Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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anwuchsen, behelfen, und ein steter Preisrückgang 
setzte ein, als der Spekulationskonzern die weiteren 
großen Ankünfte aufzukaufen verweigerte. Ein Teil 
des Syndikatsgummis ist zwar inzwischen in den 
Konsum gelangt, der größere Rest (etwa 2200 Tons) 
liegt jedoch seit Jahresfrist hier und bildet weiter 
ein beunruhigendes Moment für die Stabilität 
des Marktes; denn noch immer läßt die Banco 
do Brazil, die nach der Insolvenz des Syndikats 
die Besitzerin des Vorrats geworden ist, nichts 
über ihre Absichten verlauten. Eine Realisation 
zu heutigen Preisen, die sich wohl — wenn vor- 
sichtig geleitet — durchführen ließe, ohne den 
Markt zu brechen, würde immerhin für die Bank 
einen Verlust lassen, der mit zehntausend Contos 
de Reis nicht unterschätzt wird. 
Infolge des großen weiteren Aufschwunges, 
den die Gummi-Industrie allgemein genommen 
hat, konnte der niedrige Preisstand vom Mai- 
Juni langsam überwunden werden, und die in- 
zwischen erreichten Preise sind derartige, daß die 
Gesundung dieses Platzes erhofft werden kann. 
Allerdings wird es noch längerer Zeit bedürfen, 
ehe alle Schäden, welche die letzte Krisis ver- 
ursacht hat, beseitigt sind, und die Anforderungen, 
die an die hiesigen Kreditanstalten gestellt werden, 
bleiben hoch, zumal da sich die Banco do Brazil 
nach andern verlustreichen Geschäften sehr vom 
Kreditmarkt zurückgezogen hat. 
Die Valorisationsideen, die namentlich im 
letzten Jahre blühten, finden jetzt wenig Erwäh- 
nung; sie bieten auch keine Garantie für irgend- 
welchen Erfolg, solange sie nicht in den natür- 
lichen Gesetzen von Angebot und Nachfrage Unter- 
stützung finden, es sei denn, daß man an leitender 
Stelle auf den näher liegenden Gedanken kommt, 
eine Valorisation, d. h. eine Protektion des Ama- 
zonas-Gummis gegen den billiger hergestellten 
Ceylon-Gummi, in der Herabsetzung der sehr hohen 
Ausfuhrzölle, sonstigen Abgaben, Erleichterung der 
Verkehrsverbindungen und Verbilligung der Lebens- 
mittel durch Herabsetzung der Einfuhrzölle zu er- 
blicken. 
Die in Angriff genommene Errichtung von 
Stationen der drahtlosen Telegraphie in den 
oberen Flüssen ist ein Schritt in dieser Richtung, 
da dadurch die Verbindung auch in der Zeit, in 
der die Schiffahrt durch die Wasserarmut der be- 
treffenden Flüsse unterbrochen ist, gesichert werden 
kann. 
Von den fremden Gesellschaften, die wäh- 
rend der Hausse im Jahre 1910 meist mit engli- 
schem Kapitale gegründet wurden, um angekaufte 
Gummiwaldungen auszubenten, haben die wenig- 
sten mit Erfolg gearbeitet. Verschiedene sind unter 
Verlusten ganz eingegangen, und es herrscht die 
allgemeine Ansicht, daß solche Gesellschaften mit 
  
weit größeren Schwierigkeiten zu kämpfen haben, 
als die Aviadorfirmen, die in den Händen von 
Brasilianern und Portugiesen sind, was zum 
größten Teil aber auch auf die Unkenntnis der 
hiesigen Verhältnisse zurückzuführen ist. 
Die Ernte wird sich auch im laufenden 
Jahre wenig verändern; die Schwankungen in 
dem Ertrage nach oben oder unten werden kaum 
5 v. H. übersteigen. 
Kautschunzgewinnung und handel in den Ver- 
einigten Malayvenstaaten.“) 
Der Kautschutanbau in Britisch-Malaua hatte im 
Jahre 1911 unter der Rückwirkung des „Booms“ zu 
leiden, so daß die Kautschukgewinnung etwa 15 
v. H. hinter der veranschlagten Menge zurückgeblieben 
ist. Von der Dürre haben sich die Pflangzungen schnell 
wieder erholt, dagegen wird wohl noch mehr als ein 
Jahr vergehen, ehe die Kautschukindustrie den schäd- 
lichen Einfluß des „Booms“ überwunden und eine 
dauernd gesunde finanzielle Grundlage gefunden haben 
wird. Die zahl der während des „Boomeo“ gegründe- 
ten Pflanzungsgesellschaften, die — infolge Uberkapitali= 
sierung, minderwertiger oder gänzlich unpassender 
Bodenverhälmisse, unsachgemäßer Anpflanzung und 
schlechter Bewirtschaftung. ungugänglicher Lage der 
Pflanzung oder Arbeiterschwierigkeiten — von vorn- 
herein als nicht lebensfähig angusehen sind, dürfte 
HOundert bei weitem überschreiten. Aber auch bei einer 
Angahl alter Gesellschaften ist ein Stillstand oder 
Rückgang in der Entwicklung zu verzeichnen, und zwar 
meistens infolge Uberzapfung der Bäume oder wegen 
Mangel an Betriebskapital. Aus letzterem Grunde 
sind schon verschiedene Pflanzungsgesellschaften zur 
Liquidation gezwungen worden. 
Die Anpflanzung von Kautschuk in Britisch- 
Malaya ist zu einem Stillstande gekommen. Es 
sind nur noch verhältnismäßig wenige große Unter- 
nehmungen zur Weiteranpflan zung bereit: den andern 
sehlen die Geldmittel dazu. Die Gesamtausbente 
wird natürlich mit dem Ertragfähigwerden der jüngeren 
Pflan zungen schuell steigen und gut geleitete Unter- 
nehmungen werden jedenfalls eine stetige Vermehrung 
ihrer Kautschukerträge, wenn auch nicht ihrer Divi- 
denden, verzeichnen können. 
Genaue statistische Angaben über Zunahme der 
Anbaufläche, Produktion und Ausfuhr im Jahre 1911 
werden hier erst gegen Mitte des laufenden Jahres 
bekannt werden. Einen Uberblick darüber ermöglichen 
jedoch schon jetzt die folgenden Zahlen: 
a) Nuch der Auosfuhr zollstatistik der Vereinigten 
Malayvenstaaten wurden ausgeführt: 
  
  
Zunahme 
Von: 1910 1911 1911 
Ibs Ibs L 
Perak 2541 756 5450 644 2 908 S88 
Selangor 8211 388 11 737386“")3 495 998 
Negri Sembilan 1 423 453 2492 939 1 069 486 
Pahang 5929 11 361 8 432 
Zusammen . . 12212526 19695 330 7 482 804 
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1912, S. 86f. 
*.) Davon stammten 102 633 lbsS aus Perak., 
1 122 235 IDs aus Negri Sembilan und 24 602 lis aus 
Pahang, die in den Angaben für diese Staaten nicht 
eingeschlossen sind.
	        
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