Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

55 20 
Die landwirtschaftliche Regierungsabteilung hat 
schon seit Jahren nach angestellten Versuchen die- 
jenigen Distrikte festgelegt, in welchen die ge- 
wünschte Baumwolle gedeiht, und die Bauern 
haben auch vielfach den Anweisungen der Re- 
gierungsbeamten folgend, hin und wieder die 
bessere Pflanze angebaut. Wenn es dann aber 
zum Verkauf der langstapeligen Faser kam, traten 
keine Käufer auf, da einmal die indischen Spinne- 
reien auf ihre Verarbeitung nicht eingerichtet 
find, und dann die Exporteure für die überseeische 
Ausfuhr nur die kurzstapelige Art kauften, weil 
sie hierfür seit Jahren ihre alten Geschäfts- 
verbindungen hatten und sich scheinbar nicht auf 
neue Unternehmungen einlassen wollten. Ein 
Beispiel für die den Bauern sich bietenden Ver- 
kaufsschwierigkeiten ist ein Fall, der in der Provinz 
Sind vorgekommen sein soll. Hier konnten die 
Bauern erst die langstapelige Faser loswerden, 
nachdem sie sie mit der schlechteren, kurzfaserigen 
Art vermischt hatten. Niemand wollte reine, un- 
gemischte lange Faser kaufen. Daß unter solchen 
Umständen die Bauern keine bessere Qualität 
mehr anbauen wollten, läßt sich leicht verstehen. 
Dabei entstehen in der Regel auch noch Schwierig- 
keiten beim Entkernen der langfaserigen Baum- 
wolle, da die in Indien arbeitenden „Gins“ fast 
durchweg nur für die Entkernung der kurzen 
Faser eingerichtet find. 
Jetzt will nun nach den neuesten Nachrichten 
die „British Cotton Growing Asscciation“ selbst 
direkte Einkaufsagenturen und Entfaserungs- 
anstalten für langstapelige Baumwolle einrichten, 
und es soll auch bereits zu diesem Zweck in 
Liverpool ein diesbezügliches Projekt ausgearbeitet 
worden sein. Der Sekretär der „International 
Federation of Master Cotton Spinners“ wird, 
wie es heißt, im Dezember in Indien eintreffen, 
um mit den maßgebenden Regierungsbeamten 
Rücksprache zu nehmen. 
Wie die Sache sich weiter entwickeln wird, 
dürfte sehr interessant sein zu beobachten. Nach 
den bisher gemachten Erfahrungen nach dieser 
Richtung scheint man sich noch wenig zu ver- 
sprechen. Wird ein Erfolg erzielt, so wird dies 
natürlich in erster Linie zum Nachteil der kurz- 
faserigen Art sein, die vor allem von den indischen 
Fabriken und den auf dem europäischen Kontinent 
sowie in Japan ansässigen Spinnereien gekauft 
wird. England kauft von der kurzfaserigen 
indischen Baumwolle nur verhältnismäßig kleine 
Quantitäten. 
(Bericht des Handelssachverständigen bei dem 
Kais. Generalkonsulat in Kalkutta.) 
  
Kultur des Brasilianlschen Kautschuhbaums 
in Mexiko. 
Eine englische Pflanzung mit dem Namen 
„El Palmar Rubber Estates, Limited“ nahe der 
Station Tezonapa an der Vera Cruz—JIsthmus- 
Eisenbahn in Mexiko hatte im Oktober 1910 zehn- 
tausend Samen der Hevea Brasiliensis gepflanzt, 
wovon etwa 7000 aufgegangen und nach fünf 
Monaten zu Pflanzen von durchschnittlich 3 Fuß 
Höhe herangewachsen waren. Nach weiteren vier 
Monaten erreichten sie die doppelte Höhe; einige 
wurden bis dahin sogar 9 Fuß hoch bei einem 
Umfang von 2½ Zoll 1 Fuß über der Erde. 
Diese Erfolge waren sehr zufriedenstellend. Die 
Pflänzchen wurden dann erfolgreich in das Feld 
umgepflanzt und 100 000 neue Samen wurden 
bestellt, wofür der Boden besonders vorbereitet 
wurde. 
Versuchsanpflanzungen mit Hevea wurden 
ferner auf den Pflanzungen La Buena Ventura 
auf dem Isthmus von Tehuantepec, Batavia im 
Bezirke Tuxtepec (Oaxaca), El Chival und Hular 
Ramirez im Staate Chiapas gemacht. Ein Baum 
auf La Buena Ventura hatte nach fünf Jahren 
3 Juß über dem Boden einen Umfang von 
20 Zoll; auf Batavia stehen 50 Versuchspflanzen 
im Alter von 7 bis 10 Jahren auf Tonboden, 
die alle wohl gediehen sind und zum Teil schon 
verschiedene Male Samen ergeben haben. Die 
Ackerbau-Abteilung der mexikanischen Regierung 
hat neuerdings aus Ceylon verschiedene tausend 
Hevea-Pflänzlinge kommen lassen und unentgeltlich 
in Posten von 50 bis 500 an zuverlässige Be- 
werber verteilt, um Versuche unter den verschie- 
densten natürlichen Vorbedingungen anstellen zu 
lassen. 
Frühere Versuche mit der Anpflanzung der 
Castilloa in Mexiko waren nach anfänglichen Er- 
folgen ungünstig verlaufen. Man hofft, mit der 
Hevea eine solche spätere Enttäuschung nicht zu 
erleben, da an Plätzen, wo Castilloa nicht gedieh, 
Heveabäume schon fünf und sechs Jahre alt ge- 
worden sind; die Hevea scheint sich in Mexiko 
leichter zu akklimatisieren. Eine Regenmenge von 
90 bis 120 Zoll im Jahre hat sich bei genügend 
tiesem und körnigem, durchlässigem Humus am 
vorteilhaftesten für das Gedeihen der Hevea er- 
wiesen; eine ausgesprochene Trockenzeit erscheint 
für die Erhaltung der Pflanze besonders wertvoll. 
In den ersten zwei bis drei Jahren bleibt die 
Heveapflanze, deren Wachstum zeitweise sehr schnell 
vor sich geht und durch Ruhepausen von einigen 
Monaten unterbrochen wird, sehr zart und be- 
weglich, erst im vierten und fünften Jahre wird 
der Stamm fest und dick. 
Ein gefährlicher Feind der Kautschukpflan- 
zungen in Meriko ist ein „Tusa“ genannter Nager
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.