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1. Die Restkaufgelder für Farmen in Südwestafrika.
Diese stellen sich als Darlehen der Regierung an
die ihr Unternehmen beginnenden Farmer in Süd-
westafrika dar und beliefen sich laut der Anlage 5
am 1. Januar 1911 auf insgesamt 2 668 839 ..
Ein Zehntel des Kaufpreises ist sofort nach er-
folgter Genehmigung des Vertrages durch das
Gouvernement zu entrichten, der Rest jedoch erst
mit Ablauf des sechsten Jahres in jährlichen, be-
sonders festzusetzenden Raten. Eine Verzinsung
der Restkaufgelder erfolgt nicht. Diese Darlehen
sind als erste Hypothek auf die Grundstücke der
Farmer eingetragen.
2. Die Ansiedelungsbeihilfen, die nur für einen Teil
der Farmen in Betracht kommen und höchstens
1000 bis 6000 für die einzelne Farm aus-
machen. Sie wurden Farmern in Südwestafrika
nach dem Aufstand 1901/06 zur Erleichterung der
Wiederaufnahme ihres Farmbetriebes gewährt
und beliefen sich laut Anlage 5 am 1. Januar 1911
auf 1 874 953 J. Die Darlehen sind unverzinslich
und werden bis zum Höchstbetrage von 6000 M
bewilligt. Sie sind in zehn gleichen Jahresraten
zurückzuzahlen. Die erste Rate ist mit Ablauf des
sechsten Jahres fällig. Sie sind gleichfalls als
erste Hypothek eingetragen, event. an zweiter
Stelle nach dem Restkaufgeld.
Für wasserwirtschaftliche Zwecke (Brunnen-,
Wasseranlagen usw.) sind, abgesehen von Vorarbeilen,
und Bohrversuchen, seitens des Staates direkt be-
willigt bzw. verwendet worden:
durch Etat 1900 200 000 .#
- 190901 200 000 =
- 1902 170000
- = 1003 200 000 =
- 1004 212 500 =
- = 1905 300 000 =
- : 1906 300 000 =
- = 1007 420 000 =
- = 1908 658 000
- * 1909 556 000
- -Ê15910 556 000 =
- 1911 . 596 000 =
Dazu kommen die aus der Wohlfahrtslotterie
für die gleichen Zwecke verwendeten Mittel, und zwar
in den Jahren 1901 bis 1911 im ganzen 755 000 4
(nur für Südwestafrika).
In den staatlichen Aufwänden stecken allerdings auch
die Aufwendungen für den Wegebau, diese sind aber
unerheblich im Verhältnis zu denen für die Wasser-
erschließung. Die Mittel wurden zu Dammbauten
und Brunnenanlagen auf fiskalischem Gelände und im
öffentlichen Interesse sowie in der Weise verwendet,
daß für Private Bohrungen ausgeführt wurden (wofür
diese eine gewisse Entschädigung zahlten) und daß Bei-
hilsen zu den von Privaten unternommenen Damm-
bauten gegeben wurden.
Sonstige Arbeiten des Staates für landwirtschaft-
liche Meliorationen konnten im Hinblick auf die Dring-
lichkeit der Wassererschließung, wodurch die bewilligten
Mittel voll aufgebraucht werden, nicht vorgenommen
werden.
In Samoa wurden vom Gouvernement eine Zeit-
lang Vorschüsse an Pflanzer aus dem nicht benötigten
Kassenbestande gegeben, doch hat sich diese Methode
nicht bewährt und mußte wieder aufgegeben
werden.
Wie weit die Farmer in Südwestafrika außer vom
Staate noch von Privaten Hypothekenkredit erhalten
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haben, ist gleichfalls aus der Anlage 5 zu entnehmen.
Für andere Schutzgebicte, namentlich auch für Deutsch-
Ostafrika, ist eine derartige Statistik über private
hypothekarische Belastung zur Zeit nicht verfügbar.
Mittel und Wege zur Ausgestaltung des
Kreditwesens in den deutschen Schutz-
gebieten.
Nach den vorstehenden Darlegungen und nament-
lich auch aus einem Vergleich der Eutwicklungs-
stufe des landwirtschaftlichen Kreditwesens
der deutschen Schutzgebiete mit dem in fremden
Kolonien Erreichten dürfte sich ergeben, daß die
Aufgaben der Rreditorganisation in den deutschen
Schutgebieten, besonders in Südwestafrika als
dringende zu bezeichnen sind. Zahlreiche Petitionen
aus den Interessentenkreisen der Schutzgebiete beweisen
dies ebenso wie die fast einmütige Stellungnahme
aller Parteien des Reichstages zu dieser Frage
im verflossenen Winter. Wenn die Lösung dieser
Frage zur Zeit noch nahezu vollständig aussteht, so
liegt das in der Hauptsache daran, daß wir in unserer
kolonialen Entwicklung in noch höherem Maße bezüglich
des Eisenbahnbaus rückständig waren und vor allem
auf diesem Gebiete nachholen mußten, was andere
Kolonien schon lange erreicht hatten. Es liegt auch
daran, daß bei der bisherigen Erörterung des land-
wirtschaftlichen Kreditbedürfnisses in den Schutzgebieten
die verschiedenen Kreditarten nicht immer klar aus-
cinandergehalten wurden, was die erste Vorbedingung
für die Lösung des Problems ist. Deshalb kann man
doch in Kolonien, wo die rough-and-readv-Arbeit wie
ich es an anderer Stelle nannte, oft am Platze ist,
schließlich wenn man erst durch diese Unterscheidungen
klar gesehen hat, was man denn praktisch erzielen will,
verschiedene Arten des landwirtschaftlichen Kredits mit
Erfolg in einem Kreditinstitut pflegen, wie am besten
die Transvaalbank zeigt. Dagegen möchte ich noch-
mals hervorheben, daß ich einer weitgehenden Zu-
sammenfassung des rein kaufmännischen, auf liquider
Geldanlage aufgebauten Kredits mit dem landwirt-
schaftlichen Kredit skeptisch gegenüberstehe. Wenn
mit der Lösung der Aufgabe der Organisation
des landwirtschaftlichen Kredits in unseren Kolonien
jetzt erst sozusagen von Grund auf begonnen werden
muß, so hat dies anderseits auch den Vorteil, daß
nicht ziel= und planlos entstandene Verhältnisse der
Durchführung eines einheitlichen, den besonderen
Zwecken in den eingelnen Schutzgebieten sich an-
passenden Planes entgegenstehen und daß wir uns
die Erfahrungen anderer Kolonialstaaten zu-
nutze machen können. Die eingigen bereits vorhandenen
Faktoren, mit denen bei dieser Organisation gerechnet
werden muß, sind das in Südwestafrika bereits
wenigstens in Anfängen vorhandene Genossenschafts-
wesen mit seinen reichsdeutschen Verbindungen und
die hypothekarisch eingetragenen staatlichen Restkauf-
gelder b.zw. Ansiedelungsbeihilfen. Wenn es vielleicht
auch wünschenswert wäre, daß auch diese Faktoren
nicht vorhanden und vollständig von Grund aus die
Aktion für das landwirtschaftliche Kreditwesen ein-
geleitet werden könnte, so verursachen diese über-
kommenen Verhältnisse doch keine große Schwierigkeit
für die neuen bew. ersten durchgreifenden Maßz-
nahmen zur Organisation des landwirtschaftlichen Kredit-
wesens.
e Vorschläge, die aus Interessentenkreisen in
den Kolonien und von kolonialfreundlichen Gesell-
schaften in Deutschland in der Literatur und im Reichs-
tage in dieser Richtung gemacht worden sind, sowie
sonstige Mittel und Wege, die im nachfolgenden er-
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