Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Das Gouvernement von Togo beabsichtigt, künftig in Baumwollfragen nach Kalenderjahren 
zu rechnen. 
hier mitgeteilt. Es beträgt: 
Das Ergebnis für das letzte Viertel des Kalenderjahres 1911 sei daher gleichfalls 
10 950 kg = 43,8 Ballen (à 250 kg) aus dem Bezirk Anecho. In 
den übrigen Bezirken wurde Baumwolle während dieser Zeit nicht entkernt. 
Kus dem Arbeitsbereich des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees.“) 
Die Arbeiterfrage in den Kolonien. 
Bei der kürglich stattgehabten Vorstandssitzung 
des Kolonial-Wirtschaftlichen Komiteces war 
u. a. auch die Arbeiterfrage in den Rolonien 
Gegenstand der Verhandlungen. 
Betreffs Ostafrikas wies Direktor Lange, Vor- 
sitzender des Verbandes Deutsch-Ostafrikanischer Pflau- 
zungen, darauf hin, daß die Lage der Pflanzungs- 
unternehmungen sich dort schwierig gestalte. Schon 
im Jahre 1909 waren auf den Plantagen etwa 32 000 
Neger und bei den Bahnbauten 13 000 beschäftigt; 
zur Zeit benötigen die Plantagen etwa 50 000 und die 
CEisenbahnbauten etwa 15 000; in naher Frist dürfte 
mit einem Arbeiterbedarf von 100 000 Mann für die 
ostafrikanischen Plautagen zu rechnen sein. Schon seit 
mehreren Jahren beschäftigt sich der Verband Deutsch- 
Ostafrikanischer Pflangungen eingehend mit der Arbeiter- 
frage. Zur Zeit würden in einer besonderen Rommission 
des Verbandes Vorschläge an die Regierung beraten, 
dic eine gründliche Ordnung der Arbeiterwerbung 
unter Beihilfe von Regierungsmasnahmen anstrebten. 
Es stünden Millionen in Plantagen investierten Na- 
pitals auf dem Spiel, und es bestehe die Gefahr, daß 
eine erhebliche Angahl solcher Unternehmungen wegen 
Arbeitermangels unrentabel werde und verschiedene 
wohl auch liquidieren müßten. Dies wäre, abgesehen 
von empfindlichen finanziellen Verlusten, auch aus dem 
Grunde besonders zu bedauern, weil die Plantagen- 
wirtschaft einen Kulturträger darstelle, der belehrend 
und fördernd auf die Arbeit der Eingeborenen wirte, 
und der in wirtschaftlicher Beziehung für die Rolonie 
durch Geldumsatz und Werterzeugung in erster Reihe 
stehe. 
Bezüglich der westafrikanischen Kolonien führt 
Direktor Ladewig, Vorsitzender der Vereinigung 
Kamernner Pflangungen aus, daß in Togo die Arbeiter- 
frage bei der geringen Zahl der vorhandenen euro- 
päischen Pflanzungen bisher keine Schwierigkeiten be- 
reitet habe und daß auch für weitere Plantagen noch 
genügend Arbeitskräfte in der Kolonie selbst beschafft 
werden könnten. In Ramerun, wo heute auf einem 
bepflanzten Arcal von 17000 ha bereits etwa 10 000 
Arbeiter beschäftigt werden, liegen die Uerhältnisse 
ernster. Wenn heute der Bedarf, sei es auch mit 
Schwierigkeiten. noch immer gedeckt werden konne, so 
müsse damit gerechnet werden, daß sowohl die: Zunahme 
der Plantagen, als auch die voraussichtlich in weit 
stärkerem Masee erforderlich werdende Arbeiterzahl der- 
selben mit Eintritt der Zapfreife der Hevea- Rautschuk- 
bäume, binnen kurzem die Arbeiterbeschaffung immer 
schwieriger gestalten werde. Indessen erscheine diese bei 
dem Entgegenkommen der Regierung möglich. Als 
Leitsätze stellt der Referent auf, es müsse angestrebt 
werden, daß 1. die Anwerbung sowohl für die Pflan- 
zungen als auch für die kaufmännischen Firmen durch 
das Gonvernement geschieht, 2. daß die Vertragsdauer 
auf 18 Monate festgesetzt wird, 3. daß die Saßhaft- 
machung von Arbeitern, namentlich auf den Pflangungen, 
gefördert wird durch weitgehende Erlaubnis der Ab- 
wanderung von Frauen aus den einzelnen Bezirken 
auf die Pflanzungen, 4. daß jede Anwerbung nach 
anderen Gebieten unbedingt untersagt bleibt. 
  
Südwestafrikas stellt Gou- 
verneur z. D. v. Beunigsen, Vorstand der Deutschen 
Kolonial-Gesellschaft für Südwestafrika. fest, daß die 
Arbeiterverhältnisse auch dort sich immer schwieriger 
gestalten. Am intensivsten und wegen der Kapital- 
beteiligung in der Heimat am fühlbarsten treie der 
Arbeitermangel bei den bergbaulichen Betrieben hervor. 
Die im wesentlichen jent mit ihren Arbeiten fertigen 
Eisenbahngesellschaften haben, da die aucoreichende 
Arbeiterbeschaffung in der Kolonie für sie von vorn- 
bherein unmöglich war, sich vieler kapländischer Vertrags- 
arbeiter bedient. Diese Arbeiter kehrten nun in ihre 
Heimat zurück, so daß auch der Abschluß der Eisenbahn- 
bauten den Bewohnern der Kolonie die Arbeiter- 
beschaffung nicht erheblich erleichtere. Es sei klar, daß 
die menschenarme Kolonie für dus dortige, rasch auf- 
strebende Wirtschaftsleben die nötigen Arbeiter allein 
nicht stellen könne. Die Regierung habe sich daher 
eingehend mit der Arbeiterfrage beschäftigt und durch 
Verordnung vom 16. Dezember 1911 den Bezug von 
Arbeitern aus dem Ambolande geregelt. Der Absicht 
der Otavi-(Gesellschaft, versuchsweise chinesische Arbeiter 
ein zuführen, habe sich die Kolonialverwaltung bisher 
nicht geneigt gezeigt. Die naheliegendste Abhilfe sieht 
der Referent in der weiteren, aber vorsichtigen Er- 
schließung der im Ambolande liegenden Arbeiterquelle 
und die Hege und Pflege der im Norden des Schutn- 
gebietes noch vorhandenen Herero und Bergdamara. 
die viel bessere Arbeiter als die Ovambo seien. Sodann 
käme die Auwerbung von Arbeitern aus dem Belhgischen 
Kongo in Frage. Ferner sollte man sich gegenüber dem 
Bezug von chinesischen Arbeitern nicht grundsätzlich 
ablehnend verhalten. 
Herr v. Beck, Direktor der Neu Guinca Compagnic. 
berichtet über die Arbeiterverhältnisse in Neuguinca. 
Der Gesamtbestand der unter RKontrakt stehenden Ar- 
beiter in ganz Neuguinea betrug am 1. Jannar 1911 
— 10 984 bei einem bepflanzten Gesamtareal von 
23 834 hn. In diesem Bestand seien aber auch die 
in den kaufmännischen BVetrieben, auf den Schiiffen, 
als Diener und im OHandel beschäftigten Leute ent- 
halten, so daß für die reinen Pflangungosarbeiten 
nur etwa 7000 bis 8000 übrig blieben. Daraus er- 
helle, daß schon jetzt die vorhandenc bepflan zte Boden- 
flüche nicht ausreichend bedient werden könne. Es 
müßten neue Gebiete erschlossen werden, insbesondere 
von Kaiser-Wilhelmsland, um Arbeiter für die Neu- 
anlage von Pflangungen zu gewinnen. Gegenüber 
dem Versuch, aus dem alten Schuygebiet Deutsch- 
Neuguinea Arbeiter für andere Kolonien anzuwerben, 
macht der Referent geltend, daß dies einen Niedergang 
der ganzen Plantagenkultur zur Folge haben würde. 
Neuanlagen würden ausgeschlossen bleiben und damit 
die Entwicklung des Landes gehemmt werden. 
Zur Arbeiterfrage in Samva berichtet Dr. Oin- 
dorf, Direktor der Safata-Samoa-Gesellschaft und 
der Samoa-Kautschuk-Compagnie A.-G., daß die Ein- 
geborenen von Samoa wenig leistungsfähig und auch 
wenig geneigt seien, für Lohn in Cnropäerbetrieben zu 
arbeiten. Zur: zeit sei man in Samoa durchaus auf 
Hinsichtlich Deutsch- 
  
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1912, S. 408ff.
	        
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