte noch vorteilhaft, wenn sie nur wenig mehr
als die reinen Zugkosten decken, auf den letzteren müssen
sie außerdem die ganzen allgemeinen, die Stations-
und die Streckenkosten sowie die gesamten Anleibezinsen
tragen. Infolgedessen kann es billiger sein, ein Gut
von Grootfontein über die bestehenden Linien, über
Otavi, Karibib, Waldau, Windhuk zu fahren als über
eine hierfür besonders gebaute Linie Grootfontein —
Otjihangwe und weiter über die als bestebend ange—
nommene Strecke Otsihangwe — Keetmanshoop. Er-
innern wir uns noch daran, was im Eingang über
die Notwendigkeit der erstlinigen Berücksichtigung des
liersceverkehrs gesagt wurde, und beachten wir. daß
die Arislinie die militärischen und politischen Be-
dürfnisse am besten befriedigt sowie daß die Ausschal-
tung Windhuks gegen die Otjihangwe-Linie spricht.
so muß die Entscheidung zugunsten der Aris-
linie fallen.
Verkehrs-MNachrichten.
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