Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

de PFrance, so daß der letztere als die eigentliche Kredit- 
quelle für Algier zu betrachten ist. Zu erwähnen ist 
noch die Societé algérienne, hervorgegangen aus der 
1865 mit Staats hhilfe gegründeten Socictc gnérale 
algerienne und Besitzerin von 100 000 ha Land. Sie 
verpachtet dieses und gewährt Darlehen. 
In hohem Maßc auf Staatshilfe basiert stellt sich 
das Bodenkreditwesen in Australien dar. Aus Anlage 
I. Nr. 7 ergibt sich, in welch beträchtlichem Maße in den 
einzelnen australischen Kolonien in neuerer Zeit seitens 
des Staates Bodenkredit für die Ansiedler gegeben 
wurde. Meist handelt es sich um Darlehen an Land- 
wirte in Höhe von je 800 bis 5000 L zu einem 
Prozentsatz von 4½ bis 5 v. O, rückzahlbar in 25 bis 
42 Jahren. Die Sicherheit besteht in einer erststelligen 
Oypothek innerhalb der Hälfte bis drei Fünfteln des 
Nutzwertes. Ausfälle sind selten und unbedentend ge- 
wesen wegen der gedeihlichen Lage der Landwirtschaft. 
In vielen Fällen wird Kredit nach einem festen Planu 
ohne Rücksicht auf die Persönlichkeit gegeben. So gibt 
in Westaustralien die „(iovernmem Agricultural 
Bank“ Darlehen bis 400 L ohne andere Sicherheit 
als das Land, für das der Ansiedler für 1 Acre 3 d 
bezahlt hat. In Neuseeland sind von 1905 bis 1910 
9343660 L Darlehen gegeben worden; die Verwaltungs- 
kosten betrugen nur 0,15 v. H. und der Gewinn betrug 
im letzten Rechnungsjahre 41 833 L. Nach allgemeiner 
Ausicht in Anstralien sind die Fortschritte der letzten 
Jahre hauptsächlich diesem Kreditsystem zuzuschreiben. 
Die derzeitigen Berhältnisse im Kredit- 
wesen der deutschen Schutzgebiete. 
In den deutschen Schutggebieten ist bis jetzt nur 
der kaufmännische Kredit in entsprechenden Kredit- 
instituten organisiert, wenigstens hat der Handel in 
den afrikanischen Kolonien Gelegenheit, sich solcher 
Instimte zu bedienen. Daneben machen aber auch, 
namentlich in Deutsch-Ostafrika, noch einzelne Kauf- 
leute wie die Firmen Hansing und Oswald selbst 
Bankiergeschäfte. Die Schungebiete in der Südse 
sind ganz auf solche Demnergrscüne von Handelsfirmen 
angewiesen (z. B. der D eutschen Handels- und Plantagen- 
gesellschaft!, Wir haben in Deutsch-Ostafrika die 
Deutsch-O stafrikanische Bank, die zugleich das Recht 
der Notenaus gabe und währungspolitische Aufgaben 
hat. Dementsprechend ist ihr Geschäftsbereich sehr be- 
schränkt. Sie darf z. B. Wechsel nur diskontieren, 
wenn sie zwei Unterschriften tragen. Für den land- 
wirtschaftlichen Kredit kommt sie nicht in Betracht. 
Die von dem Kongern der Deutsch-Ostafrikanischen 
Bank neuerdings gegründete Handelsbank für Ost- 
afrika kann sich freier bewegen, namentlich auch in 
Wechselgeschäften, und könnte sich auch bis zu einem 
gewissen Maße dem landwirtschaftlichen Kredit widmen, 
in ähnlicher Weise, wie dies von den französischen 
Kolonialbanken gezeitigt wurde. Ob sie dies aber 
beabsichtigt und ob überhaupt das Syftem der Ver- 
einigung von gewöhnlichen kaufmännischen Bank- 
geschäften und Gewährung landwirtschaftlichen Kredits 
in weitgebendem Maße zu empfehlen ist, erscheint 
fraglich. Im übrigen findet sich in Ostafrika noch eine 
städtische Sparkasse, welche auch Oyupotheken auf städtische 
Grundstücke gibt. 
In Westafrika haben wir für Togo und Kamerun 
die Westafrikanische Bank, die den kansmännischen 
Nredit pflegt und neuerdings eine Sparkasse haupt- 
sächlich für Cingeborene in Togo eingerichtet hat, deren 
Guthaben sic mit 41%% verzinst. 
Jn Deutsch= Südwestafrika arbeitet die Deutsche 
Afrikabank mit Filialen in Swakopmund, Lüderitbucht, 
Gibeon und Windhuk, ferner die Bank der deutschen 
  
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Kolonialgesellschaft für Südwestafrika mit Nieder- 
lassungen in Swakopmund und Lüderiubucht. 
Alle diese Banken pflegen den kaufmännischen Kredit. 
Die Deutsche Afrikabank, die Westafrikanische Bank und 
die Deutsch-Ostafrikanische Bank arbeiten auch kauf- 
männisch mit der Regierung, die bei ihnen ein Guthaben 
unterhält. Die Deutsche Afrikabank gibt in Südwestafrika 
gelegentlich auch langfristigeren Kredit gegen hypothe- 
karische Sicherheit bis zu 15 000 K, ein Jahr unkünd- 
bar, dann in Raten gegen Akzgepte rückzahlbar, mit halb- 
jührlicher Kündigungomöglichkeit nach Ablauf des ersten 
Jahres. Der Zinsfuß hierfür soll 7½ bis 8 % sein und 
zur Bedingung wird gemacht, daß die Belastung der 
Grundstücke mit Restkaufgeldern und Ansiedelungs- 
beihilfen des Staates abgelöst ist. Eigentliche Bodenkredit- 
geschäfte unter Ausgabe von Oypothekenpfandbriefen 
macht nur die Deutsch-Asiatische Bank in Kiantschon 
auf Grund der Reichskanzlerverordnung vom 24. Ja- 
nuar 1910. Danach errichtet die Deutsch-Asiatische 
Bank eine Abteilung, welche die hupothekarische Be- 
leihung von Grundstücken und die Ausgabe von In- 
haberschuldverschreibungen auf Grund der erworbenen 
Hypotheken zur Aufgabe hat. Die Hypothekenabteilung 
führt gesonderte Korrespondenz und hat gesonderte 
Buchführnng. Ihr Geschäftsbetrieb wird bei der 
Filiale Tsingtau gentralisiert. Die Oypothekenabteilung 
unterliegt der Aufsicht des Reichskanzlers. Die Aussicht 
erstreckt sich auf den ganzen Geschäftsbetrieb der Ab- 
teilung und dauert auch nach deren Auflosung bis zur 
Beendigung der Liqudidation der Abteilung fort. Es 
handelt sich bei diesem Unternehmen um hupothekarische 
Beleihung städtischer Grundstücke in Kiautschou. 
Das einzige landwirtschaftliche Kredit- 
institut in den deutschen Schutzgebieten ist die Ge- 
nossenschaftobank in Windhuk, mit welcher auch die 
Darlehnskasse in Gibeon in Verbindung steht. Die 
übrigen Genossenschaften in Südwestafrika sind Wirt- 
schaftsgenossenschaften hauptsächlich für Ein= und Ver- 
kauf. Ju Klein-Windhuk befindet sich auch eine Wasser- 
genossenschaft. Alles Nähere über diese Genossen- 
schaften findet sich in der Anlage 8. % 
Die CGenossenschaftobank in Windhuk ist nebst 
der Darlehnskasse in Gibeon dem Deutschen Reichs-Ge- 
nossenschaftsverband angeschlossen und steht in Ge- 
schäftsverbindung mit der Reichs-Genossenschaftsbank 
in Darmstadt. Die letztere hat diesen südwestafri- 
kanischen Genossenschafts-Kreditinstituten Kredite ge- 
währt, die sich auf annähernd 4100 000. K belaufen 
dürften. Das ist bis jetzt der eingige Ansatz zur Be- 
friedigung des landwirtschaftlichen Kreditbedürfnisses 
in den deutschen Schungebieten durch Organisation 
des landwirtschaftlichen Kredits in entsprechenden 
Kreditinstituten. Wenn damit verglichen wird, was 
über das landwirtschaftliche Kreditwesen in fremden 
Kolonien ausgeführt wurde, so muß noch erinnert werden 
an die direkten Staatedarlehen, die in Südwestafrika 
durch die Ansiedlungsbeihilfen und Restkaufgelder, beide 
auf Grund hypothekarischer Sicherstellung, gewährt 
werden. Derartige Staatsleistungen — namentlich lang- 
fristige Kaufgeldsmundung — kommen allerdings auch in 
fremden Rolonien vor außer der erwähnten eigentlichen 
Kreditförderung. Gegenüber den ausführlich darge- 
stellten direkten Leisiuungen der Kolonialstagten für 
Meliorationszwecke sind auch die gleichen Aufwände 
der deutschen Regierung hervorzuheben. 
An Staatsleistungen zur Befriedigung des 
landwirtschaftlichen Rredirbedürfnisses und für Melio- 
rationen, die ja., wie gegeigt wurde, in gewissem Maße 
besondere landwirtschaftliche Kreditinstitute entbehrlich 
machen können, kommen danach für die deutschen 
Schutzgebiete folgende in Betracht:
	        
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