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auf Zwangsversteigerung wurden vor der Ver-
steigerung zurückgenommen bei 33 Farmen und
1 Kleinsiedlung und bei oder nach dem Ver-
steigerungstermin bei einer Farm. Es waren
Termine erfolglos bei 9 Farmen, und ein nicht
näher festzustellender Teil blieb unerledigt.
Meine Herren, diese Ziffern klingen nicht
günstig, namentlich der Umstand, daß bei den
latsächlich vollzogenen Zwangsversteigerungen nahe-
zu bei der Hälfte der Gläubiger sich zur Über-
nahme der Farm entschließen mußte, gibt sehr zu
denken, denn dieses Resultat ist gezeitigt in einer
Periode des Aufschwungs, in der nach Beendi-
gung des Aufstandes ein nicht unbeträchtlicher
Zuzug von neuen Ansiedlern stattfand, und durch
die Ausbeutung der Diamantfelder auch ein größerer
Kapitalzufluß sich einstellte.
Wie würde es da mit der Verkäuflichkeit des
Farmlandes aussehen, wenn Dürre oder Vieh-
seuchen das Land heimsuchen sollten? Hierzu
kommen noch die Gefahren der Wertverschiebung,
die in einem erst im Anfang seiner kulturellen
Entwicklung stehenden Lande durch eine Ver-
änderung der Verkehrswege usw. sehr schnell ein-
treten können.
Erheben sich somit begründete Zweifel an der
gesicherten jederzeitigen Realisierbarkeit der Pfand-
objekte, so fehlt es an der wichtigsten Voraus-
setzung jeden Realkredits, und damit ist allen
denjenigen Projekten unbedingt der Boden ent-
zogen, die in irgendeiner Form einer Erwerbs-
gesellschaft die Lösung der Aufgabe zuweisen.
Weder wird sich eine der deutschen Hypotheken-
banken dazu hergeben, selbst wenn ihr die gesetz-
liche Ermächtigung dazu erteilt würde, das Be-
leihungsgeschäft in Südwestafrika aufzunehmen,
da sie ihren europäischen Kredit damit gefährden
würde, noch würde sich privates Kapital für ein
in Südwestafrika zu begründendes neues Boden-
kreditinstitut finden. Wenn überhaupt, so kann
hier nur auf gemeinnütziger Grundlage Abhilfe
geschaffen werden.
Die Vorschläge, die auf dieser Basis ruhen
und die in dem Referate S. 139ff. eingehender
dargelegt sind, erstreben entweder die Errichtung
eines direkten Staatsinstituts oder eines gemischten
Instituts, bei welchem der Siaat durch Hergabe
des erforderlichen Grundkapitals oder durch Ge-
währung von Garantien oder Zuschüssen die ge-
meinnützige Grundlage und die Absetzbarkeit der
Pfandbriefe sicherstellen soll, oder drittens die
Errichtung eines genossenschaftlichen Instituts.
Alle diese Vorschläge kranken an einem ge-
meinsamen Übel, indem sie Analogien gelten
lassen wollen, wo keine analogen Verhältnisse vor-
liegen. Sie zielen alle nach Analogie der üb-
lichen Bodenkreditoperationen auf eine Pfandbrief-
emission auf Grund erststelliger Hypothekenunter-
lagen ab und nehmen deshalb die Ablösung der
vorstehenden fiskalischen Hypothekenforderungen
in Aussicht und übersehen dabei, daß die Ver-
hältnisse hier völlig anders liegen, daß auch im
Wege der Pfandbriefemission — die übrigens in
jedem Falle nur bei direkter Garantie des Staates
und nicht etwa, wie Dr. Fuchs annimmt, schon
im Falle der Ausfallsbürgschaft praktisch zu er-
möglichen wäre — niemals für den Grundbesitzer
so billiges Geld beschafft werden kann, als es
ihm durch die staatlichen zinslosen Vorhypotheken
gesichert ist. Dieser Vorteil wird eventuell bei
Einführung der von mir oben angeregten niedrigen
Verzinsung dieser Vorhypotheken zwar geschmälert,
aber nicht beseitigt werden. Ein Beispiel mag
dies erläutern: Angenommen, der Farmer hat die
ersten 34% dem Fiskus mit 40, die letzten
24 % dem Darleiher mit 10 % zu verzinsen, so
stellt sich der Durchschnittssatz für ihn auf 6,4 %,
ein Zinssatz, der ungefähr dem entspricht, den
die Befürworter dieser Vorschläge ins Auge ge-
faßt haben.
Dem vorstehend geltend gemachten Bedenken
suchen nun freilich einige der Reformvorschläge
dadurch zu begegnen, daß sie nicht eine Ablösung
der fiskalischen Hypothekenforderungen, sondern
eine Prioritätseinräumung seitens der letzteren
vorsehen. Dies würde im Grunde auf einen
Verzicht des Fiskus auf seine Forderungen hin-
auslaufen und kann ernstlich gar nicht in Er-
wägung gezogen werden.
In Südwestafrika handelt es sich meines Er-
achtens nicht und namentlich nicht, wenn die
von mir angeregte Prolongation der fizkalischen
Forderungen Platz greift — um die Beschaffung
erststelliger zur Pfandbriefumerlage geeigneter
Hypotheken, sondern um die Umwandlung an
3. Stelle stehender kurzfristiger Darlehen in lang-
fristige. Dies ist ein anders geartetes Problem,
das deshalb auch eine andere Lösung erheischt.
Die vorstehenden Ausführungen gehen von
der Voraussetzung aus, daß die aus dem vor-
liegenden statistischen Material sich ergebenden
ziffernmäßigen Grundlagen für die überwiegende
Mehrzahl der Farmen zutreffen, und daß die
Zahl derjenigen Farmen, bei welchen andere
hypothekarische Verhältnisse obwalten, nur in
kleinerem Umfange vorhanden sind, so daß sie
bei der generellen Regelung keine besondere Be-
rücksichtigung erheischen. Zur Entscheidung dieser
Frage fehlt es mir an der erforderlichen Sach-
kenntnis.
Bei dem in Südwestafrika bestehenden Kapital-
mangel kann diese Umwandlung der kurzfristigen
Oypotheken in langfristige in keiner anderen
Weise herbeigeführt werden als durch den Staat