Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

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räumte. Die Deutschen in Ostafrika werden, 
wenn ihnen später einmal dieser englische Gefechts- 
bericht bekannt wird, wahrscheinlich höchst erstaunt 
sein, zu vernehmen, daß es in jenem Teil der 
(Massaisteppe einen „bedeutenden Platz“ Longido 
gibt. Außer einigen alten verlassenen Massai- 
kralen — und zeitweilig dem Zeltlager unserer 
Truppe — dürfte der Platz kaum irgendeine 
menschliche Behausung aufzuweisen haben. In 
dieser Hinsicht erinnert die Darstellung der Eng- 
länder lebhaft an die Beschießung und wider- 
standlose Besetzung von Alt-Langenburg am Nord- 
ende des Nijassa-Sces, die sie seinerzeit der Welt 
als großen Erfolg verkündeten. 
Einige Wochen später soll es — 
teilung der „Times“ vom 27. November — 
westlich von Nguruman, am Nordende des 
großen Natronsees (Majad) einen kleinen Zu- 
sammenstoß mit einer deutschen Patronille gegeben 
haben, deren führender Offizier gefallen, während 
auf englischer Seite ein Korporal verwundet 
worden sei. 
Nach Meldungen des englischen Pressebureaus 
soll am 20. November eine starke deutsche 
Abteilung westlich des Victoria-Sees in 
Uganda eingefallen, aber unter Verlust von 
60 Mann zurückgeschlagen worden sein, während 
die Engländer ihre eigenen Verluste auf nur 
6 Verwundete angeben. Gleichzeitig wird be- 
richtet, daß auf dem Victoria-See ein eng- 
lischer Dampfer durch die Deutschen zum 
Sinken gebracht worden sei. 
Nach französischen Quellen wurde ein Ein- 
fallsversuch belgischer Truppen unter Oberst 
Oeury von dem deutschen Grenzposten bei 
Kissenji, nördlich des Kiwu-Seces, blutig 
zurückgewiesen. Doch sei es den Belgiern 
gelungen, auf Umwegen das deutsche Gebiet zu 
orreichen. Am 29. Oktober sei eine starke bel- 
gische Kolonne auf deutsche Streitkräfte gestoßen, 
die sich aber vor der Ubermacht zurückgezogen 
hätten. 
Was sonst noch aus Ostafrika bekanntgeworden 
ist, betrifft die bereits früher geschilderten Ereignisse, 
ohne wesentlich Neues dazu zu bringen oder eine 
Ergänzung unserer früheren Schilderung nötig zu 
machen. 
Ein eigenartiges Schicksal erreichte Ende Ok- 
tober unseren kleinen Kreuzer „Königsberg“, 
der den Engländern bis dahin an der Ostküste 
Afrikas viel zu schaffen gemacht hatte, und dessen 
etwaiges Erscheinen vor Mombassa daselbst längere 
Zeit hindurch ein Gegenstand lebhafter Be- 
unruhigung gewesen war. Um die „Königsberg“ 
unschädlich zu machen, ordnete die englische Admi- 
ralität die Zusammenziehung von drei schnellen 
Kreuzern in den ostafrikanischen Gewässern an. 
nach Mit- 
  
Dies waren die Schiffe „Goliath“" (13 160 t), 
„Chatham“ (5330 t) und „Weymouth“ 
(5490 t). Nach dem Bericht der englischen 
Admiralität entdeckte der Kreuzer „Chatham“ am 
30. Oktober die „Königsberg" vor der Mündung 
des Rufijiflusses gegenüber der Insel Mafia. 
Daraufhin sei die „Königsberg" in den Rufiji 
eingelaufen, und da „Chatham“ wegen ihres 
größeren Tiefganges ihr dorthin nicht zu folgen 
vermochte, sei englischerseits ein Kohlenschiff in 
der Mündung des Flusses versenkt worden, um 
der „Königsberg" wenigstens den Rückweg abzu- 
schneiden. Hierauf habe mit der an Land gesetzten 
Besatzung des deutschen Schiffes, die sich daselbst 
verschanzt hatte, ein Gefecht stattgefunden, bei dem 
die Engländer einige Verluste an Offizieren und 
Mannschaften erlitten. Die Stellung der ge- 
landeten Besatzung und der Kreuzer „Königs- 
berg" selbst wurden von der „Chatham“ aus 
beschossen, jedoch habe ein Erfolg infolge der 
dichten Bewachsung des Geländes nicht festgestellt 
werden können. 
Der Vollständigkeit halber sei noch einer an- 
geblichen Grenzverletzung und Ubergriffe deutscher 
Organe in Portugiesisch-Njassaland kurz Er- 
wähnung getan. Uber den fraglichen Zwischenfall 
haben das in Lourenco Marquez erscheinende 
„Journal de Commercio“ und nach dieser Quelle 
Lissaboner Zeitungen zu Anfang November fol- 
gendes angegeben: 
Ein deutscher Arzt, Dr. Weck, der in Deutsch- 
Ostafrika die Schlafkrankheit erforschte, habe die 
Desertion eines Teilés seiner Mannschaft auf 
portugiesische Anstiftung zurückgeführt und den 
portugiesischen Grenzposten angegriffen. Hierbei 
sei ein Sergeant umgekommen; der Tod von vier 
eingeborenen Soldaten sei indessen vorläufig nicht 
bestätigt. Das deutsche Gouvernement habe sosort 
Aufklärung gegeben und sich entschuldigt. Dor 
Vorfall werde indeß noch genau untersucht. 
Die Richtigkeit dieser Meldung kann unter 
den obwaltenden Verhältnissen unsererseits nicht 
nachgeprüft werden. Eine amtliche Bestätigung 
seitens der portugiesischen Regierung steht noch 
aus. Da Gerüchte ähnlicher Art bereits vor 
längerer Zeit durch die portugiesische Presse 
gingen, ist anzunehmen, daß der Vorfall schon 
weiter zurückdatiert, ja vielleicht schon in die Zeit 
vor Beginn des Krieges fiel. 
Betrachtet man die Nachrichten des Gou- 
verneurs über die Kämpfe während der ersten 
2½ Monate und die späteren Meldungen aus 
London über die schwere englische Niederlage, 
die wir vorläufig nach Tanga verlegt haben, 
so kann man sich von der jetzigen Lage 
auf dem ostafrikanischen Kriegsschauplatz bereits
	        
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