Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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harren, auch für die Zukunft gute Aussichten 
bieten. Die Kolonialverwaltung wird nach wie 
vor alle ernsten und soliden Unternehmungen, 
von denen sie die Überzeugung hat, daß sie gleich- 
zeitig auch für die Entwickelung unserer Schutz- 
gebiete von Nutzen und Segen sind, bereitwilligst 
unterstützen, und sie wird sich nur freuen, wenn 
denjenigen, welche sich in unseren Kolonien be- 
tätigen, entsprechende Gewinne zufließen. Bei 
der Vergebung von Rechten wird sie sich anderer- 
seits stets vor Augen halten, ob und in welchem 
Umfange auch die Kolonien Nutzen aus ihnen 
ziehen können. Monopolartige Rechte, welche 
in früheren Zeiten wegen der wenig gesicherten 
Derhältnisse in unseren Schutzgebieten eine gewisse 
Berechtigung gehabt haben mögen, werden bei 
dem derzeitigen Entwickelungsstadium, 
in dem sich unsere kolonialen Besitzungen be- 
finden, im allgemeinen nicht mehr verliehen 
werden.“ 
Sodann wurde in die Tagesordnung einge- 
treten. 
Diese lautete: 
1. Aufgaben der Kreditorganisation in den 
deutschen Schutzgebieten mit besonderer Be- 
rücksichtigung von Südwestafrika. 
. Maßnahmen gegen unsolide koloniale Neu- 
gründungen. 
3. Förderung der Handelsbeziehungen der 
deutschen Schutzgebiete mit dem Mutter- 
lande. 
Zu Punkt 1 bemerkt der Vorsitzende ein- 
leitend: die Kreditorganisation in den Schutz- 
gebieten, insbesondere in Deutsch-Südwestafrika, 
sei eine der dringendsten Aufgaben der Kolonial= 
verwaltung. Der Gouverneur des genannten 
Schutzgebietes spreche sich in einem Bericht von 
Ende Mai d. Is. dahin aus, er habe nach 
Rücksprache mit Farmern und durch Einblick in 
die Verhältnisse die Überzeugung erlangt, daß 
neuer Kredit für das Schutzgebiet dringlich, in 
gewissem Umfange unbedingt erforderlich sei. 
Vor allem müsse durch neuen Kredit die Wasser- 
erschließung gefördert werden, die für Süd- 
westafrika beinahe alles bedeute. Es genüge 
nicht, wenn auf einer Farm eine Wasserstelle zur 
Verfügung stehe, vielmehr könne die Farm nur 
daun ganz ausgenutzt werden, wenn mehrere 
Wasserstellen vorhanden wären. 
Die Frage der Kreditorganisation sei un- 
gemein schwierig. Wenn man in der heutigen 
Sitzung auch noch nicht dazu gelangen werde, 
bestimmte Vorschläge aufzustellen, so halte er doch 
eine Aussprache über diesen Punkt für sehr 
förderlich; vielleicht würde auch das eine oder 
andere Kommissionsmitglied bei den weiteren 
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Verhandlungen dem Amte seine Unterstützung 
gewähren. 
Ehe er den Herrn Referenten bitte, das 
Wort zu ergreifen, möchte er insbesondere auf 
das, was in dem schriftlichen Referat über die 
Transvaal-Bank gesagt sei, hinweisen; die klima- 
tischen und speziell die Wasserverhältnisse in jenen 
Gebieten ähnelten denen unseres Schutzgebietes 
sehr. 
Der Referent Herr Geheimrat Dr. Zoepfl 
verwies auf sein den Teilnehmern bereits zu- 
gegangenes Referat") und hob hervor, daß er 
sich darin einer bestimmten Stellungnahme zu den 
einzelnen Fragen enthalten, vielmehr eine ver- 
gleichende Untersuchung zu geben versucht habe, 
die die Stellungnahme der Herren erleichtern 
solle. Seien doch gerade im Bank= und Kredit- 
wesen die obersten Grundsätze allgemein gültig. 
Deshalb komme trotz der Fülle des Materials 
das Referat doch schließlich auf verhältnismäßig 
nur wenige typische und sich mehr oder weniger 
überall wiederholende Krediteinrichtungen hinaus, 
die dann auch wieder bei den Mitteln und Wegen, 
die für die deutschen Kolonien in Frage kommen 
könnten, hervortreten. Der Referent ging sodann 
noch auf den wesentlichen Inhalt des Referats 
und der Anlagen ein, indem er einiges, wie 
z. B. die Transvaal-Bank, besonders hervorhob. 
Hierauf ergriff Herr Dr. Salomonsohn 
als Korreferent das Wort. Er führte aus: 
„Die Frage, welche Mittel und Wege zur 
Ausgestaltung der Kreditorganisation in den 
deutschen Schutzgebieten sich empfehlen, läßt sich 
meines Erachtens nicht generell beantworten, 
sondern muß für jedes Schutzgebiet besonders 
studiert und gelöst werden. Der Herr Referent 
hat bereits darauf hingewiesen, daß sich die 
Kolonien in dieser Hinsicht schon von vornherein 
in zwei Klassen teilen, einmal diejenigen Kolonien, 
bei denen eine Kreditgewährung an die Ein- 
geborenen in Frage kommt, also Neu-Guinea, 
Kamerun, Togo, und zweitens diejenigen, in 
denen das Kreditbedürfnis der weißen Ansiedler 
zu befriedigen ist, wie Samoa und Ost= und 
Südwestafrika, Kiautschon. Wir können die erstere 
Kategorie hier ganz ausschalten, weil das Kredit- 
bedürfnis der Eingeborenen in jenen Kolonien 
im großen und ganzen durch die daselbst Handel 
treibenden großen und kapitalkräftigen Gesell- 
schaften in ausreichender Weise befriedigt wird. 
Ich glaube aber, daß es nötig ist, auch bezüglich 
der der zweiten Kategorie angehörigen Kolonien 
mit Rücksicht auf ihre wirtschaftliche Verschiedenheit 
eine individnelle Behandlung eintreten zu lassen. 
— — — — 
*) Abdruck des Referats Seite 128 f.
	        
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