Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXVI. Jahrgang, 1915. (26)

W 325 20 
II. 
Schreiben des stellvertretenden Gouverneurs 
an den Kommandanten von S. M. S.-Foxs. 
„Daressalam, den 2. Dezember 1914. 
Eurer Hochwohlgeboren bestätige ich den 
Empfang des gefälligen Schreibens vom 30. No- 
vember 1914. 
Bei der Besprechung an Bord S. M. S. 
For= am 28. November hatte ich mit dem 
Herrn Kommandanten vereinbart, daß eine 
Pinasse des Kriegsschiffs mit wenigen Offizieren 
oder Mannschaften meiner Pinasse folgen sollte, 
um sich von der Betriebsunfähigkeit der Schiffe 
im Hafen zu überzeugen. Nur diese Besichti- 
gung war zugestanden worden; über die zu 
ergreifenden Schritte, um die Schiffe eventuell 
betriebsunfähig zu machen, war zunächst noch 
nichts vereinbart. 
Entgegen dieser Abmachung fuhren 
zwei Pinassen mit starken Besatzungen in 
den Hafen ein, während eine dritte Pinasse 
sich anschickte, in der Hafeneinfahrt und 
im Hafen Bojen auszulegen. Ferner 
wurden ohne vorherige Verständigung mit 
den deutschen Behörden die Maschinen 
auf den Schiffen gesprengt, und ein Teil 
der Mannschaft, darunter sogar die Ste- 
wardeß, gefangen fortgeführt. 
Infolge dieser verabredungswidrigen 
Maßnahmen sah sich der militärische Be- 
fehlshaber zu bewaffnetem Einschreiten 
gezwungen. 
Die weiße Flagge blieb zunächst wehen, um 
anzuzeigen, daß der einen zugestandenen Pinasse 
keine Gewalt entgegengesetzt werden sollte. Später 
im Verlaufe des sich entwickelnden Kampfes war 
keine Möglichkeit mehr, die Flagge niederzuholen. 
Indem ich hiernach den Protest Eurer Hoch- 
wohlgeboren als unbegründet zurückweise, erhebe 
ich meinerseits nachdrücklich Protest gegen die 
Verletzung der Abmachungen durch die britischen 
Streitkräfte. 
Der stellvertretende Gouverneur. 
gez. Humann, 
Kaiserlicher Regierungsrat. 
An den Herrn Kommandanten von 
S. M. S.= Fox--, ältesten Offizier des 
britisch-ostafrikanischen Geschwaders.“ 
Abgesehen von gelegentlichen Vertragsbrüchen 
ließen sich die englischen Seestreitkräfte, wie be- 
kannt, an der ostafrikanischen Küste noch eine 
Reihe anderer völkerrechtswidriger Hand- 
lungen zuschulden kommen, die auch die Art ihrer 
dortigen Kriegsführung erkennen lassen. 
  
Wir erhielten hierüber aus Deutsch-Ostafrika 
die folgenden, von Ende Dezember v. Is. datierenden 
Mitteilungen: 
24. Dezember 1914. „An Völkerrechtsver- 
letzungen seitens Englands hat man sich mittler- 
weile derart gewöhnt, daß ein normaler Bruch 
des Völkerrechtes niemanden mehr in Erstaunen 
setzt. Was sich aber die englischen Seeräuber 
gestern geleistet haben, ist bisher beispiellos. 
Gestern Nachmittag nach 4 Uhr erschien die 
„Kinfauns Castle“, dasselbe Piratenschiff, das den 
Jahrestag der Schlacht von Trafalgar mit der 
völkerrechtswidrigen Beschießung von Swakopmund 
gefeiert hat, vor Kilwa, setzte in allen Masten 
die englische Kriegsflagge und begann ohne jede 
weitere Verhandlung, ohne überhaupt nur 
ein Signal gegeben, ohne die Feuerflagge 
gesetzt zu haben, die Beschießung der voll- 
kommen unverteidigten, offenen Stadt. 
Es wurden im ganzen 112 Schuß abgegeben, die 
meist zu hoch gingen. Beschädigt wurden das 
Bezirksamt, die Usagara, das Hotel und einige 
Araberhäuser. 
Soweit wir bisher erfahren konnten, sind Ver- 
luste an Menschenleben nicht zu beklagen; ver- 
mutlich hatte sich die Bevölkerung bei Erscheinen 
der Engländer, die man wohl ganz richtig als 
Piraten eingeschätzt hatte, in Sicherheit gebracht. 
Man denke sich aber einmal die Folgen aus, die 
hätten eintreten können, wenn die Bevölkerung 
einschließlich Frauen und Kinder zunächst einmal 
in Kilwa die Dinge abgewartet hätte. 
Nach vollbrachter Heldentat, die ein weiterer 
Beweis der Ohnmacht und Feigheit der unsere 
Küsten unsicher machenden Piraten ist, fuhr die 
„Kinfauns Castle“ bei Einbruch der Dunkelheit 
nach Süden ab.“ 
30. Dezember 1914. „Die Engländer haben 
auf dem Victoria-See eine größere Zahl zu 
Hilfskreuzern umgewandelte Dampfer. Sie trach- 
teten bisher hauptsächlich danach, ungeschützte, un- 
verteidigte deutsche Niederlassungen erst zu bom- 
bardieren, dann räubermäßig zu überfallen und 
schließlich ein Verwüstungswerk zu verrichten, daß 
selbst die Schwarzen staunend zu den Taten dieser 
Kulturnation hinaufblicken. Beispiele dieser Art 
haben bisher Fälle auf nördlich von Bukoba 
liegenden Pflanzungen bewiesen, wo die per- 
sönlichsten Dinge der zu Kriegsgefangenen 
gemachten Pflanzerfamilien zerschnitten, 
verschmutzt und zertreten wurden. 
Mit der bei Muansa liegenden Reismühle 
der D. N. S. G. verfuhren die Engländer fol- 
gendermaßen: Zunächst wurden die Gebäude von 
See aus mit 6--em-Geschützen bombardiert. Als 
die Engländer wahrnahmen, daß der Platz mili- 
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